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Seite:Album der Schlösser und Rittergüter im Königreiche Sachsen IV.djvu/191

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Neukirchen


liegt 1½ bis 1¾ Stunden von Chemnitz gegen Südsüdwest, 2½ bis 3 Stunden von Hohenstein, 3 bis 3¾ Stunden von Zschopau, 3 Stunden von Stollberg, zieht sich in einem gekrümmten, anfangs seichten, dann aber tiefern, zuletzt wieder breiten und offenen Grunde an einem Wässerchen herunter, bis nahe ans linke Ufer der Würschnitz, welche sich 1 Stunde weiter unten, im obersten Theile von Alt-Chemnitz, mit der etwas stärkeren Zwönitz verbindet und so die Chemnitz bilden hilft. Jenes obengenannte Wässerchen aber entspringt nahe über dem Orte, auf derselben hochgelegenen, ebenen Gegend (zwischen hier, Leukersdorf und Mittelbach), welche auch die Quellen des Lungwitzer Baches, des Mittelbaches und des Leukersdorfer Wassers enthält und sich gegen 1400 pariser Fuss über das Meer erhebt. Die Länge des Orts beträgt über ¾ Stunden, die Richtung ist südöstlich und östlich und die Meereshöhe der obersten Häuser ist zu 1300, die der untersten zu 1000 pariser Fuss anzunehmen.

Das gegen Nord ziemlich steil ansteigende Gebirge trägt in kleiner Entfernung vom Orte den sehr grossen Neukirchner Wald.

Unterwärts am rechten Ufer der Würschnitz liegen die Rittergutsgebäude nebst zwei Mühlen in einer höchst anmuthigen Aue.

Das Schloss ist in Quadrat gebaut, umschliesst einen engen Hof, ist 3 Etagen hoch, mit einem Schieferdach, einem Thürmchen, einer Schlaguhr und mehreren Blitzableitern versehen und hat noch ein ziemlich ritterliches Ansehen. Die dicht dabei stehenden in zwei Gehöfte vertheilten Wirthschaftsgebäude sind wohlgebaut, tragen ebenfalls viele Blitzableiter und enthalten eine starke Brauerei. Hinter derselben sind die schönsten Parkanlagen.

Neukirchen gehörte als Vorwerk in den früheren Zeiten zu der Herrschaft Rabenstein, welche erst die Burggrafen und dann deren Nachfolger, die Dynasten von Waldenburg besassen.

Johann von Waldenburg und dessen Söhne verkauften im Jahre 1375 die Herrschaft an das Berg- oder Johanniskloster zu Chemnitz, in welchem Kaufe dem Abte nebst dem Convente des Klosters ausdrücklich bemerkt worden war, dass die Herrschaft Rabenstein bei Niemandem zu Lehn gehe.

Später gerieth das Kloster zu Chemnitz mit denen von Schönburg in Fehde und im Jahre 1386 endigte diese Fehde mit der Eroberung „des Steins.“ Das Johanniskloster erhielt aber Letzteren bald wieder und durch Schenkungen der Kaiser, der Burggrafen und der Dynasten von Waldenburg wuchs dasselbe bald so gewaltig an, dass es ums Jahr 1500 fast die ganze Rabensteiner Herrschaft oder das Zubehör des Burggrafenamtes besass. Es hatte die Marktnutzung in der Stadt, die Berg- und Salzregale in der ganzen Gegend und der Abt war nicht nur Collator zu Penig, sondern auch Archidiakon über die Erzpriester zu Chemnitz Waldenburg, Stollberg und Wolkenstein.

Der letzte Abt Hilarius von Rehberg und der Klostervoigt Johann von Seydewitz waren Günstlinge des Herzogs Heinrich des Frommen, woher es kam, dass die Aufhebung des Klosters nicht so schnell vor sich ging, obschon auf dem im Jahre 1539 zu Chemnitz gehaltenen Landtage in diesem Jahre noch die Einführung der Reformation erfolgte. Die Besitzungen des Klosters selbst wurden erst im Jahre 1546 gegen Entschädigung an Herzog Moritz abgetreten, welcher im Jahre 1548 nach Chemnitz zog.

Neukirchen aber, welches zur Zeit der Klosterherrschaft als ein abteiliches Vorwerk vorkommt, wurde mit Claffenbach und Burkersdorf, dem Marktflecken, an Wolf Hünerkopf zu Annaberg schon ums Jahr 1543 veräussert und kommt seit dieser Zeit als Rittergut vor. Von der Familie Hünerkopf kam es an die Herren von Gröbel. Nach dem Aussterben dieses Geschlechts fiel es dem Churhause Sachsen zu, welches die Grafen und Freiherrn von Taube damit belehnte, bei welcher Familie die Besitzung nebst dem damit verbundenen Gute Höckerigt vom 17. Jahrhundert bis zum Jahre 1819 geblieben ist. Aus dem Stifte Paderborn in Westphalen stammend, erscheinen die Ritter „von Duve“ schon im Jahre 1221 in den liefländischen Ordenslanden. Von hier aus verzweigten sie sich nach Preussen, Sachsen, Schweden, Dänemark und Würtemberg und

     Erzgebirgischer Kreis, 16tes Heft oder 84tes der ganzen Folge.

Empfohlene Zitierweise:
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Schlösser und Rittergüter im Königreiche Sachsen IV. Section. Expedition des Ritterschaftlichen Album-Vereins, Leipzig 1856, Seite 121. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_IV.djvu/191&oldid=- (Version vom 3.6.2018)