Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Schlösser und Rittergüter im Königreiche Sachsen IV. Section | |
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seine Anlage ist dergestalt gehalten, dass sie mehrere Meilen lang und nöthigenfalls bis zur Landesgränze oder bis zur Flöha fortgesetzt werden kann, ja dass man sogar aus diesem Flusse Wasser aufzunehmen und in die Freiberger Bergwerke zu bringen vermag.
Der Dörnthaler Kunstgraben erstreckt sich vom Dorfe Obersayda und dem dasigen Bergwerksteiche durch die Fluren von Mittelsayda, Haselbach und Dörnthal laufend, bis in eine bei Dörnthal hereinkommende Schlucht und bis auf den daselbst befindlichen neuen Bergwerksteich. Seine ganze Länge, mit Einschluss der erforderlichen Beigräben, beträgt 5363½ Freiberger Lachter (à 3½ Elle) und innerhalb dieser Distanz geht derselbe zugleich in einer Strecke von 280½ Lachtern mittelst fünf verschiedenen Röschen, welche durch Berge hindurch gehauen und ausgemauert sind, unter der Erde weg. Die sechs Beigräben dienen zur Ab- und Zuleitung der mit dem Hauptgraben durchschnittenen Bäche. Der Hauptgraben ist 2 Ellen tief, im Lichten oben 3½, unten nur 2 Ellen weit, durchgängig zu beiden Seiten ausgemauert, und hat auf 100 Ellen Länge nicht mehr als 3 Zoll Fall. Trotzdem dass derselbe durch ziemlich schlechtes Terrain hindurch geführt werden musste, wurde er doch bis zum Schlusse des Jahres 1787 so weit vollendet, dass man das ganze Gewässer von dessen Endpunkte in Dörnthal an bis zu seinem Anfangspunkte in Obersayda und von da durch den ebenfalls im Jahre 1786 auf eine Länge von 1102 Lachter vergrösserten und zu beiden Seiten neu ausgemauerten alten Saydenbacher Kunstgraben, sowie dann in die tiefer liegenden drei Bergwerksteiche bei Grosshartmannsdorf hindurch gehen lassen konnte. Die Arbeit daran wurde in den Jahren 1788 und 1789 fortgesetzt und vollendet. Schon in den Jahren 1612 bis 1618 war ein ähnliches Unternehmen im Werke, welches man aber deshalb nicht ausführen konnte, weil falsch nivellirt worden war. Noch jetzt erkennt man die Ueberbleibsel des damals ausgeworfenen Grabens auf grossen Strecken hin deutlich, und findet sehr bald den Grund seiner Unbrauchbarkeit.
Der neue Dörnthaler Bergwerksteich steht mit dem Kunstgraben in unmittelbarer Verbindung. Er wurde am 7. Mai 1787 in Angriff genommen und bis zu Ende des Jahres 1789 bis auf einige Nebensachen vollendet. Der Umfang dieses Teiches ist sehr bedeutend, denn er enthält einen Flächenraum von 84 Ackern und eine sehr bedeutende Tiefe; indem sein Damm vom Rasen bis zur Teichkappe 20½ Ellen hoch, und dessen Breite unten 64 und oben 24 Ellen ist. Er hat einen oval gemauerten Striegelschacht und ein steinernes, 69 Ellen langes Gerinne. Dieses ist aus jedesmal 3 Ellen langen, gut verbundenen Felsenstücken aus den Wiesaer Brüchen zusammengesetzt und inwendig noch ausserdem mit eingeschobenen kupfernen Hülsen versehen. In dem Striegelschacht wird mit einer Schraube ohne Ende der Zapfen des Gerinnes gehoben, je nachdem man in Freiberg auf mehr oder weniger Räder Wasser braucht, welches man oben an der Schraube genau abmessen kann. Die Terrassenmauer des Teiches dient zur Zurückwerfung der Wellen, und um zu verhüten dass sie nicht durch Stürme über den Damm hinausgetrieben werden ist dieselbe in einer einwärts gebogenen krummen Linie aufgeführt. Um Dammbrüche und Ueberfluthungen unmöglich zu machen oder nach Bedürfniss die Wassermenge vermehren oder vermindern zu können, hat man in der grössten, 18 Ellen betragenden, Höhe des Teichspiegels einen Hauptgränz– und Fluthgraben herumgeführt, durch welchen das Wasser sofort nach dem Teiche geleitet oder ihm entzogen werden kann.
Da man die Erfahrung gemacht hatte, dass in trockenen Jahren der Dörnthaler Teich sammt dem Kunstgraben und den übrigen Bergteichen nicht ausreichend waren, die Bergwerke hinreichend mit Wasser zu speisen, so arbeitete man daran, das Wasser der Flöha für diesen Zweck zu gewinnen, und so entstand durch einen unterirdischen Kanal oder eine Rösche der Friedrich-Brunostolln. Dieser beginnt oberhalb des Dörnthaler Teiches und mündet beim Niederdorfe von Pfaffroda. Er ist eine halbe Stunde lang und über eine Elle breit. Der Friedrich-Brunostolln übertrifft in Hinsicht seiner Höhe die berühmtesten derartigen Bauten in England; denn er ist 4 Ellen hoch. Wo kein Felsen ist, hat man ihn gewölbt, und das Wasser kann angespannt werden, um Schutt und Steine herauszuschiffen. Dieser herrliche, schnurgerade fortgeführte Bau ist mit Luftlöchern versehen. – Der Umfang der zum Betriebe des Freiberger Bergbaues geschaffenen Kanäle beträgt weit über 40,000 Lachter Länge, wovon gegen 5000 Lachter unterirdische, in Gestein getriebene Wasserleitungen sind.
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Schlösser und Rittergüter im Königreiche Sachsen IV. Section. Expedition des Ritterschaftlichen Album-Vereins, Leipzig 1856, Seite 92. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_IV.djvu/146&oldid=- (Version vom 11.6.2017)