Zum Inhalt springen

Seite:Album der Schlösser und Rittergüter im Königreiche Sachsen II.djvu/096

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

am 6. Mai und folgende Tage in das Schloss zu Proschwitz. Bis an das jenseitige Ufer drangen die Franzosen vor.

Am 27. September 1813 rückte des Abends die Französische Division des General Cohorn mit 8000 Mann, als eine Abtheilung des Corps vom Marschall Marmont, aus der Gegend von Grossenhayn in die nächste Umgebung des Dorfes von Proschwitz und bivouakirte auf dessen Feldern. General Cohorn mit seinem Stabe quartierte sich ins Schloss. Die Nacht wurde fouragirt, die sämmtlichen Kühe und ein grosser Theil der Schaafe wurden ins Bivouak geholt und geschlachtet, das Dorf von den Franzosen unter dem Vorwande zu fouragiren, geplündert und viele Excesse begangen. Die auf dem Berge bei Proschwitz befindliche Windmühle wurde von den Franzosen theilweise abgerissen und das Holz davon auf dem Bivouak verbrannt. Alles was an Holz bemerkbar war, wurde aus dem Dorfe geschleppt, und die Wachtfeuer damit versorgt. Schon mehrere Tage vor dem 27. September waren von Französischen Ingenieurs auf den Höhen von Proschwitz Schanzen aufgeworfen und ein Brückenkopf an der Elbe, Meissen gegenüber, unter persönlicher Anwesenheit des Kaisers Napoleon, angelegt worden. Die Kanonen auf die Höhen von Proschwitz zu schaffen wurde ein Weg durch die steilen Weinberge geführt, der sehr schwer zu bewerkstelligen war. Tags darauf, am 28. September früh, rückte die Division des General Cohorn den austürmenden Russen des Sackenschen Corps entgegen, die aus der Gegend um Grossenhayn die Elbe zu erreichen und zu passiren bemüht waren. Vor dem Dorfe Proschwitz und in demselben entspann sich ein ziemlich bedeutendes Scharmützel. Die Franzosen mussten weichen und zündeten die Schäferei vor dem Dorfe an, um ihren Rückzug zu decken, und die Schiffbrücke zu erreichen. Die Kanonen aus den Schanzen, die nur wenig gebraucht und benutzt werden konnten, folgten den Französischen Truppen in schneller Flucht. Die Russischen Jäger und Kosaken verfolgten die Franzosen fechtend bis an die Schiffbrücke, welche sofort, nachdem die letzten Franzosen sie passirt hatten, abgebrochen wurde. Die Russischen Jäger durchsuchten nach der Einnahme des Dorfes das Schloss zu Proschwitz, in der Erwartung noch versteckte Franzosen zu Gefangenen zu machen. Bei dieser Gelegenheit ward Alles das, was annehmlich erschien, mit fortgeschleppt und in das Bivouak vor das Dorf transportirt. Mehrere Todte, die von beiden Seiten auf dem Platze geblieben waren, wurden sofort beerdigt. Das Sackensche Corps blieb 5 Tage in der Umgegend währenddem von den entgegengesetzten Höhen bei Meissen die Franzosen das Dorf mit glühenden Granaten beschossen. Glücklicherweise zündete keine von ihnen. Mehrere Dörfer in der Nähe wurden ein Raub der Flammen. Nach verschiedenen Versuchen die die Russen machten die Elbe zu passiren, gelang es nach 5 Tagen bei Merschwitz, wo die Kosaken durchschwammen, und die am jenseitigen Ufer von den Franzosen versenkten Schiffe und Kähne aufsuchten, um sie zum Uebergange zu benutzen. Die Franzosen zogen sich in die Gegend von Leipzig zurück, wo sich die Schlacht von Leipzig vorbereitete.

Proschwitz ist mit Niederfähre, Bonitzsch, Okrylla, Rottwitz und Winkwitz in die Kirche zu Zscheila eingepfarrt, eines der ältesten Gotteshäuser der Gegend, welche dem heiligen Georg gewidmet war. Im Jahre 1512 wurde die damals ziemlich kleine Kirche bedeutend verlängert und neun Jahre darauf der Thurm erbaut, doch wurde dieser 1667 erneuert und mit einer Uhr geziert, welche sich früher auf den churfürstlichen Jagdschlosse Sitzerode befand. Bei diesem kostspieligen Baue und anderen frommen Opfern betheiligte sich namentlich durch grosse Mildthätigkeit der Rittergutsbesitzer auf Proschwitz, Kammerrath Werdermann, dessen Andenken durch sein in der Kirche aufbewahrtes Bildniss und eine Inschrift an der grossen Glocke erhalten wird. Bis zum Jahre 1539 war Zscheila eine Propstei, doch hatte der Propst seinen Sitz nicht hier, sondern in Grossenhayn, in Zscheila wohnten dagegen vier Chorherren und ein Pfarrer. – Auf der Stelle wo jetzt die Kirche befindlich ist, soll in grauer Vorzeit die Burg Zschillow, der Sitz eines kaiserlichen Burgwards gestanden haben, und die Sage behauptet dass, gleichwie in Proschwitz und einigen anderen reizend gelegenen Orten des Elbthales, auch hier der Bischof Benno sich oft aufhielt und die Kirche gründete, gewiss ist dass der Bischof hier eine Glocke taufte, und einen Umkreis bestimmte, innerhalb dessen sie vor dem Blitzstrahle schützte. Die schöne grosse Kirche zu Zscheila mit ihrem hundertundvierzehn Ellen hohen Thurme ist eine Zierde der ganzen Gegend und kann selbst von den Höhen der Sächsischen Schweiz wahrgenommen werden. Im Jahre 1395 erhielt die Zscheilaer Kirche gleich dem Dome zu Meissen die Vollmacht des Ablasses wegen des grossen Jubeljahres.

O. Moser, Redacteur.     



Empfohlene Zitierweise:
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen II. Section. Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser, Leipzig 1856, Seite 64. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_II.djvu/096&oldid=- (Version vom 3.6.2018)