Jahr, worauf es wieder an den Domherrn von Holleufer zurückfiel. Bis zum Jahre 1806 gehörte alsdann das Gut dem Amtshauptmann Freiherrn von Lorentz, der es an den Obristlieutnant von der Planitz verkaufte. In dessen Besitz blieb Kühnitzsch achtzehn Jahre lang, und das Gut gewann während dieses Zeitraums an Cultur und Verbesserungen, namentlich des Feldbaues, ausserordentlich. Nach des Oberstlieutnants von Planitz Tode, der 1822 auf dem Schlosse Kühnitzsch erfolgte, kaufte das Gut der Königlich Preussische Oberforstmeister von Kalitsch, dessen Sohn Herr Carl Ludwig Rudolph Freiherr von Kalitsch gegenwärtig Erb-, Lehn- und Gerichtsherr auf Kühnitzsch, Watschwitz und Zwochau, sowie auch Kirchenpatron ist.
Das Rittergut Kühnitzsch besitzt mit den Waldungen sechs und eine halbe Hufen Landes, welches grösstentheils zu den besseren Bodenklassen gehört, und von den Vorwerken Watschwitz und Zwochau hat Ersteres einen sehr ergiebigen Feldbau und Letzteres vortreffliche Holzbestände. Wegen des etwas sandigen Bodens gewähren die Kühnitzscher Felder, namentlich in nassen Jahren einen ungemein reichen Ertrag. – Zum Rittergute gehört ferner eine auf dem nahen Kamberge gelegene Ziegelei, von welcher man eine hübsche Aussicht auf die umliegenden Gegenden und Ortschaften geniesst. Seit dem Jahre 1838 ist die Höhe des Kamberges mit Kirschbäumen bepflanzt, und diese Plantage gewährt nicht geringen Nutzen. Das Schenkgut, welches bis auf die neuere Zeit ein Erbkretscham und Eigenthum des Rittergutes war, ist mit siebzehn Ackern Feld verkauft und somit vom Gute getrennt worden. – Die Gebäude des Rittergutes sind fast durchgängig in neuerer Zeit erbaut, auch hat das Innere des Schlosses eine sehr vortheilhafte Restauration erfahren.
Das Dorf Kühnitzsch bestand in der Vorzeit aus drei nahe bei einander liegenden Ortschaften, welche die Namen Rauden, Naundorf und Kyntsch führten, und endlich zu einer Gemeinde verbunden wurden. Das Dorf hat zwölf und eine halbe Hufen Feld und Waldung, sechsundzwanzig Bauern, funfzehn Hintersässer, zwei Kossästhen und fünfundzwanzig Häusler im Ganzen gegen fünfhundert Einwohner, von denen die Mehrzahl sich mit Feldbau und Handarbeit beschäftigt.
Die Kirche zu Kühnitzsch wurde im Jahre 1705 auf Kosten des damaligen Gerichtsherrn, des Generallieutnants von Plötz, von Grund aus neu aufgebaut und von dem Superintendenten zu Wurzen, Dr. Schreiter, eingeweiht. Zur Erleichterung des Baues sammelte man in allen Kreisen des Landes eine Collecte, welche einen nicht unbedeutenden Ertrag gewährte. Die Kirche ist hell und freundlich und besitzt ein Gemälde von vorzüglicher Schönheit, die Einsetzung des Abendmahles darstellend, dessen Schöpfer man indessen nicht kennt. Aus der alten Kirche rühren noch die drei sehr alten Glocken, sowie verschiedene steinerne Monumente und alterthümliche ritterliche Waffenzeichen her, welche grösstentheils an den Wänden der Kirche befestigt sind. Unter allen diesen Denkmälern zeichnet sich namentlich das Balthasars III. von Plausigk aus, der in ritterlicher Tracht mit allen Zeichen seines Ranges geschmückt in Lebensgrösse dargestellt ist; neben ihm kniet seine Gemahlin, eine geborene von Schleinitz. Im nördlichen Anbaue der in Kreuzesform erbauten Kirche, befindet sich das uralte herrschaftliche Erbbegräbniss und darüber die herrschaftliche Kapelle.
Gleichwie Balthasar III. von Plausigk haben sich auch die Herren von Plötz um Kirche, Pfarre und Schule viele Verdienste erworben. Der Generallieutnant Siegmund von Plötz legirte 1709 der Kirche 175 Thaler, von deren Zinsen die Kirche drei Thaler zwölf Groschen, der Pastor drei Thaler zwölf Groschen und der Schullehrer einen Thaler achtzehn Groschen erhalten. Der Oberst Hans Georg von Plötz schenkte der Kirche im Jahre 1718 siebenundachtzig Thaler zwölf Groschen, und ein Fräulein von Drandorf hundert Thaler mit der Bedingung, dass von den Zinsen zwei arme Schulkinder eine Unterstützung erhalten sollen. Frau Maria Eleonore verwittwete von Wuthenau überliess 1794 der Kirche ein Legat von fünfhundert Thalern, von dessen Zinsen jedoch auch die Strohdächer der Pfarre in Stande zu erhalten sind. Aus den angeführten Vermächtnissen hat sich im Laufe der Zeit ein Kirchenvermögen gebildet, welches jetzt ungefähr zwölfhundert Thaler beträgt.
Die Pfarre hat ein Areal von etwa vierundzwanzig Ackern, und einigen Bauern lag die Verpflichtung ob, dieses Feld für den Fall zu bestellen, dass der Pfarrer die Oekonomie selbst verwaltet. Der Getreidezehnt von einem Theile der Rittergutsfelder, wozu jede Getreideart schütten musste, ist seit 1840 gegen ein Abfindungsquantum von hundert Thalern abgelöst, sowie auch ein Sackdecem und Fleischzehent in Geld verwandelt worden. Ein eigenthümliches und uraltes Recht der hiesigen Geistlichen bestand darin, dass ihnen aus der hiesigen Erbschenke täglich vier Kannen Bier für vier Pfennige, und im Falle des Mehrbedarfs jede Kanne für fünf Pfennige überlassen werden musste, das Bier mochte hier oder in anderen benachbarten Orten auch noch so theuer sein. Um die vielfachen Streitigkeiten, welche deshalb zwischen dem Pfarrer und dem Erbschenken stattfanden, zu beseitigen, wurde im Jahre 1803 vom Rittergutsbesitzer, dem Amtshauptmann von Lorentz, und dem Pfarrherrn Kupfer ein Vergleich abgeschlossen und von dem Consistorio zu Wurzen bestätigt, wonach der Pastor in Zukunft anstatt des Bieres ein jährliches Bierlegat, bestehend aus vierundzwanzig Thalern, in Halbjahrsraten zu zahlen, empfängt.
Im dreissigjährigen Kriege hatte Kühnitzsch gleich vielen naheliegenden Ortschaften das Unglück von den entmenschten Schwedischen Soldatenhorden heimgesucht zu werden; zu gleicher Zeit brach aber auch eine furchtbare Pest aus, die nebst vielen Einwohnern des Dorfes auch eine grosse Anzahl der Schwedischen Raubvögel in das Grab stürzte, welche auf dem alten jetzt nicht mehr benutzten Gottesacker beerdigt liegen. – Im Jahre 1739 übte Kühnitzsch sein dem Gerichtsherrn zustehendes Recht über Hals und Hand aus. Anna Elisabeth Weise, die fünfundzwanzigjährige Tochter eines Nachbars und Einwohners zu Kühnitzsch, hatte nämlich ihr uneheliges neugeborenes Kind ermordet, und wurde am 29. Mai auf dem Kamberge mit dem Schwerte enthauptet. Der damalige Pfarrer M. Sinz sagt darüber im Kirchenbuche: „Der grosse Gott gab der armen Sünderin die Gnade, dass sie in wahrer Busse und Bekehrung starb, und mit der grössten Freudigkeit zu ihrem Tode ging; auch auf dem Richtplatze zu singen anfing: „Wie schön wirds doch im Himmel sein.“ Von mir, dem Pfarrer, hat sie aufs Beweglichste Abschied genommen und gesagt: Sie, mein lieber Herr Beichtvater können mit Freudigkeit vor Gottes Thron treten und sagen: „ich bin rein von diesem Blute, denn Sie haben mich treulich gewarnt. Ich werde Ihnen, wenn Sie künftig sterben, mit den lieben Englein entgegenkommen und sagen: da kommt mein
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen I. Section. Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser, Leipzig 1860, Seite 34. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_I.djvu/046&oldid=- (Version vom 21.5.2018)