Winter aber in die Heimath zurückkehren, um ihre Ersparnisse der Familie zu bringen. Die Frauen beschäftigen sich hauptsächlich mit Weissnähen, und so kommt es, dass Handarbeiter und Dienstboten hier nur schwer zu erlangen sind und sehr gut gelohnt werden müssen. Der grössere Theil des Dorfes steht unter dem hiesigen Rittergute, der andere Theil unter dem Rittergute Geilsdorf; zwei Häuser gehören zu Chröstau, Kirche, Pfarre und Schule nebst zwei Bauergütern aber in das Justizamt Plauen. – Schwand ist ein uralter Ort. Die Sorben, welche nach den Nariskern das Voigtland bewohnten und den grössten Theil der hiesigen Ortschaften, darunter auch Schwand, gründeten, waren ein Stamm des grossen Slavenvolkes, welches zwischen dem sechsten und zehnten Jahrhundert fast das halbe Europa bevölkerte. Sie gehörten zu dem Stamme der Russen oder Reussen und bildeten unter diesen den Zweigstamm der Tzschoren- oder Tzschorbe-Rewczen oder Schwarzrussen, welchen Namen die Deutschen in Sorben verwandelten. Beweis davon liefern die alten sorbischen Ansiedlungen Reussa (Rewcza) und Rewczig (Reussig) bei Plauen, Rewstw (Reust) im Ronneburgischen, der Retzschbach bei Saalburg und das Dorf Röppisch, sowie auch der Name Greiz, ursprünglich Grewz oder Grouz nichts anderes als Reussengau bedeuten soll. Die Sorben waren ein für damalige Zeiten sehr cultivirtes Volk, das sich nicht nur mit Ackerbau und Viehzucht beschäftigte, sondern auch Künste und Handel pflegte, wofür die in jener Zeit stattfindende Entstehung der Stadt Zwickau spricht, deren sorbischer Name einen Markt- oder Handelsplatz bedeutet. Besonders geschickt waren die Sorben in der Anfertigung vortrefflicher Leinwand, auch kannten sie die Malerei, Bildhauerei und Giesskunst, wovon viele ausgegrabene Alterthümer zeugen. Sie verstanden ebenso die Kunst Münzen zu prägen, trieben Bergbau und gewannen durch Waschen Goldkörner (aus der Göltzsch, auch besassen sie ein Salzwerk bei dem Dorfe Altensalz. Ein solches Volk konnte natürlich nicht, wie die Narisker, ein Nomadenleben führen, und da ihm ein geselliges Beisammenleben nothwendig war, so entstanden auf der Stelle finsterer Waldungen und schilfbedeckter Niederungen eine Unzahl kleiner Dörfer und Höfe, die fast durchgängig, zum Theil als bedeutende Städte und Rittergüter, dem Namen nach jetzt noch vorhanden sind.
Die Religion der Sorben trug den allgemeinen Charakter des Heidenthums indem sie die göttliche Vorsehung unter dem Bilde einer despotischen Regierung vorstellte. Wohl glaubten die Sorben an einen einzigen Gott, der Himmel und Erde beherrsche, aber neben ihm verehrten sie auch noch eine Anzahl untergeordneter göttlicher Wesen, die aus dem grossen Gott, dem Urprincipe alles Lebens, gleichsam als dessen Söhne, Töchter und Enkel hervorgegangen wären je nach ihrem Range dem Urwesen näher oder entfernter ständen, und seinen Befehlen nachkommen müssten. Allen diesen Göttern bauten sie Tempel oder weihten ihnen Haine wo zu öffentlicher Anbetung und Verehrung sie sich zu versammeln pflegten. Dem Allvater der Götter und Menschen nannten die Sorben Swantowith und ihm verdankt das Dorf Schwand seinen Namen. Hier stand einst im dunklen Haine der Tempel des allgewaltigen Gottes, hier beteten Tausende zu dem mächtigen Wesen in dessen Händen das Geschick der Völker lag, hier sassen die Götter zu Gericht und opferten in heiliger Stille dem Bilde des grossen Gottes. – So blieb es bis zum zehnten Jahrhundert, wo das Banner mit dem Kreuze über die Grenze des Voigtlandes herüberflatterte und das harmlose Sorbenvolk mit Feuer und Schwert zur Annahme des Christenthums gezwungen wurde. Unter der Axt christlicher Kriegsleute stürzten die tausendjährigen Bäume zusammen, deren Aeste das Bild Swantowiths dem Ungeweihten verbargen, die Altäre mit den Bildsäulen der Götter loderten in Flammen auf und mit Thränen des Grimmes und der Wehmuth schleppte der besiegte Sorbe, getrieben von der Peitsche seiner Ueberwinder, Holz und Steine nach der Stätte, die seinem Volke seit Jahrhunderten heilig war, um dort dem von ihm unbekannten und gehassten Gekreuzigten einen Tempel zu bauen. Mit Swantowith, der auch Thor, Jodwt und Zdwt genannt wurde, sanken auch sein Feind und Widersacher Tzschornebog oder der schwarze Gott nebst den vornehmsten Untergöttern Radegast, Flyns, auch Feiltzsch genannt, Triglaf, Zuttibur, Prove der Gott des Ackerbaues, Porevit der Schützer des Handels und Gewerbsfleises und Liko der freundlich lächelnde Gott der Liebe.
Wer das erste Schloss zu Schwand erbaute ist nicht bekannt, jedenfalls that es ein Edelmann des siegreichen Heeres, dem der Kaiser als Lohn für bewiesene Tapferkeit einen Distrikt des eroberten Landes mit einer Anzahl Sorbischer Sklaven schenkte, deren erste Arbeit darin bestand, dem Grundherrn eine feste Burg zu bauen, damit er sie um desto besser im Zaume halten konnte. Gar hart aber war das Loos der unglücklichen Sorben, die als sogenannte „Hörige“ dem Edelmann als Eigenthum zugezählt wurden, jedoch waren viele Sorbische Häuptlinge so klug gewesen beim Herannahen des Feindes mit diesem gemeinschaftliche Sache zu machen und bei der Besiegung des eignen Volkes hülfreiche Hand zu leisten, wofür man sie im Besitz ihres Eigenthums liess und ihnen nach Annahme des Christenthums gleiche Rechte mit den Edlen deutscher Abkunft bewilligte. Die Hörigen waren vollständig der Willkühr ihrer Herren preisgegeben, die nicht nur das eigne Feld von den Unglücklichen bestellen und aberndten liessen, sondern auch einen Theil des Ertrags der ihnen überlassenen Aecker oder sonstigen landwirthschaftlichen Producte beanspruchten, und dabei über Leib und Leben der armen Leute gebieten konnten. So war es sehr natürlich dass die Sorben verschiedene Male sich mit Gewalt von den angelegten Fesseln befreien wollten, aber alle Anstrengungen blieben vergeblich, und die misslungenen Befreiungsversuche verschlimmertni ihr Sklaventhum nur um so mehr. Erst als einige Generationen abgestorben waren, vergassen die Sorben die einstige Macht ihrer Väter und fügten sich dergestalt Deutscher Sitte, dass ihre Nationalität gar bald im Deutschthum völlig unterging.
Der erste Besitzer von Schwand, welchen eine Urkunde nennt, ist Conrad von Geilsdorf, dem auch Tirbel und Pirk gehörte, welcher im Jahre 1373 den Verkaufsbrief Heinrichs des Rothen von Plauen über Hof an den Burggrafen Friedrich von Nürnberg als Zeuge unterschrieb. Heinrich von Geilsdorf besass das Gut im Jahre 1402 und Kunz von Geilsdorf 1438. Jahn von Geilsdorf auf Schwand gehörte zu den Edelleuten, welche sich wegen der Willkührherrschaft des Burggrafen zu Meissen und Herrn zu Plauen, Heinrichs II. gegen diesen auflehnten, und seinen Sturz befördern halfen. John von Geilsdorf starb um das Jahr 1480 und sein Sohn Johann von Geilsdorf besass Schwand noch 1510, wo er eine zwischen Veit von Röder und Ludwig
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Schlösser und Rittergüter im Königreiche Sachsen V. Section. Expedition des Ritterschaftlichen Album-Vereins, Leipzig 1859, Seite 44. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_V.djvu/68&oldid=- (Version vom 10.11.2016)