Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen II. Section | |
|
der sich nach Südwesten hin verbreitet und sich westlich auf den hohen Dahrener Berg hinauf zieht.
Die herrschaftliche Wohnung ist ein schönes, bequem eingerichtetes Gebäude, welches von massiven Wirthschaftsräumen umgeben wird.
Schriftsässig gehörte zum Rittergute seit 1493 das Dorf Irgersdorf, worüber noch 1559 das bischöfliche Amt die Obergerichte hatte, sowie dem dasigen Pfarrer bis zum Jahre 1730 über einen Theil des Dorfes die niedere Gerichtsbarkeit zustand, die aber im gedachten Jahre an den Gerichtsherrn abgetreten wurde.
Der Ort selbst erstreckt sich am Butterwasser entlang, welches 2 Mahlmühlen, eine Bretmühle und eine Papiermühle hier treibt.
Der Ort überhaupt ist nicht unbedeutend. Es werden hier 2 Jahrmärkte abgehalten und von vielen hier wohnenden Webern wird Leinwand und Garn geliefert, auch die Pfocken- und Packleinwand gefertigt.
Die 150 Häuser mit 800 Einwohnern gehören in das Gerichtsamt Stolpen.
Thürmsdorf, an dem Behnebach, ¾ Stunde vom Königstein, zwischen der Festung und den Bärensteinen auf einer freundlichen Anhöhe gelegen. Die Aussicht auf den Königstein ist wirklich imposant zu nennen.
Das nicht zu grosse Rittergut liegt östlich überm Dorfe, trägt einen Thurm mit einer Schlaguhr und gewährt mit seinen schönen Gebäuden ein herrliches Bild.
Unter dem östlichen Ende des Thürmsdorfer Bärstein steht der Schaafstall des Ritterguts, ebenfalls ein vortreffliches Bild, welches bei dem Aus- und Einzug dieser Thiere so verschiedenartige Gedanken erregt.
Die früher vereinigten Güter Struppen und Thürmsdorf waren Besitzthum der Herren von Bärnstein und später der Herren von Bünau.
Im 18ten Jahrhundert gehörte es einen Herrn Blechschmidt, zu Anfang des 19ten Jahrhunderts den Herren Marbach (Adolph Wilhelm) und im Jahre 1827 erkaufte es Herr Heinrich Laurentius Le Fêvre, in dessen Familie es sich jetzt noch befindet.
Eingepfarrt ist Thürmsdorf nach Königstein, hat aber seine eigne Schule, über welche dem Ministerium des Cultus und öffentlichen Unterrichts das Collaturrecht zusteht.
Die Einwohner leben in 4 Bauergütern, 41 Gärtnerwohnungen und einigen 40 Kleinhäusern, worunter 2 Mühlen sich befinden und besteht deren Seelenzahl über 400, die in dem Gerichtsamte Königstein Recht leidet.
Tieffenau, auch Tiefenau geschrieben, 3½ Stunde von Grossenhain, 1 Stunde von der preussischen Grenze, am linken Ufer der kleinen Röder, in einer seichten, waldigen Gegend gelegen.
Der Ort ist sehr alt und gehörte den Naumburger Bischöffen. Bischoff Rudolph verkaufte Schloss und Ort im Jahre 1284 unter Vorbehalt der Lehnshoheit an Heinrich den Erlauchten.
Unter Kaiser Karl IV. kam Gut und Ort zur Nieder-Lausitzer Landvoigtei, von welcher es dann wieder abgetrennt wurde und an das Geschlecht derer von Köckeritz überging.
Im Jahre 1422 war es im Besitz eines Alisch von Köckeritz. Aber noch in demselben Jahrhundert kaufte es der reiche, mit so vielen Gütern Sachsens beliehene Heinrich Rudolph von Bünau der ältere etc., von welchem Geschlechte es dann auf die von Pflugk überging und zu einem Majorat erhoben wurde. Einer dieser Majoratsherren war der im J. 1712 verstorbene Oberhofmarschall und Reichsritter August Ferdinand von Pflugk, dessen Wittwe die symmetrisch und gefällig angelegte im J. 1718 eingeweihte Kirche zu Tieffenau erbaute.
In den Besitz später gelangte des Majorats der Oberhofmarschall von Löwenthal, der 1752 wieder dem Kreis-Commissar Johann Georg von Pflugk u. s. w. Platz machte. Der jetzige Besitzer ist Obrist von Pflugk in Dresden.
Das schöngebaute Schloss ist eine Zierde für die hiesige Gegend, an welches ein grosser Kunstgarten stösst.
Die Fluren an Feldern und Wiesen gehören der bessern Bodenklasse an, die Waldungen sind reich und gut bestanden.
Mit dem Majorate ist Cottwitz und Gohrisch verbunden, welches früher im 16ten Jahrhundert mit Zabeltitz vereinigt war und die Schäferei und eine herrschaftliche Schenke besitzt.
Schriftsässig gehörten vor der neuen Gerichtsorganisation Spansberg und Röderau und ein Theil von Pulsen dazu, das Gut selbst wurde mit einem Ritterpferd verdient. Die Tochterkirche von Spansberg befindet sich in Tieffenau, über welcher die Gerichtsherrschaft die Collatur übt, sowie über die Kirche in Spansberg. Das in Gohrisch liegende Forsthaus ist geschichtlich merkwürdig geworden.
Bei diesem Forsthause empfing Friedrich August I., begleitet von dem Kronprinzen und allen Rittern des polnischen weissen Adlerordens, den König von Preussen, Friedrich Wilhelm, welcher zum grossen Zeithayner Campement Einladung erhalten hatte.
Der Oberhofmarschall Baron von Löwenthal bewirthete die Könige auf das Gastfreundlichste unter grünen Zelten, neben welchen 32 sechsspännige mit herrlichen Rossen bespannte Galawagen und zum Transport der Tafelservice eine grosse Menge Maulthiere mit Purpurdecken u. s. w. hielten.
Der Kronprinz von Preussen hatte das Schloss Tieffenau zur Bewohnung innen und für den Kronprinzen von Sachsen war ein leichter Palast besonders gebaut worden.
Die Einwohner, welche aus 250 Seelen jetzt bestehen, sind zum Gerichtsamte Grossenhain gewiesen.
Weissig, 2 Stunden östlich von Dresden, von einer nach Süden zu laufenden Kette freundlicher Hügel umschlossen, unter denen der Hutberg sich befindet, auf welchem die alte Burg „Woz“ gestanden haben soll.
Das hiesige Rittergut hat nur trockne Zinsen und weder Grundstücke noch herrschaftliche Gebäude.
Ueber die dasige Kirche und Schule ist der Besitzer des Gutes Collator.
Das Rittergut oder vielmehr Vorwerk war früher ein Klostergut und wurde erst nach der Reformation in besondere Hände verliehen.
Wir finden hier die Herren von Lüttichau und im 19ten Jahrhundert die Herren Müller, welche es zuletzt mit der gerichtlichen Taxe von 11490 Thlr. feil boten. Im J. 1828 besass es der Kaufmann Christian Gottfried Schmidt in Dresden. Später kam das Gut an die Frau Hofräthin Räblock.
Der jetzige Besitzer ist Herr Adv. Dr. jur. Weinhold in Dresden. Eingepfarrt sind die Orte Gönnsdorf, Pappritz, Ullersdorf und ein Theil der Bühlauer Amtsgemeinde.
Die Einwohner, deren Seelenzahl über 800 beträgt, sind dem Gerichtsamte Königstein zugewiesen.
Wilmsdorf, ursprünglich Willmannsdorf, liegt 2 Stunden von Dippoldiswalde, 1 Stunde östlich von Rabenau, 1000 Schritte westlich von Possendorf in einer anmuthigen, milden Gegend am Anfange des Poissenbaches und nicht zu weit vom Poissenwalde. Der Poissenbach entspringt im tiefen Wilmsdorfer Grunde und fällt nach einem Laufe von 1½ Stunde in die Weisseritz.
Das hiesige Vorwerk oder kleine Rittergütchen war lange Zeit mit Possendorf combinirt und erst 1780 wieder davon getrennt, erhielt Ober- und Erbgerichte und die Schriftsässigkeit.
Blos im 15ten Jahrhundert wurde es selbstständig bewirthschaftet und gehörte im Jahre 1406 einer Wittwe Monhaupt auf Wilsdruf. Im 19ten Jahrhundert besass es ein Lieutenant von Ende; im Jahre 1820 wurde das Gut auf 12,510 Thlr. taxirt. Später kam es an das Geschlecht derer von Gablenz und jetzt besitzt es Herr Hellmuth von Otto.
Es hatte 1⅞ Hufe und weiter kein Zubehör.
Der Ort stösst südwestlich an Börnchen an. Der Ort selbst ist nicht unbedeutend. In 50 Häusern leben an 300 Einwohner, darunter 7 ganze, 5 halbe Bauern, 14 Gärtner und mehre Häusler sich befinden.
Eingepfarrt ist das Dorf nach Possendorf und hinsichtlich der Rechtsuchenden ist das Gerichtsamt Dippoldiswalde competent.
Es heisst gewöhnlich Wilmsdorf mit den Poissenhäusern, weil in dem tiefen Grunde am Poissenbache einige Häuser stehen.
Wellerswalda, 1 Stunde von Oschatz, an einem nach Strehla in die Elbe fliessenden Bache.
Ein alter Ort ist Wellerswalda und gehörte bereits im 15. Jahrhunderte (1472) einer Linie derer von Truchsess (seit 1501 einem Heinrich von Truchsess und um 1592 dem Hans und Franz von Truchsess), welche das Gut im Jahre 1620 an Georg I. verkauften, welcher es wieder an Christoph von der Sahla überliess. Im J. 1630 ward Hans Christian von Kottewitz damit beliehen, Christian von Döring besass es 1654.
Im Jahre 1660 wurden die Herren von Oppel Besitzer von Wellerswalda und mit Ausnahme zu Anfang des 18ten Jahrhunderts, wo es der Kammerrath David von Döring inne hatte, sind die von Oppel bis auf die neueste Zeit im Besitze, des Gutes geblieben. Der jetzige Besitzer ist Herr Carl Julius Wilhelm von Oppel.
Das frühere alte Schloss, im Style des Mittelalters erbaut, wurde durch Feuer im Jahre 1683 zerstört und das jetzige Herrenhaus innerhalb der Hofrhede ist ein massives Gebäude von 2 Stocken und von den Wirthschaftsräumen und Brauhaus umgeben.
Das Gut selbst war mit 2 Ritterpferden belastet und bestand ehemals als Herrschaft.
Collator ist der Besitzer des Gutes über dasige Kirche und Schule; ein Filial ist zu Liebschütz und eingepfarrt ist Gaunitz. An Areal besitzt dieses Gut 8 Acker Gärten. 262 Ruthen Hopfen, 352 Acker Feld, 78 Acker Wiesen, 90 Acker Land, welche ebenfalls zu Feld umgearbeitet werden, 34 Acker Holz.
Wellerswalde hat 50 Häuser und über 300 Einwohner, die beim Gerichtsamte Oschatz Recht suchen müssen.
Zschaiten mit Collmitz, 2¼ Stunde von Grossenhain, 1½ Stunde von Riesa. Das Rittergut Zschaiten ist mit Collmitz combinirt und hat die einzige geschichtliche Bedeutung, dass auf dem Gute 1730 der Marquis von Fleury seine Wohnung fand.
Es war früher Klostergut und kam erst nach der Reformation in Privathände. Die Herren von Schönberg besassen das Gut längere Zeit; seit 1820 war Johann Friedrich Adolph Weiland damit beliehen und 1827 erkaufte die Güter Herr Schnorr. Der derzeitige Besitzer ist Freiherr von Palm auf Zschaiten und Lauterbach.
In Zschaiten ist eine Filialkirche von Glaubitz. Der Schullehrer wird vom hiesigen Besitzer des Gutes gewählt.
Der Ort hat über 40 Häuser und 200 Einwohner, die zum Gerichtsamte Riesa gehören.
Zschauitz, in Ober- und Nieder-Zschauitz getheilt, wovon ersteres auf dem rechten Ufer des Hoppebaches, letzteres am linken und so, dass sie nahe zusammen liegen.
Das Gut ist in Nieder-Zschauitz, wogegen Ober-Zschauitz jetzt zum Rittergute Naundorf bei Grossenhain gehört.
Nach der Reformation gehörte das Gut dem Bruder des Raths von Kommerstädt, dem es Kurfürst Moritz für Gersdorf bei Nossen überliess, aber schon 1580 war es in den Händen des Consistorialpräsidenten Dietrich von Schleinitz.
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen II. Section. Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser, Leipzig 1856, Seite 19. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_II.djvu/379&oldid=- (Version vom 3.6.2018)