Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen II. Section | |
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Dittersbach und Rossendorf bildeten in alten Zeiten ein Rittergut, und wurden durch ein Ritterpferd verdient, wesshalb auch in neuerer Zeit ein Theil der Donativgelder von Rossendorf an den Besitzer von Dittersbach gezahlt und von diesem der ganze Betrag eines Ritterpferdes entrichtet wurde. In alten Schriften kommt Dittersbach unter dem Namen „Ditirsbach“ und Rossendorf unter „Rottendorf“ vor; 1348 besass dieses Ludoldus de Turgow, auch Thirko de Wylen genannt, und jenes Otto Karaz (Karras). Die Herren von Turgow oder Torgau waren ein altes, reiches Geschlecht, dessen in der Geschichte unseres Vaterlandes oft Erwähnung geschieht. Schon 1217 wird in Urkunden des Klosters Dobrilugk ein Friedrich von Turgow genannt. 1256 verkauften die Gebrüder Bodo und Dietrich von Turgow mit Erlaubniss Markgraf Heinrichs des Erlauchten einen Werder an dasselbe Kloster. In demselben Jahre werden Bodo, Friedrich, Dietherich, Heinrich und Witigo als Söhne des alten Ritters Diether von Turgow genannt. Bodo’s von Turgow erwähnt eine Urkunde von 1264 als Zeugen bei einer Bestätigung des Klosters Marienstern. Als 1298 König Albrecht zu Nürnberg einen glänzenden Reichstag hielt, verlobte sich daselbst Markgraf Heinrich von Havelland, Landsberg und Delitzsch mit Agnes, der Wittwe Landgraf Heinrichs von Hessen, und unter den Bürgen für das ausgesetzte Heirathsgut befand sich auch Ritter Dietrich von Turgow mit seinem Sohne Friedrich. Richard von Turgow war 1318 mit dem Markgrafen Waldemar im Feldlager vor Camenz. Bodo und Friedrich von Turgow waren Anhänger des falschen Markgrafen Waldemar und Hessen sich von ihm mit einigen Gütern belehnen; 1350 finden wir jedoch Bodo von Turgow zu Budissin unter Waldemars Gegnern, mit denen er selbigen für einen Betrüger erklärte. 1372 kommt Dietrich von Turgow mit Reinhard von Strele bei einer Veräusserung von Zinsen an den Abt des Klosters zu Neuzelle vor. Volczsch von Turgow besass 1445 die beiden Rittergüter Dittersbach und Rossendorf. Dieses ritterliche Geschlecht erhielt sich im Besitz von Dittersbach bis 1460 während die Herren von Rossendorf oft wechselten. Der Ritter Heinrich von Starschedel vereinte 1460 beide Güter wiederum; Eschdorf aber, welches aus zusammengekauften Bauerngütern bestand, wurde immer zum Leibgedinge der Edelfrauen bestimmt, deren Gatten Herren auf Rossendorf waren.
Im Jahre 1543 kamen die Güter Dittersbach und Rossendorf an den Churfürsten Moritz, dessen Bruder, Churfürst August, sie 1554 an den berühmten Staatsmann Dr. Hieronymus Kiesewetter (welcher die Freistelle auf der Afraschule stiftete und 1556 als Geheimrath und Kanzler starb) verlieh. Sein Sohn Christian gründete die 1751 erloschene Dittersbacher Linie derer von Kiesewetter, und starb hier im Jahre 1598. Auf die Kiesewetter folgte 1684 Alexander von Miltitz, und nun erst wurde Eschdorf zum Rittergute erhoben. Die Herren von Miltitz blieben im Besitz der drei Güter bis 1763, wo Eschdorf und Rossendorf an Johann Georg Findeisen, Dittersbach aber an einen Baron von Falkenstein gelangte. Es wechselten nunmehr die Besitzer in rascher Folge, bis Johann Gottlob von Quandt Dittersbach 1829, und Rossendorf und Eschdorf 1832, letztere von dem Finanzcommissar Maximilian Zangen erkaufte, wodurch alle drei Güter wieder in eine Hand kamen.
Oestlich, zwei Stunden von Dresden, liegt an der Stolpner Chaussee der Rossendorfer Teich, in dessen Mitte sich eine Insel befindet, auf welcher einst die Wallfahrtskapelle stand, aus deren Mitteln noch jetzt die Pfarrherren zu Weissig gewisse Einkünfte beziehen. Der heiligen Barbara, welcher diese Kapelle geweiht war, mussten die freundlichen Nixen des Teiches weichen, die vorher die Insel bewohnten und deren Andenken noch in vielen heitern Volksmährchen lebt, welche vollkommen mit den Schilderungen in Grimms nordischer Mythologie übereinstimmen. Jenseits des Sees erhebt sich ein Hügel, den der Rossendorfer Hof mit seinen vier Thürmen krönt, welcher 1840 durch den jetzigen Besitzer erbaut wurde. Ueber dem Thore zeigt sich die Inschrift: „Domus domini subjectorum refugium.“ Worte, die freilich nicht mehr zeitgemäss sind, da es jetzt keine eigentlichen Herren mehr giebt, indem Jedermann unmittelbarer Unterthan der Regierung ist. Aus den Fenstern des altertümlich geschmückten Saales, im ersten Stockwerk dieses Gebäudes, geniesst man eine überaus schöne Aussicht. – Das zum Rittergute Rossendorf gehörige Dorf zerstörte 1429 die Wuth der Hussiten. Die Lehde, welche jetzt mehreren Besitzern gehört und die „Wüstlich“ heisst, ist der Ort, wo einst das Dorf stand; das Schloss aber scheint sich noch lange erhalten zu haben und sehr umfangreich gewesen zu sein, weil hier mehrere Herren von Kiesewetter zu gleicher Zeit residirten und nach noch vorhandenen Verzeichnissen ihrer Dienerschaft einen glänzenden Hofstaat hielten. Im Jahre 1634 wurde der Rossendorfer Hof von Chursächsischen Soldaten, die Blauröcke genannt, eingeäschert.
Auf der einstigen Stätte des Rossendorfer Hofes befindet sich jetzt eine
Meissner Kreis, 5tes Heft, oder 23tes Heft der ganzen Folge.
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen II. Section. Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser, Leipzig 1856, Seite 33. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_II.djvu/050&oldid=- (Version vom 29.10.2017)