Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Schlösser und Rittergüter im Königreiche Sachsen IV. Section | |
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sind, werden die neuen Häuser genannt. Der Gesammtflächenraum des Dorfes beträgt 3107 Acker und 239 Q.-R. mit einem Boden, welchem immer ein bedeutender Ertrag abgewonnen wird, da die rauhen Nordwestwinde, welche die Gegend um Annaberg und Freiberg häufig treffen, nur theilweise die Ober-Drebacher Fluren berühren, welche 200 Fuss höher liegen und auf denen in der Regel auch 14 Tage später geerndtet wird. Die Zahl der Steuereinheiten beläuft sich auf 40,811.
Das hiesige neuschriftsässige Rittergut, zu welchem auch der obere Hof, der nur als Vorwerk betrachtet wird, gehört, zeichnet sich durch seine Gebäude, wie die Abbildung besagt, höchst vortheilhaft aus, da das alte Schloss am 12. Mai 1823 gänzlich abbrannte. Zum Rittergute gehören ausser der Schäferei und dem Jägerhause, eine Mahlmühle mit 2 Gängen, ein Brau- und Malzhaus, eine Schmiede, ein Kalkbruch und eine Kalk- und Ziegelbrennerei.
Als die frühesten bekannten Besitzer erscheinen die Herren von Wiedebach, welche vom 12. bis zum 14. Jahrhundert dasselbe behaupteten. Dann kam es an die Herren von Stange und bei diesen blieb es bis zum Jahre 1604[VL 1], wo der letzte, Christoph Heinrich von Stange, als Erbherr auf Venusberg, Drebach, Hilmersdorf, Naundorf, Streckewalde und Haselbach starb. Schon am 12. August 1602 hatte Churfürst Christian dem Hofrathe Gödelmann und dem geheimen Kammersecretair Moser wegen ihrer treugeleisteten Dienste das Versprechen gegeben: dass, wenn Hans Christoph von Stange ohne Lehnserben verstürbe, ihnen diese Güter zufallen sollten. Da nun mit Hans Christophs von Stange Tode das Geschlecht erlosch, so fiel Drebach mit den übrigen Gütern an die obengenannten Gödelmann und Moser. Diese theilten am 3. September 1647 die Güter unter sich durch’s Loos, wo die beiden Brüder Rudolph und David Gödelmann Ober- und Nieder-Drebach erhielten. Durch eine zweite Theilung fielen Ober- und Nieder-Drebach und Haselbach an David Gödelmann, der 1657 starb. Von diesem kamen die Güter an seine hinterlassenen Töchter, von denen die eine sich mit Hans Heinrich von Spielhausen vermählte. Im Jahre 1665 fiel das Gut dessen einzigem Sohne Heinrich Sigismund von Spielhausen zu. Von diesem kam es an Sigismund von Spielhausen, der 1741 starb. Nach dem Tode seiner Gemahlin fiel es im Jahre 1766 an August Sigismund von Zeutzsch, welcher im Jahre 1771 starb und das Gut seiner Gemahlin hinterliess, welche es im Jahre 1783 an Amalie Sophie von Schönberg verkaufte. Im Jahre 1790 brachte Christiane Christliebe Knechtel das Gut durch Kauf an sich und trat die Hälfte desselben an ihre Schwägerin Christiane Concordie Dietze ab. Nach dem Tode der letztgenannten fiel diese Hälfte an ihren Ehemann, den Bürgermeister Dietze in Annaberg. Dieser kaufte im Jahre 1802 auch die andere Hälfte und verkaufte das Gut im Jahre 1804 an Carl Heinrich von Elterlein. Der nachfolgende Besitzer war der Königl. Sächs. Hauptmann Freiherr Ferdinand von Hausen, zugleich Erbherr auf Lorch im Rheingau. Jetzt ist Herr K. W. Huschke damit beliehen.
In früherer Zeit zeichnete sich Drebach, vorzüglich durch Klöppelzwirnfabrikation aus und dieser Erwerbszweig erhob es zu einem blühenden Orte. Alt und Jung beschäftigte sich mit dem Zurichten des Flachses, mit dem Spinnen und Bleichen des Zwirns.
Beiderlei Geschlechts sponn vom 4. Jahre an, und besonders im Winter den selbst erbauten oder fremden Flachs. Der hierzu nöthige feine Flachs wurde theils hier erbaut und zugerichtet, theils auch von andern benachbarten Dörfern, z. B. Schönbrunn, Falkenbach, Wildenau, Gehringswalde und Hilmersdorf und die feinste Sorte von Grossrückerswalde bezogen. Die Vorrichtung geschah nicht allein durch die Garnhändler, sondern auch durch jene, welche mit dem Flachshandel sich beschäftigten.
Die Zurichtung des Strähnelzwirns erfolgte in Drebach auf holländische Art.
Der Strähnelzwirn wurde 1. von einigen auf einer kleinen Winde, die sich aufrecht um eine hölzerne Spindel drehte, ab, und in eine Schüssel geweift, oder 2. von andern sogleich an Zwirnspulrädchen von 2 Personen auf Papierspulen einfach geweifet, wo er durch einige Drähte, die an der Stubendecke angebracht waren, durchging, ehe er an die Spule kam, damit er wieder auseinander gemacht werden konnte, wenn er sich durch das Aufwinden aus der Schüssel durch die Drähte verfitzt hatte. Hierauf wurde er 3. auf dem grossen 12spindeligen Zwirnrade nochmals gezwirnt; war dieses geschehen, so wurden 4. auf der holländischen Weife, die im Umfange 40 Zoll haben sollte, 100 Fäden, jeder zu 40 Zollen, zu einem Strähn (Strähnel) geweift. Sodann wurde derselbe 5. in Seite ausgewaschen, rein ausgespühlt, damit keine Seite darinnen zurück blieb, geblauet, von der blauen Farbe durch starkes Auswinden gereinigt, zum Trocknen an Ellenlangen runden Stäben von 1 und einem halben Zoll im Durchmesser aufgehängt und durch Gewichte oder Steine, die an den unten durchgezogenen Stäben befindlich waren, ausgestreckt und straff gemacht. War derselbe nun völlig an der Sonne oder der Luft getrocknet, so wurde er 6. nach Strähneln ausgewogen und in die Nummer gesetzt.
In der neuern Zeit liegt dieser Nahrungszweig ganz darnieder, da die Spitzen von Baumwolle die von Zwirn ganz verdrängt haben.
Mit dem Bergbau, der früher sehr ergiebig gewesen sein soll, sind in der neuern Zeit verschiedene Versuche, aber ohne sonderlichen Erfolg gemacht worden. Jetzt gehören Fabrikarbeit, Klöppeln und Strumpffabrikation zu den reichlicheren Erwerbsquellen.
Unter der Zahl der hiesigen Einwohner befinden sich ein praktischer Arzt und Geburtshelfer, 4 concessionirte Krämer, 5 Fleischhauer, 4 Schmiede, 2 Wagner, 2 Seiler, 2 Tischler, 3 Korbmacher, 1 Brauer, 1 Sattler, 1 Glaser, mehrere Schneider, Schuhmacher, viele Strumpfwirker, Zimmerleute und 135 Maurer, von denen Viele während des Sommers in entfernten Gegenden Arbeit finden.
Ferner sind hier 5 Mahlmühlen, 2 Oelmühlen, 1 Schneidemühle und 1 Gasthof.
Die Kirche ist seit dem Jahre 1825 neu, geräumig und schön. In der Nacht von 11. zum 12. Mai 1823 brach nämlich in der von der Kirche gegen 500 Schritte entfernt liegenden sogenannten Bretmühle Feuer
Anmerkungen der Vorlage
- ↑ handschriftliche Korrektur: 1604
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Schlösser und Rittergüter im Königreiche Sachsen IV. Section. Expedition des Ritterschaftlichen Album-Vereins, Leipzig 1856, Seite 132. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_IV.djvu/207&oldid=- (Version vom 3.6.2018)