Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Schlösser und Rittergüter im Königreiche Sachsen IV. Section | |
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Die Stürme des dreissigjährigen Krieges trafen wegen der Nähe Freibergs den Ort und das Rittergut Halsbach vielfach und veranlassten sogar seine Zerstörung, woran namentlich der Umstand Schuld trug, dass Halsbach zur Zeit der berühmten Belagerung Torstensons Eigenthum Gabriel Schönlebens, Bruders des kühnen Bürgermeisters Jonas Schönlebens zu Freiberg war, dem die Schweden sammt dem tapferen Obersten von Schweinitz wegen ihrer hartnäckigen Vertheidigung der Stadt den Tod geschworen hatten. Diese ewig denkwürdige Belagerung der alten treuen Bergstadt begann am 27. Dezember 1642. Die ganze schwedische Armee mit einhundert und acht Karthaunen und Feuermörsern lagerte sich um Freibergs Wälle, und forderte die Besatzung, welche ausser der Bürgerschaft aus einer Compagnie Dragonern und drei Compagnieen Fussknechten, zusammen dreihundert Mann stark, und etwa sechshundert Bürgern und Bergleuten bestand, zur Ergebung auf. Der Commandant, Georg Hermann von Schweinitz, liess dem Schwedischen Feldmarschall erwiedern, dass er von seinem Laudesherrn die Ordre habe, Freiberg zu vertheidigen und mit den Seinigen bis auf den letzten Blutstropfen Widerstand leisten würde. Alsbald begann das Schwedische Geschütz Kugeln und Feuerballen auszuspeien, so dass in drei Stunden dreizehnhundert und siebenzehn Schüsse auf die Stadt abgefeuert wurden. Dabei warfen die Mörser Steine von mehreren Centnern und Bomben von mehr als hundert Pfunden Gewicht in die Stadt, welche indessen nur wenig Schaden anrichteten, da sie glücklicher Weise grösstentheils auf freien Plätzen niederfielen. Mit besserem Erfolge dagegen schlugen die schweren Karthaunenkugeln gegen die Wälle und Mauerthürme, so dass bald eine Bresche entstand, die jedoch durch die Bergleute und Bürger mit unglaublicher Todesverachtung durch Erdsäcke und Dünger wieder ausgefüllt wurde. Durch kühne Ausfälle, Abgrabung der feindlichen Minen, und wohlgerichtete Schüsse erlitten die Schweden ungeheuere Verluste, und schwuren, bei Erstürmung der Stadt die Einwohnerschaft bis zum Säugling zu tödten und den Ort der Erde gleich zu machen, aber die tapfern Vertheidiger lachten der Drohung und verdoppelten ihren Eifer gegen den wuthschäumenden Feind. Dabei kämpften die Rathsherrn in Mitten ihrer Bürgerschaft, und namentlich Jonas Schönleben, der Bürgermeister, zeigte sich unaufhörlich an den gefährlichsten Stellen und munterte die wackeren Freiberger zum tapfersten Widerstande auf. Während des Krachens der Geschütze und dem wilden Geschrei der Kämpfer knieten deren Weiber und Kinder in den Kirchen und flehten um Gottes Beistand bei der nahen schrecklichen Gefahr.
Tag für Tag verging, ohne dass der erwartete kaiserliche Succurs erschien, und die Lage Freibergs wurde immer bedenklicher, da die Mauer bereits an mehreren Stellen niedergeschossen und die Vertheidigung der Stadt dadurch höchst schwierig geworden war. Am 16. Februar, des Abends um acht Uhr, zündeten die Schweden eine Mine, welche in einem Augenblick die Mauer in einer Länge von zwanzig Ellen zusammenwarf und den dabei stehenden Feuerthurm dergestalt beschädigte, dass er dem Einsturz nahe war. Die Gefahr wurde dadurch aufs höchste gesteigert, aber trotz der Aufforderung Torstensons, die Stadt unter günstigen Bedingungen zu übergeben, reichten sich die Belagerten fröhlich die Hand und schwuren, eher mit ihrer Stadt unterzugehen, als dem Feinde die Thore zu öffnen. Und ihr Muth hielt aus bis zum letzten Augenblick – ihr Hohngelächter und Jubelgeschrei verfolgte bald darauf die abziehenden Schweden, welche das treue Freiberg von jener Zeit an nicht mehr anders als die „Hexenstadt“ nannten.
Es war am 17. Februar 1643 als Nachts gegen 11 Uhr von Lichtenberg zwei dumpfe Karthaunenschüsse herüberdröhnten und bald darauf zwei Raketen emporstiegen. Es waren die Losungszeichen der Kaiserlichen, die zur Rettung der Stadt heraneilten. Die Bürger und Soldaten stürzten einander in die Arme und jubelten über die zerschossenen Wälle und Thurmzinnen hinaus; aber auch im Schwedischen Lager ging es lärmend her, denn die Belagerer rüsteten sich zum Abzuge. Am frühen Morgen des 18. Februar zog die kaiserliche Avantgarde unter Anführung des Grafen Broy in die halbzertrümmerte Stadt, von deren Thürmen der Doppeladler und das Banner mit dem Sachsenwappen sie fröhlich begrüsste. Bald darauf folgte auch der kaiserliche Generalfeldmarschall Piccolomini mit mehreren hohen Offizieren und das Erstaunen Aller erreichte den höchsten Grad, als sie den Zustand der Befestigungen und die geringe Anzahl der Vertheidiger erblickten.
Einen unsterblichen Namen hat sich Freiberg durch diese heldenmüthige Vertheidigung erworben. Acht Wochen lang konnte sich eine Landstadt mit einfacher Fortification gegen eine zahlreiche und vorzüglich bewaffnete Armee halten. Mehr als fünftausend Schüsse wurden gegen Freibergs Mauern abgefeuert und vierzehn Minen gesprengt. Der Kaiser Ferdinand liess bei der Nachricht von dem Entsatze Freibergs in der Hofkirche das Te Deum singen und sogleich ein Schreiben an den Generalfeldmarschall Piccolomini abgehen, worin er ihn beauftragte, der Garnison und Bürgerschaft Freibergs in kaiserlicher Majestät Namen zu danken und dem Obersten von Schweinitz nebst dem Bürgermeister Schönleben mitzutheilen, dass binnen zwei Tagen der Graf von Bois in Freiberg eintreffen und ihnen kaiserliche Gnadenketten, im Werthe von tausend Thalern für den Obersten und fünfhundert Thalern für den Bürgermeister, einhändigen würde. Dazu erhielt Jonas Schönleben ein Adelsdiplom, Schweinitz aber die Erhebung in den Reichsfreiherrnstand.
Nach seiner Zerstörung durch die Schweden erhob sich Halsbach bald wieder aus der Asche und ist seit jener Zeit von keinem bedeutenden Unfalle betroffen worden. Durch eine Abänderung und Erweiterung des Schulbezirks wurde es nöthig, ein neues Schulhaus zu erbauen, in welchem gegen hundert Kinder Unterricht erhalten. Die Einwohnerschaft, gegen dreihundert Köpfe stark, besitzt nur sehr wenig Feld und nährt sich hauptsächlich vom Bergbau.
Halsbach ist in die Kirche des nahen Dorfes Conradsdorf eingepfarrt. Dieselbe war ursprünglich eine Kapelle, die zum Gebrauche der Pilger diente, welche nach dem Gnadenbilde im Cisterzienserkloster Altenzelle bei Nossen wallfahrteten. Bis zur Reformation hatte dieses Kloster in Conradsdorf einen Caplan, der daselbst den Gottesdienst besorgte; nach Herzog Georgs des Bärtigen Tode aber wurde die Kirche unter die Superintendentur Freiberg gestellt. Einer der ersten hiesigen evangelischen Geistlichen war M. Johann Götze aus Themar, Luthers einstmaliger Famulus, der als hochbejahrter Greis erst 1601 nach siebenundvierzigjähriger Amtsführung zu Conradsdorf starb. – Die Kirche liegt auf einer Anhöhe und ihr gefälliges Aeussere entspricht keineswegs dem düsteren und feuchten Innern. Die alte vortreffliche Orgel ist ein Werk des berühmten Silbermann. – 1632 drangen die Croaten in
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Schlösser und Rittergüter im Königreiche Sachsen IV. Section. Expedition des Ritterschaftlichen Album-Vereins, Leipzig 1856, Seite 28. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_IV.djvu/051&oldid=- (Version vom 9.4.2017)