Dorfstadt, dessen officieller Name auch Dorfstädt ist, gehört zu dem Voigtländischen Kreise; es erstreckt sich eine halbe Stunde lang von Süden nach Norden bis zu dem sogenannten grossen Herrenteiche. Es ist ein ansehnliches und grosses Dorf. Seine Entfernung vom obern Theile ab beträgt 3/8 Stunden von Falkenstein, in dessen Nordwesten es liegt; am untern Ende beträgt die Entfernung nur 1/4 Stunde in nördlicher Richtung. Von eben diesem Ende ab gerechnet liegt Auerbach von Dorfstadt Stunde entfernt und Plauen 31/2 Stunde westlich. Das Dorf zieht sich in einem flachen Grunde hin, der am obern Ende zwar etwas kahl ist, am untern dagegen ein sehr anmuthiges Landschaftsbild bietet. Der Bach, an welchem Dorfstadt liegt, entspringt im Süden des Ortes, in ziemlich grosser Entfernung auf dem moorigen, mit einer zahlreichen Menge von Steinen bedeckten Abhange des Wimmersteines, einer von den Spitzen der Falkensteiner Felsenreihe. Die Höhe dieses Berges beträgt nur etwas mehr als 2000 Pariser Fuss über der Meeresflüche, und man geniesst von dem Gipfel eine der schönsten, reichsten und mannigfaltigsten Aussichten, die man in unserem, an Schönsichten doch so reichen Sachsen findet.
Unter dem Dorfe nimmt der Dorfstädter Bach das sogenannte Irrgangbächlein auf, und erhält nach der Vereinigung mit demselben den Namen Treuensches Wasser.
Dorfstadt besitzt trotz seiner Grösse keine eigene Kirche, sondern ist nach Falkenstein eingepfarrt.
Seine Fluren rainen mit denen von Falkenstein, Auerbach, Trieb und Lauterbach. Zu dem Rittergute, das zwar stattlich, aber nicht sehr ansehnlich ist, gehören noch verschiedene andere Theile, zum Beispiel das aus nur wenigen Häusern bestehende Siebenhitz, und die Häuserreihe, welche im Westen der Schäferei Irrgang an dem Fusse der Südseite des Frohnberges, einer schönbewaldeten Anhöhe, liegt.
Die Einwohner, deren Seelenzahl über 1200 beträgt, beschäftigen sich ausser mit dem Ackerbau auch viel mit Fabrikarbeit, wozu die zahlreichen in dieser Gegend befindlichen Fabrikanlagen verschiedener Art hinlängliche Gelegenheit bieten.
Ueber die frühesten Besitzer von Dorfstadt existiren keine zuverlässigen Nachrichten, denn die älteren Dokumente sind zu Grunde gegangen; indess befindet sich das Rittergut erwiesener Massen bereits seit dem letzten Viertel des sechszehnten Jahrhunderts in dem Besitz des von Trützschlerischen Geschlechtes, dem auch die benachbarten Rittergüter Falkenstein, Mühlberg, Ellefeld und Lauterbach seit undenklichen Zeiten zugehörten.
Unter den Mitgliedern dieses Geschlechtes ging Dorfstadt theils durch Erbschaft, theils durch Kauf, oder auf sonstige Weise, aus einer Hand in die andere, ohne je in den Besitz einer anderen Familie zu kommen, und ist gegenwärtig in dem Besitz des Herzoglich Sächsischen Lieutenants a. D: Carl von Trützschler, dessen Bruder, dem Herzoglich Sachsen-Coburg-Gothaischen Geheimen-Rath a. D., das ebenfalls in diesem Hefte beschriebene Falkenstein gehört.
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Schlösser und Rittergüter im Königreiche Sachsen V. Section. Expedition des Ritterschaftlichen Album-Vereins, Leipzig 1859, Seite 78. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_V.djvu/118&oldid=- (Version vom 7.1.2017)