Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen II. Section | |
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bieten; denn aus gewaltigen Steinmassen sind seine Mauern zusammengefügt und in festem Granit wurzelt der alte Bau.
Ob die Behauptung mehrerer Geschichtsschreiber, dass Scharfenberg ein Wendenschloss im Gaue Nisan (der sich von Meissen bis Böhmen hinauf erstreckte) gewesen sei, auf Wahrheit beruhe, lässt sich historisch nicht nachweisen; dagegen ist es gewiss, dass nach dem blutigen siegreichen Kampfe Kaiser Heinrich I. mit den Sorben Scharfenberg ein Hauptpunkt der längs der Elbe gebildeten Defensionslinie war, welche die Unterdrückung des besiegten Volkes und die Beherrschung des Stromes bezweckte. Zu gleicher Zeit und aus gleicher Ursache entstanden die Burgen Hirschstein, Zadel, Meissen, Zehren, Priessnitz, Niederwartha und Andere, so dass man wohl mit ziemlicher Gewissheit Kaiser Heinrich I. als den Erbauer Scharfenbergs betrachten kann. In Urkunden des dreizehnten Jahrhunderts wird die Burg Skarphenberg genannt; sie gehörte damals den Markgrafen von Meissen, von welchen Heinrich der Erlauchte sich oft und gern hier aufhielt, und dessen Gemahlin auf Scharfenberg gestorben sein soll. Die Entdeckung bedeutender Silberminen in des Schlosses Nähe gab zu jener Zeit Veranlassung, dass die Markgrafen mit den Bischöfen von Meissen in sehr ernste Streitigkeiten geriethen, indem Kaiser Friedrich II. dem Bisthume gewisse Anrechte auf die Bergwerke zugestanden hatte, welche die Fürsten nicht genehmigen wollten. Bischof Witigo I., unter dessen Herrschaft das Bisthum Meissen zur höchsten Macht und Blüthe gelangte, wagte es sogar, Markgraf Heinrich den Erlauchten 1275 in den Bann zu thun und sein Land mit Interdict zu belegen, so dass Heinrichs Schwiegervater, der König Wenzel von Böhmen, sich ins Mittel schlagen und den erbitterten Prälaten beruhigen musste. Markgraf Heinrich starb 1288, und seine Länder fielen an Friedrich den Kleinen oder den Dresdner, einen Sohn Heinrichs und seiner dritten Gemahlin Elisabeth von Maltitz; bald aber vertauschte Friedrich die väterlichen Besitzungen gegen Böhmische Gebietstheile und 4500 Mark Silbers jährlicher Leibrente an König Wenzel, welchen Kaiser Rudolph I. als Reichsverweser über das Meissnerland gesetzt hatte. Friedrich der Kleine scheint indessen nicht lange auf seinen Böhmischen Besitzungen geblieben zu sein; denn als Bischof Witigo I. von Neuem eine Fehde begann, eroberte und besetzte der Markgraf einige feste Städte und Schlösser, worunter sich auch die Veste Scharfenberg befand. Nachdem der Bischof besiegt war, überliess Friedrich seine hiesigen Besitzungen Friedrich dem Stammelnden, seinem Vetter, der jedoch noch im nämlichen Jahre der Rache des streitlustigen Bischofs als Opfer fiel. Als er nämlich von einer Jagd auf das Schloss Hirschstein zurückkehrte, reichte ihm ein von Witigo erkaufter Diener vergiftete Kirschen, woran der Markgraf starb. Friedrich der Kleine und der Bischof von Meissen scheinen sich indessen wieder versöhnt zu haben; denn nach seines Vaters Tode ertheilte ihm der Bischof die Lehen über des Verstorbenen Länder und die Einigkeit wurde nicht wieder gestört.
Vom Beginn des vierzehnten Jahrhunderts bewohnten Scharfenberg die Markgrafen Woldemar und Johann von Brandenburg, welchen der König von Böhmen Meissen, Döbeln, Frauenstein und Grimma überlassen hatte, und als die Fürsten mit Tode abgegangen waren, beabsichtigte der Bischof von Meissen, diese Güter als abgestorbene Lehen an sich zu bringen, liess sich jedoch endlich willig finden, dieselben gegen eine Abfindungssumme von tausend Schock Böhmischen Groschen dem Markgrafen Friedrich mit der gebissenen Wange abzutreten, bei dessen Nachkommen das Schloss Scharfenberg auf längere Zeit blieb. Im vierzehnten Jahrhundert war Scharfenberg ein Rittersitz, den Balthasar von Maltiz inne hatte, und nach ihm wird ein Dietrich von Miltitz genannt, dessen Familie das Schloss bis auf die neueste Zeit besass. Zu Anfang des fünfzehnten Jahrhunderts beherbergte die alte Burg einen Ritter von Vitzthum, der durch seine kühnen Raubzüge bald einen gefürchteten Namen erlangte und die Strassen weit umher unsicher machte. Von seinem hohen Felsensitze spähete der Wegelagerer weit hinaus auf die vorüber führende Heerstrasse, und überfiel mit seinen saubern Genossen die reichbeladenen Wagen und Saumthiere der reisenden Kaufleute, bis endlich Churfürst Friedrich der Streitbare dem argen Treiben des Stegreifritters ein Ende machte und ihn aus dem Lande jagte. Im Jahre 1429 war Besitzer Scharfenbergs Dietrich von Schleinitz, von dem es jedoch sehr bald an Dietrich von Miltitz gelangte, der 1457 starb. Ihm folgte Heinrich von Miltitz, der das Schloss bis 1487 besass und es seinem Sohne Bernhardt hinterliess, welcher 1532 verschied. Heinrich von Miltitz starb 1540 und Christoph 1559, worauf es des Letztern Vetter, Martin von Miltitz, erhielt, der 1581 in seiner Ahnengruft beigesetzt wurde und die Güter drei Söhnen, Ernst, Sigismund und Heinrich vererbte, welche dieselben gemeinschaftlich verwalteten. Dietrich von Miltitz und dessen Sohn, der Domherr des Stifts Merseburg, Ernst Wilhelm von Miltitz, starben Beide im Jahre 1600, und ihr Nachfolger, Alexander von Miltitz, 1629. Nach ihm besass Scharfenberg Gottfried Wilhelm, welcher 1643, und Georg von Miltitz, welcher 1651 mit Tode abging; Haubold von Miltitz, churfürstlich Sächsischer Geheimrath, Oberhauptmann im Meissner Kreise und Obersteuerdirector, starb 1619 in Dresden, und sein Sohn, Alexander, königlich Polnischer und churfürstlich Sächsischer wirklicher Geheimrath und Obersthofmeister, wurde 1738 in Naustadt beerdigt. Heinrich Sigismund von Miltitz, Oberhofmarschall, Kammerherr und Generalmajor, starb 1740, und Dietrich von Miltitz, Geheimrath, 1747. Carl Werner Ernst von Miltitz, königlich Polnischer und churfürstlich Sächsischer Kammerherr, wurde am 14. September 1764 in der Kirche zu Naustadt beigesetzt, und sein Nachfolger, Dietrich Alexander von Miltitz, k. k. Feldmarschall-Lieutenant, starb 1792. Nach ihm besass das Gut der churfürstlich Sächsische Oberschenk, Heinrich Sigmund von Miltitz, der jedoch schon im Jahre 1793 mit Tode abging und den königlich Preussischen Generallieutenant, Dietrich von Miltitz, zum Nachfolger hatte. Der Generallieutenant von Miltitz starb in sehr hohem Alter auf dem Schlosse Siebeneichen; sein Sohn verkaufte im Jahre 1854 Scharfenberg an Herrn Oehmichen.
Ueber Scharfenbergs früheste Schicksale ist nichts bekannt, doch lassen in seiner Nähe ausgegrabene Pfeilspitzen und andere alterthümliche Waffentheile vermuthen, dass trotz der steilen und gesicherten Lage des Schlosses es nicht immer von Feinden unbedroht blieb. Ob die Hussiten, welche in den Jahren 1429 und 1430 Verheerungszüge in das Meissner Land unternahmen und dabei die Scharfenberger Bergwerke zerstörten und verschütteten, auch die Veste bestürmten und eroberten, ist unbekannt. Im dreissigjährigen Kriege soll Scharfenberg einstmals mit Sturm genommen worden sein. Die Sage erzählt, der Fahnenträger der Besatzung habe gegen den eindringenden Feind,das anvertraute Banner so lange vertheidigt, bis ihn derselbe auf die äusserste
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen II. Section. Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser, Leipzig 1856, Seite 18. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_II.djvu/027&oldid=- (Version vom 29.10.2017)