Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen II. Section | |
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eine Präbende des Domcapitels zu Meissen und wurde im Jahre 1628 dem churfürstlichen geheimen Kammerdiener Ullmann mit Genehmigung des Churfürsten Johann Georg I. durch den Domprobst von Haugwitz in Lehn gegeben, zum Rittergute erhoben und darauf dem neuen Besitzer gegen einen jahrlichen Erbzins von drei Gülden die Erbgerichtsbarkeit ertheilt. Durch eine Zahlung von 700 Gülden erlangte das Gut später Befreiung von allen Frohnen und sonstigen Dienstleistungen. Nach Ullmanns Tode kam Rossthal in Besitz der Familie von Krahn, welcher im Jahre 1657 Churfürst Johann Georg die Ober- und Erbgerichtsbarkeit nochmals erb- und eigenthümlich bestätigte. Im Jahre 1736 gelangte Rossthal an die Herren von Nimptsch, deren Eigenthum es blieb bis 1819, einige Zeit vereinigt mit dem naheliegenden Rittergute Pesterwitz, welches später wieder davon getrennt wurde. Die Herren von Nimptsch und namentlich der zu Ende des vorigen Jahrhunderts lebende Geheimrath von Nimptsch, liessen sich die Verbesserung des Gutes durch pflegliche und sorgsame Bewirthschaftung sehr angelegen sein. In letzter Zeit gehörte Rossthal einer Frau von Dallwitz, nachher dem Kaufmann Mertz und seit 1852 ist es Eigenthum des Herrn Freiherrn Arthur von Burgk, der das Gut wiederum mit dem ihm bereits zuständigen Rittergute Pesterwitz und einigen Vorwerken vereinigte. Es umfasst zur Zeit ein Areal von 492 Ackern mit einem lebenden Inventarium von 120 Stücken Rindvieh, 400 Mastschafen, hat Dampfbrennerei, lebhaft betriebene Ziegeleien und sehr umfangreiche Obstbaumanlagen mit drei Weinbergen.
Das zum Rittergute Rossthal gehörige Dorf zählt in 18 Feuerstätten gegen 180 Einwohner und liegt etwa 1000 Schritte von der Freiberger Chaussee entfernt, 668 Pariser Fuss über der Nordsee. Etwa 600 Schritte westlich befinden sich einige vom Rittergute abgebaute Häuser, wobei die sogenannte rothe Schmiede, welche Grundstücken zusammen den Namen „der rothen Häuser“ führen. Nicht weit von Rossthal und gleichfalls auf des Rittergutes Grund und Boden liegt der Ort Neunimptsch, welcher aus einem schönen, jetzt von Bergleuten bewohnten Weinbergsgebäude und sechs Häusern besteht, und im Jahre 1794 von dem Geheimrath von Nimptsch angebaut wurde. Der Volkswitz nennt Neunimptsch „den Kuckuk oder das Juchhe“. Das erwähnte Weinbergshaus gehört zu den schönsten des Landes, es besteht aus drei Flügeln mit einem Thurme, und gewährt eine unbeschreiblich schöne Aussicht auf den Plauenschen und Zauckerodaer Grund. Am Fusse des Berges liegt ein von den Dresdenern häufig besuchtes Wirthshaus, auch führt hier ein Stollen, „der tiefe Stollen“ genannt, in das Kohlengebirge von Pesterwitz und Kohlsdorf ein.
Das Dorf Rossthal besitzt trotz seiner verhältnissmässig wenigen Einwohner schöne und bedeutende Güter mit 21½ Hufen trefflichen Feldes, die jedoch wegen des ausgezeichneten Bodens ziemlich klein sind, auch wird hier viel Obstbaumzucht und etwas Weinbau getrieben. Der Ort ist zur Hälfte nach Pesterwitz gepfarrt, die andere Hälfte gehört nach Dresden, wo die Frauenkirche Abendmahl und Trauungen, die Kreuzkirche Aufgebote und Taufen, die Annenkirche aber Leichenfeierlichkeiten zu verrichten hat. – Als Curiosum ist noch zu erwähnen, dass im Jahre 1500 hier ein Kind geboren wurde, das jeden Theil des Körpers doppelt besass.
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen II. Section. Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser, Leipzig 1856, Seite 16. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_II.djvu/024&oldid=- (Version vom 29.10.2017)