Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen II. Section | |
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Das Dorf Skassa liegt Dreiviertelstunden westlich von Grossenhain auf dem linken Ufer des Röderflusses an der von Hain nach Riesa führenden Strasse; auch zieht sich die Leipzig-Dresdener Eisenbahn an der südwestlichen Gränze der Ortsfluren hin, so dass der nächste Anhaltepunkt, der bei Medessen, nur zwanzig Minuten, der Bahnhof Priestewitz eine Stunde von hier entfernt ist. Die Röder durchschneidet in zahlreichen Krümmungen einen Theil der hiesigen Fluren und verändert ihre Richtung nach Westen unterhalb des Dorfes dergestalt, dass sie einen rechten Winkel bildet und dann in nördlicher Richtung fortströmt. An ihren Ufern, mit hohen Eichen und Erlen bewachsen, ziehen sich zahlreiche Wiesen und Triften hin, die wieder von Bäumen und Sträuchern eingefasst sind oder mit schattigen Wäldchen abwechseln. – Da sich hieran zu beiden Seiten kleine Anhöhen schliessen, die entweder freie Aussichten gestatten oder mit Gebüsch bewachsen sind, so giebt es hier in kleinerem Massstabe auch Berg und Thal und der liebliche Wechsel von Feld und Wiese, Laubholz, Teichen, Höhen und Gründen verbannt jede Einförmigkeit. Namentlich ist die hiesige Flur reich an trefflichen Quellen, die auf Wiesen und in Wäldchen entspringend, zum Theil weder der Gluth des Sommers erliegen noch bei der bedeutendsten Kälte gefrieren. Die meisten dieser Quellen vereinigen sich mit der Röder, während einige im Scharenz, einem Gehölze, entspringend, einen andern Weg nehmend, nach einstündigem Wege unmittelbar in die Elbe münden. Vorher einige Teiche speisend, bildet dieses Gewässer die Gränze zwischen Naundörfchen und Weissig, bekommt hier den Namen Leckwitzbach und treibt als solcher bei dem Dorfe Leckwitz, also nahe der Elbe, eine Mühle (die Rosenmühle).
Das Dorf Skassa liegt an einer kleinen von Südwest nach Nordost abfallenden Anhöhe und hat in seiner ursprünglichen Anlage nur eine Gasse gebildet, woher auch sein Name entstanden sein soll; denn das wendische Wort hassa bedeutet eine Gasse und Skassa ist sorbischen Ursprungs. In Urkunden wird der Ort Sckassa, Schlessau und im dreizehnten Jahrhundert Schassowa genannt. Jetzt zählt derselbe neunzehn Feuerstätten mit ungefähr zwei hundert Einwohnern, nämlich das Rittergut sammt Wirthschaftsgebäuden, die geistlichen Gebäude, die Schlossmühle, neun Viertelshüfner und fünf Häuser, wovon eines die Schmiede mit Schankwirthschaft und Brennerei. Diese neunzehn Baustellen bilden das eigentliche Dorf, an dessen oberen Ende die Hain-Riesaer Strasse hingeht und dessen unteres die Röder begränzt. Drei Brunnen mit herrlichem Quellwasser befinden sich am oberen Ende und leiten ihren Ueberfluss das Dorf entlang in Röhren dem Rittergute zu. Unterhalb der Schlossmühle führt eine Brücke über die Röder und einen langen mit Schleussen versehenen Damm, der oft bei grossem Wasser überschwemmt wird, nach dem sogenannten Haideberge, wo das herrschaftliche Winzerhaus und ein Weinberg liegen. Noch weiter westlich befindet sich die Neumühle, welche bereits unter diesem Namen schon im sechszehnten Jahrhundert vorkommt. Auf der entgegengesetzten Seite liegen die herrschaftliche Schäferei, zwei Drescherhäuser und vier Häuslernahrungen, welche sammt dem entfernter gelegenen Armenhause eine Art von besonderem Dorfe bilden.
Vor dem dreissigjährigen Kriege war Skassa ein viel bedeutenderer Ort als jetzt; denn damals befanden sich hier zwei Rittergüter, neun Bauern und fünf Halbhüfner, und das Areal des Dorfes rechnete man zu fünfzehn Hufen. Schon damals aber muss es auch einen abgesonderten Dorftheil, bestehend aus der Schäferei und einigen Häusern, gegeben haben, der in den ältesten schriftlichen Ueberlieferungen die Hinterstadt oder auch das Hinterdorf genannt wird. Noch jetzt bezeichnet man als dessen Stätte den nördlichen Abhang des Schafberges, wo jetzt ein Weg, von dem herrschaftlichen Lustgarten aus, an der Stockwiese hin, nach der Hainer Strasse führt. Dieser Dorftheil verschwand im dreissigjährigen Kriege, wo das Dorf von schweren Verhängnissen heimgesucht wurde. In den Jahren 1632 und 1637 raffte hier die Pest fast sämmtliche Einwohner hin und durch die Nähe des damals befestigten Grossenhains wurde die Gegend von den Banner’schen und Torstenson’schen Kriegsleuten verwüstet und die Ortschaften erfuhren oft völlige Zerstörung, ein Schicksal, das auch Skassa traf.– Was nach dem Hussitenkriege mit den Gütern zu Nauendorf geschehen war, die man mit dem Vorwerke vereinigte, das geschah auch in Skassa, wo sämmtliche Bauergüter mit dem Rittergute alten Theils vereinigt wurden, welches durch diese vierzehn Hufen ein Areal von acht hundert Ackern erlangte. Ob die Besitzer des Rittergutes die Bauern dafür entschädigten, oder ob, nach anderer Mittheilung, der Landesherr die herrenlosen Güter zur Wiedergewinnung der landesherrlichen Abgaben den Edelleuten überliess, lässt sich nicht bestimmen; auf jeden Fall aber entstanden kleine Wirthschaften, deren Besitzer für das erhaltene Land und andere Nutzungen und Vortheile dem Gute fröhnen mussten. So wurden hier anfänglich sechs Wirthschaften gegründet, die sich bald vermehrten, wodurch endlich das jetzige Dorf entstand. Die beiden Mühlen hatten sich erhalten, obgleich die Neumühle, eine jetzt so werthvolle Besitzung, einige Male völlig wüst lag und herrenlos war. Da sich selbst für den lächerlichen Preis von dreissig Gulden kein Käufer fand, nahm die Regierung das Mühlengrundstück
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen II. Section. Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser, Leipzig 1856, Seite 92. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_II.djvu/138&oldid=- (Version vom 3.6.2018)