Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Schlösser und Rittergüter im Königreiche Sachsen IV. Section | |
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auf und nieder, redeten mit einander von unserer Patientin und ihrer Krankheit, ob auch eine Hoffnung der Besserung ihres Lebens sein möchte; als wir also in Kümmerniss gehen und an das Fenster und Erker kommen so nach dem Abend stehet, da hören wir draussen vor dem Schlosse ein gar helles Glöcklein klingen, gleich oben über den Bäumen, nicht anders als wenn man wollte anfahen zu Grabe zu läuten, wir stehen still, hören ihm zu, sehen einander an und fragen wo das herkomme und was es wohl bedeuten möge. Bald darauf hören wir einen lieblichen Klang, als wenn kleine Kindlein sängen. Wir schwiegen still und gedachten jedes seinen Theil. Aber bald des Morgens wiese sich es aus was hierdurch angedeutet worden, nämlich dass es gewesen gleich einer Offenbarung und Vorbote, dass es mit unserer nunmehr seligen Frauen, wolle Feierabend machen und sie als eine gerechte heilige auch aufrichtige Seele ausgespannt und zur Ruhe gebracht werden solle, drum haben ihr auch die lieben Engelein und frohen Geisterlein gleich zuvor in der Luft müssen singen und zu Grabe läuten. –“
Obschon das Krummenhennersdorfer Niederdorf mit den Gebäuden des Rittergutes sich von verschiedenen Seiten ganz vorzüglich reizend darstellt, so ist doch einer der schönsten Punkte für einen trefflichen Ueberblick auf der westlichen Grenze zu suchen, wo man die Mulde mit ihren felsigen Ufern und mehrere nahe liegende alte und neue Denkmäler und Gebäude, wie die sogenannte Altväterbrücke, das Hebehaus und Amalgamirwerk, sowie Mühlen, Hammerwerke, und viele Privatwohnungen in bunter Abwechselung vor sich liegen sieht. Bei der dreihundertjährigen Feier der Augsburgischen Confession bildete sich hier eine Gesellschaft welche zum Andenken an jenes so wichtige Ereigniss unter Gesang und nach einer gehalten Rede auf der höchsten Spitze eines Felsens ein hölzernes Kreuz befestigte und den Jahrestag bis in die neueste Zeit durch gesellschaftliche Vergnügungen feierte.
Drei Stunden von Freiberg und begrenzt von den Fluren der Ortschaften Saida und Grosswaltersdorf liegt das schöne Dorf Grosshartmannsdorf, dreiviertel Stunde von Süden nach Norden an einem Bache sich hinstreckend. Dasselbe hat 277 Häuser mit mehr als 1600 Einwohnern und zeigt namentlich in der Nähe der Kirche ein völlig städtisches Ansehen, auch wohnen hier viele Handwerker die sich zum Theil mit Barchentweberei, Bleicherei und Segeltuchfabrikation beschäftigen. Die Gründung des Dorfes fällt in das zwölfte Jahrhundert. Früher theilte man den Ort in Ober- und Niederdorf als zwei besondere Gerichtsherrschaften ein.
Das Rittergut zu Grosshartmannsdorf bildet seit hundert Jahren ein Majorat der alten reichsfreiherrlichen Familie von Carlowitz, wozu auch noch seit 1774 Liebstadt gehört. Die Bewirthschaftung des Gutes ist sehr gut angebracht, hat grösstentheils ebene Felder, treffliche Viehzucht mehrere Teiche und schöne Waldungen. Kurze Alleen führen zu dem ansehnlichen und gut gebauten Gehöfte des Rittergutes. Erwähnenswerth ist auch der hiesige grosse Garten den zu umschreiten zwanzig Minuten erforderlich sind, und den eine vier Ellen hohe Mauer umgiebt. – Der Ort liegt in etwas gebogener Richtung an dem Grosshartmannsdorfer oder Müdisdorfer Bache hinauf bis zu dem oberen Bergwerksteiche; vom unteren Ende des Dorfes verbreitet sich der untere oder grosse Teich, sowie nordwestlich der neue Teich, welcher zwar an Umfang der kleinste, jedoch von allen der tiefste – wie behauptet wird sogar aller Sächsischen Teiche – ist. Von den beiden letztgenannten Teichen aus erhebt sich an einer Bergeshöhe ein ansehnlicher Theil des Dorfes Grosshartmannsdorf mit dem Namen der „Zehntel“ worin jedoch keine Güter befindlich sind, vielleicht aus jener Zeit so genannt, wo seine Häuserzahl den zehnten Theil des Orts betrug, während der Zehntel jetzt mindestens fünf und dreissig Häuser zählt. Im Westen steigt aus dem hiesigen Thale das Gebirge weder flach noch steil an, hingegen ist es im Osten ziemlich flach, wesshalb auch das ganze Thal so erscheint. Der Dörnthaler Kunstgraben berührt den obern, neuen und untern Teich und verbindet sich unterhalb des Dorfes mit dem Zethauer Kunstgraben. Der grosse Teich ist das Hauptreservoir für das bei Freiberg nöthige Aufschlagewasser, und schon Churfürst August kaufte 1562 von einem Herrn von Alnpeck auf Grosshartmannsdorf die Teichstätte nebst der auf dem Damme stehenden jetzt wohlgebauten und beim Teichfischen als Belustigungsort bekannten Mahl- und Bretmühle um 4000 Gulden. Hierdurch ist der Beweis geliefert, dass der Teich nicht erst wie viele glauben, 1726 angelegt sondern in diesem Jahre nur erweitert worden
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Schlösser und Rittergüter im Königreiche Sachsen IV. Section. Expedition des Ritterschaftlichen Album-Vereins, Leipzig 1856, Seite 43. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_IV.djvu/074&oldid=- (Version vom 21.5.2017)