Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen II. Section | |
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besitzt: in Folge der bedeutenden Verluste aber, welche der letzte Französische Krieg herbeiführte, sah sich die Frau Kammerherrin Wilhelmine Freifrau von Friesen genöthigt, den Besitz von Cotta aufzugeben, und so wurde es im Jahre 1821 durch Meistgebot von 75000 Thaler Eigenthum des Kauf- und Handelsherrn Gottfried Christoph Härtel in Leipzig, nach dessen Tode es 1832 durch Erbauseinandersetzung seiner hinterlassenen Kinder an dessen älteste Tochter, Elwine, vermählte Freifrau von Leyser, gelangte, von der im Jahre 1840, bei seiner Verehelichung mit ihr, durch Ehevertrag und Kauf Cotta an den jetzigen Besitzer Eduard von Burchardi kam.
Das eigentliche Rittergutsareal von Cotta war während der Herrschaft der Familie Friesen bedeutend geringer, als gegenwärtig, indem es erst in neuerer Zeit durch Hinzukauf von Bauerngrundstücken bis auf 1200 Scheffel vergrössert worden ist, wovon 700 Scheffel Feld und Wiese, das Uebrige Waldung enthält. Das Gut hat Brauerei, Brennerei und Ziegelei, einen Steinbruch von Cottaer Bildhauersandstein und das Bergrecht auf Eisenstein im sogenannten Zwiesler Zuge auf Cottaer Rittergutsareal; auch ist es im Besitz der Forellenfischerei in der Gottleubebach und hat zur Zeit noch eigene Gerichtsbarkeit über Gross- und Klein-Cotta, einen Theil von Neundorf, Zwiesel und Vorberggiesshübel, ingleichen das Collaturrecht über Kirche und Schule.
Das im Album gegebene Bild vom Rittergute Cotta zeigt das Wohnhaus, welches 1662 der Geheimrath und Präsident Carl Freiherr von Friesen erbaute, und im Jahre 1833 die damalige Besitzerin, Freifrau von Leyser, durch Aenderung des Daches und der Façade nach einfachem Italienischen Styl dem neueren Geschmacke angemessener herstellen liess.
Durch seine anmuthige Lage mit herrlicher Aussicht nach dem Elbthale in der Nähe von Dresden und Töplitz, inmitten mannigfacher, sehr interessanter botanischer und mineralogischer Erscheinungen, gewährt Cotta einen höchst angenehmen ländlichen Aufenthalt. Der Cottaer Spitzberg überragt den Ort, welcher 792 Fuss über der Nordsee liegt, noch um 401 Fuss, und zeichnet sich deshalb durch eine weite prachtvolle Rundsicht aus. Gegen Abend sieht man hinab auf die lachende Gegend des Elbthales bis unter Meissen hin; südlich erheben sich die mühsam bebauten Bergrücken des Sächsischen Erzgebirges, gegen Morgen und Mitternacht aber zeigen sich die dichten Schwarzwaldungen der Sächsischen Schweiz mit ihren gewaltigen Sandsteinklippen, über denen in blauer Ferne die Schlesischen und Böhmischen Gebirge den Horizont begrenzen.
Interessant ist dieser Berg auch noch durch eine alte liebliche Volkssage, nach der in seinem stillen Schoose Zwerge, oder wie sie die hiesige Volkssprache nennt, „Quarkse“, wohnen. Aber nur einige Wenige sind zurückgeblieben von der so grossen Zahl, welche in grauer Vorzeit hier und im nahen Zwergloch des Hennersdorfer Wasserfalles hausten, harmlose, gute Geschöpfe, die den nahewohnenden Landleuten nur Gutes thaten. Sie verliessen vor mehreren hundert Jahren die hiesige Gegend und zogen jenseits der Elbe. Es hatte nämlich ein Mädchen, welche von einem der kleinen Bergbewohner geliebt wurde und viel Gutes von ihm genossen hatte, gegen ihr Versprechen die Wohnung der Zwerge am Wasserfalle in der Beichte verrathen, und so waren die armen kleinen Leute genöthigt, ihre dortige Heimath zu verlassen. Die vom Cottaer Berge, als ihre nahen Freunde und Verwandten, schlossen sich ihnen an bis auf eine kleine Zahl, welche vermuthlich wegen des grossen Schatzes, der im Spitzberge verborgen ist, zurückblieben.
Es war an einem stillen Novembermorgen, wo ein so dichter, dunkler Nebel über der Erde lag, dass man die Hand vor den Augen nicht sehen konnte, da hörte man ein Trippeln von vielen tausend kleinen Füsschen den Kirchsteg daher kommen und unterdrücktes Weinen und Schluchzen. Sie zogen durch das Rottwernsdorfer Thal nach Pirna und liessen sich dort über die Elbe setzen. Der dasige Fährmann, welcher sie wegen des dichten Nebels nicht erkennen konnte, hatte sich für jeden Kopf, den er übersetzen würde, einen Pfennig ausbedungen, und die Zwerge sind dieser Bedingung getreulich nachgekommen, indem ein Jeder seinen Pfennig in dem Kahne zurückliess, und waren darin so viel Pfennige gewesen, dass sie der Fährmann nicht zählen konnte, sondern messen musste, und ein reicher Mann dadurch geworden ist. Man sagt, sie würden einst wieder kommen, und dann der Bergbau im nahen Städtchen Bergiesshübel auch wieder aufblühen, aber Niemand weiss wann; denn das Mädchen, welches das Geheimniss verrieth und das Fortziehen der guten Geschöpfe veranlasste, wollte keine Auskunft mehr geben; sie konnte blos noch weinen und jammern, und ist bald darauf aus Reue und Herzeleid gestorben.
Der Eingang zu der noch jetzt von den Quarksen bewohnten Höhle des Cottaer Spitzberges ist nur aller neun Jahre, wenn das umstehende Laubholz geschlagen worden ist, eine kurze Zeit, und auch dann nur in beträchtlicher Entfernung vom Berge, auf dessen südlicher Seite deutlich sichtbar. In nächster Nähe der wahrgenommenen Stelle angelangt, findet man den Eingang so sorgfältig mit Steinen versetzt, dass man am Ende irre wird, wo er sich befindet, und alles Suchen danach vergeblich ist. Jedoch giebt es im Jahre einen einzigen Tag, wo die Höhle offen steht, so dass Jedermann eintreten kann; Niemand aber weiss, welches der Tag ist.
Einst war eine Frau oben am Berge grasen, als gerade die Mittagssonne gewaltig heiss schien, so dass die Frau in das Gehölz ging, um Schatten zu suchen und einige Augenblicke auszuruhen. Plötzlich befand sie sich vor einer Höhle, von der sie früher nie etwas gesehen, und als sie dem Eingange näher trat, erblickte sie längs der Wände Bänke und in der Mitte eine Tafel. Die erschöpfte Frau, vergnügt, ein so treffliches Ruheplätzchen zu finden, liess sich auf einer der einladenden Bänke nieder und genoss mit unbeschreiblichem Vergnügen die erquickende Frische des Ortes, wobei sie ihre Cornette oder Haube abnahm und neben sich legte. Nach einiger Zeit ging die Frau mit neuen Kräften an ihre Arbeit, vergass aber die in der Höhle liegen gebliebene Cornette, und hatte bereits mit ihrem grasgefüllten Korbe auf dem Rücken den Heimweg angetreten, als sie sich des zurückgebliebenen Kleidungsstücks erinnerte und umkehrte. Aber wie sie auch suchte und forschte, sie fand keinen Eingang mehr zur Höhle und musste mit unbedecktem Haupte nach Hause gehen. Die kluge Frau merkte sich indessen genau den Tag und die Stunde, wo das wunderbare Ereigniss stattfand, und als nach einem Jahre sie zu ganz gleicher Zeit wieder auf den Spitzberg ging, war die Höhle abermals offen und auf ihrem alten Platze lag – die Cornette!
Ein anderes Mal war ebenfalls, um Gras zu holen, eine Frau auf den
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen II. Section. Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser, Leipzig 1856, Seite 23. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_II.djvu/035&oldid=- (Version vom 29.10.2017)