Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen II. Section | |
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Thurm stand nicht hundert Jahre, denn schon 1815 musste er wegen drohenden Einsturzes abgetragen werden. Der neue Thurm, welcher 1550 Thaler kostete, wurde 1816 vollendet und bei dieser Gelegenheit hatte die Gemeinde wiederum Veranlassung die Wohlthätigkeit der Heynitzischen Familie mit dankbarem Herzen anzuerkennen, da der Kammerherr Gottlob Benno von Heynitz und andere Freunde des Gotteshauses durch Erleichterungen und milde Spenden den Bau bedeutend förderten. Die Kirche, welche ein helles und freundliches Innere zeigt, birgt noch verschiedene alte Steinbilder, welche dem Andenken längst verstorbener Mitglieder der Familie von Miltitz gelten, die namentlich um die Zeit der Reformation lebten. Dass die Miltitze grosse Frömmigkeit besassen beweisen nicht nur die reichlichen Dotationen der Pfarre an Aeckern Wiesen und Waldung, sondern scheint auch daraus hervorzugehen dass sämmtliche geistliche Gebäude auf des Rittergutes Grund und Boden erbaut sind. Uebrigens haben auch die von Luckawen und von Heynitz für die Kirche segensreiche Opfer gebracht, indem sie unter Anderem Legate gründeten, deren Zinsen zum Besten der Kirche und ihrer Diener, sowie der Hausarmen und mittellosen Schulkinder verwendet werden.
Wenn man von der Residenzstadt Dresden bis Pirna gelangt ist und den Weg nach der Festung Königstein, oder sonst noch Parthien auf dem linken Elbufer des meissner Hochlandes unternehmen will, betritt man, nachdem man den Hausberg bei Pirna erstiegen hat und an der Heilanstalt Sonnenstein vorüber gegangen ist, eine grosse Hochebene, von wo aus man westlich das Elbthal mit einer weiten Fernsicht, südlich die Anfänge des Erzgebirges und östlich und nördlich die gehobenen Steine und Berghöhen des meissener Hochlandes vor sich hat. Verfolgt man den Weg in der Richtung der Festung Königstein so wird man nach Verlauf einer kleinen Stunde an einen Thaleinschnitt gelangen, welcher seinen Anfang im Elbthale oberhalb Thürmsdorf und seinen Ausgang in den felsigen Parthien des Elbthals bei Vogelgesang hat. Auf der Höhe des Weges, welcher in das Thal führt, wo sich ein schönes überraschendes Bild dem Auge darbietet, führt rechts ein Weg nach dem Rittergut Neustruppen, das auf felsigen Höhen gegenüber dem Staatsgute Kleinstruppen gelegen ist. Beide Güter auf den Thalhöhen beherrschen das Thal; in welchem sich lieblich die drei Dörfer Neustruppen, Struppen und Kleinstruppen mit Kirche, Pfarre und Schule ausbreiten.
Das Rittergut Neustruppen ist keines der älteren Rittergüter im meissener Hochlande, sondern gehört zu den jüngern. Dasselbe hat als Hof vor dem 30jährigen Kriege gar nicht existirt. Das Rittergut Langhennersdorf hat alda eine kleine Fläche Landes besessen, welche zur Schafhutung wahrscheinlich benutzt worden, wo einige Häuser, eine Mühle und ein Ackergut von einer halben Hufe Landes angebaut gewesen ist, welche lehnspflichtige Unterthanengrundstücke von Langhennersdorf waren.
Im Jahre 1644 kaufte der damalige Besitzer von Langhennersdorf und Zehista Artillerie-Oberstleutnant, Amtshauptmann und Inspector des Hauses Sonnenstein Johann Siegesmund von Liebenau zur Vergrösserung seines Grundstücks in Struppen einige wüstgelegene Bauerngüter von Struppen und Keitschwitz und baute wahrscheinlich um diese Zeit einige Wirthschaftsgebäude. Derselbe kaufte auch im Jahre 1654 einige wüste Plätze im Walde von der Brauerei in Struppen, um dadurch eine Verbindung mit dem Rittergute Langhennersdorf herzustellen und dieses Vorwerk in Struppen als ein Schäfereigut zu benutzen. Um diese Zeit ist auch die Erbauung einer Berghütte an dem Struppenbache von der Kirche zu Struppen geschehen, wobei die Uebernahme der Instandhaltung des Weges am Struppenberge der Kirchfahrt zu Struppen mit 200 Mfl. bezahlt wurde.
Dieses Vorwerk in Struppen ist nun bis zum Jahre 1708 bei dem Rittergute Langhennersdorf verblieben, wo denn der damalige Besitzer General Graf von Zinsendorf dieses Grundstück vom Hauptgute getrennt, an die Gebrüder Trömer in Dresden verkauft oder vertauscht hat. Von dieser Zeit ab erscheint es in den Urkunden als Gut Neustruppen, und nachdem die Gebrüder Trömer daselbst ein Wohnhaus, welches jetzt noch steht, und mehrere Wirthschaftsgebäude erbaut haben, ist ihnen auch seit 1713 die Schriftsässigkeit und eigne Gerichtsbarkeit gegeben, obschon das Gut kein Ritterpferd gehabt hat, sondern nur mit Schock- und Quatembersteuern belegt war. Haben nun seit 1720, wo es die Gebrüder Trömer an Hrn. Gasteln verkauft, die Besitzer oft gewechselt und ist dieses Gut einigemal von den Besitzern zu Kleinstruppen und Thürmsdorf besessen und durch Zu- und Verkauf einiger Bauerngüter in Struppen in Areal verändert worden, so wurde in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts weiter nichts Bemerkenswerthes vorgenommen, als dass im Jahre 1722 der Besitzer Kriegscommissar Merbach von dem König in Polen und Churfürsten von Sachsen August dem Starken einen Freibrief zum Vogelstellen und Anlegung eines Vogelheerdes ausgewirkt hat, da die Jagdnutzung zu den Regalien der Krone gehörte.
Zur Zeit des 7jährigen Krieges ist die Umgegend von Pirna so auch Struppen stark belästigt worden, preussisches und später auch Reichs- und Kaiserliches Militair haben die Ortschaften hart bedrängt, so dass
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen II. Section. Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser, Leipzig 1856, Seite 71. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_II.djvu/107&oldid=- (Version vom 3.6.2018)