Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Schlösser und Rittergüter im Königreiche Sachsen IV. Section | |
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wurde, Albrecht nur mit Mühe auf einem verwundeten Rosse in Begleitung von vier Edelleuten sich zu retten vermochte und verkappt in Mönchskleidern nach Leipzig floh.
Von hier ging Albrecht nach Italien, wo Kaiser Heinrich sich eben aufhielt; der Empfang war indessen so ungnädig, dass der Markgraf es für nöthig erachtete bei Nacht und Nebel, nur von einigen Getreuen begleitet, das Hoflager zu verlassen. Im Meissnerlande angekommen erhob Albrecht nunmehr sein Banner gegen den Kaiser, liess die Festungen seines Landes, mit Ausnahme von Leipzig, Meissen und Hamburg niederreissen, (damit die kaiserlichen Truppen keinen Punkt zum Festsetzung finden sollten) und warb ein Heer; es sollte indessen nicht zum Kampfe kommen. Wie erzählt wird, gab auf Verlassung Kaiser Heinrichs ein Edelmann Namens Hugold dem Markgrafen ein Giftpulver, so dass der Unglückliche nicht mehr weiter konnte, sondern von Schmerzen zerrissen in eine Sänfte gehoben werden musste. In Krummenhennersdorf brachte man Albrecht, der von Freiberg nach Meissen wollte, in ein Bauerhaus wo er kurze Zeit rastete. Als er sich wohler fühlte und nach Meissen sehnte, trat er aufs neue die Reise an, kam jedoch blos bis zu der am nördlichen Ende des Dorfes gelegenen Beckenmühle, wo Hugold durch eine zweite Giftgabe ihn tödtete. Albrecht ruht im Kloster Altzelle, das Bauergut aber und die Beckenmühle, wo einst der Unglückliche rastete, geniessen noch heute Befreiung von allen Gemeindelasten und geistlichen Diensten. – Im dreissigjährigen Kriege hat Krummenhennersdorf durch die Nähe Freibergs nicht wenig gelitten‚ indem bei den beiden berühmten Belagerungen dieser Stadt die Feinde auf die Dörfer streiften und die unglücklichen Landleute entsetzlich misshandelten. So brach am 1. October 1632 ein Haufen kaiserlicher Soldaten hier ein und verwandelte durch Mord, Raub, Plünderung und viehische Rohheit das friedliche Thal in einen Pfuhl des Jammers und Verderbens. Bessere Schicksale hatte Krummenhennersdorf in dem verhängnissvollen Kriegsjahre 1813 wo aus den beunruhigten Dörfern eine grosse Anzahl Leute hierherflüchteten und den erwarteten Schutz genossen, indem in dieser Richtung wenigstens keine Hauptmärsche stattfanden.
Die Kirche zu Krummenhennersdorf steht unter Collatur des Rittergutes Bieberstein und ist Mutterkirche des Filials Oberschaar. Dieselbe steht am äussersten Ende des ziemlich langen krummen Dorfes und zwar auf der niedrigsten Stelle des Friedhofes, so dass von aussen hinab nach den Weiberständen sechs Stufen führen. Ohne Zweifel bestand die Kirche ursprünglich aus einer kleinen Kapelle die späterhin durch das jetzige Schiff erweitert wurde. Das Innere des Gotteshauses ist 1831 restaurirt und mit einer neuen Orgel, einem Werke Heckers aus Borna, ausgestattet, welches durch geschmackvolles Aeussere und trefflichen Ton der Kirche zur Zierde gereicht. In der Kirche befand sich seit dem Jahre 1514 eine interessante Glasmalerei, die leider bei der obenerwähnten Restauration durch Unvorsichtigkeit und Nachlässigkeit verloren ging. Das Gemälde war ein Geschenk Benedikt Bergers, des letzten hiesigen katholischen Pfarrers. Oben befand sich ein Christuskopf in durchsichtigem Glase, die Seiten mit Lilien eingefasst und das Ganze mit einer Dornenkrone umgeben. Unter der Dornenkrone stand ein Herz, in der Mitte gespalten, durch welches ein Kreuz mit der Inschrift J. N. R. J. ging. Hinter dem Herzen ragten Hände und Füsse Christi mit den blutigen Nägelmahlen hervor. Unter dem Kreuze standen drei Nägel mit daneben stehenden leuchtenden Sternen, und unter dem Kreuze kniete Benedikt Berger im Chorhemde, ausrufend: Domine miserere mei! – Eingepfarrt in die Kirche zu Krummenhennersdorf ist Sand mit Grüneburg mit 400 Einwohnern, welches am Ende des siebzehnten Jahrhunderts auf Rittergutsgebiet zu erbauen angefangen wurde.
Eine erhebende Kirchenfeier, welche seit dem Jahre 1814 in Krummenhennersdorf besteht, ist Schöpfung der Frau Kammerherrin von Schönberg. An jedem letzten Jahrestage ruft das Abendläuten die Gemeinde in das völlig erleuchtete Gotteshaus, worauf nach Absingung eines angemessenen Liedes der Pfarrer vor dem Altare eine kurze zur Dankbarkeit gegen Gott auffordernde Rede hält, welche er kniend durch ein Gebet beschliesst. Dem Prediger sind für diesen Gottesdienst drei Thaler und dem Schullehrer anderthalb Thaler, sechs Thaler aber zur Bestreitung des Kirchenaufwandes ausgesetzt. Alte Nachrichten besagen, dass im Kirchthurmknopfe folgende originelle Verse, deren Verfasser der hiesige Pfarrer Scheuchler († 1645) war, niedergelegt sind:
Nach Christi Geburt 1626 Jahr
Als Wittenberg neu befestigt war
Und man sich böses befaren musst
Weil der unruhig calvinisch Wust
Und Pabstisch Geschmeiss einander zugegen
Auch Gefahr sich bei unserer Grenz thät regen
Und Halle schon erlitten grosse Noth
Auch mancher Mann war blieben todt
Ward dieser Thurm und Kirche frei
Gebessert und gedecket neu.
Thomas Günther allhier Zimmermann
Sich solch Gebäuds nahm treulich an.
Die Decke der Kirch und das Gestühl
Macht neu Andreas Wetzelpiel
Romanus Richter, Maler gut
Den Knopf mit Golde zieren thut
Collator Moritz von Hartzsch genannt
Von Mehltheuer vertrieben aus Böhmerland
Wegen der reinen Lutherischen Lehr
Zum Bieberstein wohnet er.
Als die Gemahlin des Moritz von Hartitzsch im Jahre 1629 mit Tode abging erzählte Pastor Scheuchler seinen Zuhörern in der Leichenrede: „Am Diensttage zu Abend, war der 4. August, da man schon hatte Licht aufgetragen und abgespeiset gingen wir, nämlich der Herr Wittwer, Herr Hans Sigemund Däntzky und ich, der Pfarr, in der grossen Stube
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Schlösser und Rittergüter im Königreiche Sachsen IV. Section. Expedition des Ritterschaftlichen Album-Vereins, Leipzig 1856, Seite 42. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_IV.djvu/072&oldid=- (Version vom 21.5.2017)