auf der Seite nach der Stadt zu, unter die Bürger einzeln verkauft; mit der andern Herberge aber, die auf dem Berge lag, wurde ein halber Hof gebildet, die übrigen Felder dazugeschlagen, an einen gewissen Neidthardt verkauft und als Erbgut verliehen.
Die Erb- und Obergerichte aber von diesen Meyerhöfer’schen Gütern, die sich über das Dorf Raschau erstreckten, wurden dem Besitzer des Gutes Raschau vorbehalten, welches schon vorher eine Mitberechtigung hatte. Auf diese Weise gelangte das Rittergut Raschau, das mit keinem Ritterpferde verdient wurde, zu seiner Gerichtsbarkeit.
Wenn ausserdem in der Geschichte noch die Familie von Kospoth als Besitzerin eines Gutes in Raschau erwähnt wird, so ist dies wieder ein Irrthum. Ein Balthasar von Kospoth besass hier nur ein Häuslein und Garten.
Vielmehr finden wir im Besitze von Raschau im 16. und 17. Jahrhundert die Familie von Seilbitz.
Im 30jährigen Kriege und zwar 1632 war Besitzer von Raschau Johann Flossa von Seilbitz, welcher als Amtsschösser zu Voigtsberg das Schloss daselbst an Holken übergeben musste. Durch die Truppen dieses Generals wurde das Schloss Voigtsberg sehr mitgenommen, weshalb Herr Flossa von Seilbitz 1635 für die neue Wiederherstellung desselben sorgte. Dieser Herr von Seilbitz ist auch der Erbauer der Schwibbogen auf dem Oelsnitzer Gottesacker No. 27. 28. 29. und 30., welche er im Jahre 1650 für sich und die Seinigen zu einem Erbbegräbniss weihen lies.
Dieser Besitzer von Raschau starb 1660 und ruht in diesem seinem Erbbegräbnisse zu Oelsnitz.
Nach den Herren von Seilbitz finden wir als Besitzer des Gutes Raschau die Herren von Osten. Mit dem Erben und kinderlosen Besitzer dem Geheimen Rathe von Osten auf Raschau, Dürrenthal und Hütting erlosch 1763 dieses Geschlecht und mittelst testamentarischer Bestimmung hinterlies derselbe seine sämmtlichen Besitzungen zur Fundation milder Stiftungen, zu denen auch die Errichtung eines Waisenhauses zu Plauen und Hof mit gehörte, obschon früher Herr von Osten beabsichtigt hatte, mit einem solchen die Stadt Oelsnitz zu beschenken. Allein ein Streit über die Fischerei-Gerechtsame mit dem Stadtrathe zu Oelsnitz erbitterte den Geheimen Rath von Osten so, dass er diese seine frühere Bestimmung dahin abänderte und den Stadtrath zu Plauen natürlich auch mit dem Rittergute Raschau beglückte. Seit dieser Stiftung von 1763 wurde das Rittergut Raschau vom Stadtrathe zu Plauen besessen und die Gerichte von einem Actuarius des Stadtraths unter dem Namen „die Osten’schen Waisenhausgerichte“ verwaltet.
Ursprünglich wurde das Waisenhaus in das obere Hospital zu St. Elisabeth zu Plauen, welches am sogenanntem Elster-Brücken-Thore steht, verlegt. Den Anforderungen der Neuzeit zu entsprechen erfolgte später und nachdem dieses Waisenhaus durch andere Vermächtnisse noch besser fundirt war, der Ankauf eines neuen Gebäudes mit schönen Garten, welches der Kfm. Keller zu Plauen zu einem billigen Preise der Stiftung abtrat. Dieses neue Waisenhaus liegt vor dem Strassberger Thore in einer ruhigen und freundlichen Gegend. Neben dem Urheber dieser Anstalt hat sich vorzüglich auch der frühere Stadtrath Kfm. Heynig sen., um dieselbe durch ein herrliches Vermächtniss verdient gemacht, so dass die Zahl der aufzunehmenden Kinder um ein Bedeutendes sich vermehrt hat. Ursprünglich war die Zahl auf 12 Mädchen und auf 12 Knaben bestimmt, jetzt können 36 darinnen Unterkunft finden.
Ebenso hat sich der verstorbene Stadtrath Heynig bei Lebzeiten um die innere Einrichtung sehr grosse Verdienste erworben, und es wird wenig Institute geben, welche sich mit diesem messen können.
Man frage die Erwachsenen dieser Anstalt der Neuzeit und vergleiche damit die Aussagen der früheren Zöglinge, so wird man die Wahrheit unserer Behauptung gerechtfertigt finden.
Die letzteren wurden zwar in Zucht und Ordnung erhalten, zur Schule angehalten, aber welche Arbeit nach dem Schulunterricht? Man kannte keine andere Beschäftigung für diese Kinder, als Federschliessen, welches oft die nachtheiligsten Wirkungen für die Gesundheit dieser Armen hatte. Wie ganz anders jetzt. In allen weiblichen Arbeiten werden die Mädchen unterrichtet, und die Knaben finden im schönen Garten Beschäftigung und lernen Alles, was zu ihrem fernem Fortkommen förderlich ist.
Wie Manches von diesen armen Kindern wäre vielleicht untergegangen, wenn ihm nicht hier Vater und Mutter ersetzt und körperliche und geistige Nahrung in so reichem Maasse gereicht worden wäre.
Unwillkührlich wird man bei Beschauung einer solchen Anstalt zum Danke gegen den Stifter derselben, zum Danke gegen Alle die, welche in seinem Geiste fortbauten und nicht müde wurden, für das Heil und Wohl der Menschheit zu wirken und zu schaffen, verpflichtet.
Der Name von Osten und Heynig wird mit dankbarer Rührung stets genannt werden, so lange die Menschheit nicht aufhört, für hochherzige, edle Gesinnungen ihre Begeisterung und ihre Nacheiferung an den Tag zu legen.
Raschau selbst, das Gut, ist seit jener Stiftung stets verpachtet gewesen,
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Schlösser und Rittergüter im Königreiche Sachsen V. Section. Expedition des Ritterschaftlichen Album-Vereins, Leipzig 1859, Seite 164. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_V.djvu/248&oldid=- (Version vom 7.1.2017)