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Seite:Album der Schlösser und Rittergüter im Königreiche Sachsen I.djvu/028

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Legat zu 300 Thlr. ist von dem 1823 hier verstorbenen Gerichtsdirector Dr. Franz Wilhelm Friederici ausgesetzt, bei dem die Bedingung ist, sein auf hiesigem Kirchhofe befindliches Grabmal bestens zu erhalten und das Uebrige zum Besten der Kirche zu verwenden. – Auf den bei der Kirche befindlichen Gottesacker werden übrigens nur die Geistlichen, Cantoren und Gerichtsdirectoren beerdigt und diejenigen Parochianen, welche hierher ausserdem beerdigt sein wollen, haben an die Kirche 8 Thlr. zu entrichten. Die Kirche hat zwei Geistliche, einen Pfarrer, der früher Adjunct des Stiftssuperintendenten zu Wurzen war, und einen Diacon, der schon ursprünglich zugleich einen Theil des Schulamts mit zu verwalten hatte. Von den frühern Plebanen der hiesigen Pfarrkirche, die noch eine Filialkirche zu Wasewitz hat. wird 1464 Joh. Starck und Martin Wenzel, ein wurzener Vicar, genannt, der 1542 seines Amts entsetzt ward und an dessen Stelle der erste evangelische Pfarrer Mathias Calo kam. Der bekannteste Pfarrer zu Thallwitz ist aber unstreitig Matthäus Tragen, der sowohl mit seinem Patron Hieronymus von Canitz in sehr gutem Vernehmen, als auch bei dem letzten Bischofe von Meissen, Johannes von Haugwitz, in grosser Achtung stand, so dass dieser ihm im Jahre 1580 „fünf Männer- und Dreschergüter in Lehn gab,“ wodurch die Pfarrei Dotalgerichte über fünf Kleinbauern erhielt. Endlich ward Tragen im Jahre 1591 auf Mirus Vermittelung, weil er ein bedeutender Gegner der Kryptocalvinisten war, oder wie sich über ihn der wurzener Superintendent Daniel Schreiter ausspricht: „weil er denen calvinistischen Geistern gewaltig widersprochen und das Maul gestopfet“ als Hofprediger nach Dresden berufen. – Der wiederholt erwähnte Gutsherr von Th. Hieronymus von Canitz fundirte auch nach dem Jahre 1572, wahrscheinlich auf Tragens Antrieb, das Diaconat als obere Schulstelle. Es heisst deshalb in der Matrikel: „Da nur vorher ein Küster gehalten worden, mit welchen dann die liebe Jugent nicht allein übel bedacht, sondern auch, das man studierens und Anders geschweiget, in ihren Catechismo vnbelernt vnd vnbelebt geblieben vnd gleich den Tummen Vih aufgewachsen“ etc. Er übergab der Kirche ein Capital, wovon unter andern festgesetzten Einkünften dem Schulmeister oder „Diacono“ jährlich 40 Meissn. Gülden an Zinsen gereicht werden sollten. Seit dieser Zeit ist auch dem Diacon die Pflicht geblieben, den Unterricht der obern Classe der nicht unbedeutenden Schule zu versorgen. – Der erste im Jahre 1585 angestellte Diacon war Caspar Finke. Während des 30jährigen Krieges blieb die Stelle vacant und ward erst 1672 wieder besetzt. Seit 1836 ist das Diaconat abermals vacant, um die Einkünfte für den Bau eines neuen Diaconats- und Schulhauses zu sparen.

Das nicht unbedeutende Dorf hat jetzt 90 Feuerstellen mit 10 Hufen Rusticalboden und mit etwas über 600 Einwohnern, die sich mit Ackerbau beschäftigen und zum Theil auch beim hiesigen Rittergute als Tagelöhner genügende Arbeit finden. Zu Anfange der zwanziger Jahre dieses Jahrhunderts zählte Th. nur 30 Feuerstellen mit etwa 300 Einwohnern. Aus Bemerkungen in den alten Kirchenbüchern ist übrigens zu ersehen, dass der Ort während des 30jährigen Kriegs viel gelitten haben muss, besonders mag in den Jahren 1633 bis 1636 die Pest hier bedeutend gewüthet haben. Namentlich ersehen wir dies daraus, dass der mit Thallwitz wahrscheinlich stets combinirt gewesene Ort Siedewitz, wovon jetzt nur noch die Siedewitzmühle übrig, ganz ausgestorben und dadurch ein verödetes Dorf und endlich zu einer Mark geworden ist. Diese etwas östlich von Thallwitz an der Lossa gelegene Mühle, hinter der die Gegend sich hügliger gestaltet, weshalb auch unweit derselben eine alte herrschaftliche Weinbergsanlage sich befindet, gehört ebenfalls zum Rittergute und die Mark Siedewitz selbst blieb 1315 dem Königreiche Sachsen ganz reservirt. Als Dorf kommt die Siedewitz schon 1284 unter den Namen Zedewitz, später als Sedowitz und Sydewitz und zwar als ein zum Stift Wurzen gehöriger Ort vor. Durch den obern Theil des Dorfs fliesst der von Morgen herabkommende Lossabach, der am östlichen Ende des Orts einen Teich durchfliesst, und dann westlich noch zwei Mühlen, die Mittel- und Untermühle treibt. – Zu dem oberhalb der Siedewitzmühle gelegenen Weinberge führt ein anmuthiges Lustwäldchen, der Eichberg genannt, in den sich auch eine Maulbeerbaum-Allee befindet, die von einem Wurzner Seidenzüchter sehr benutzt ward. Eine zweite Weinbergsanlage ist oberhalb des westlichen Ausgangs des Dorfs und hier befindet sich auch ein kleines Presshaus. – Auf dem höchsten Punkte der nordwestlichen Anhöhe, wo eine Krähenhütte sich befindet, geniesst man eine schöne Aussicht auf die Gegend von Wurzen und Eilenburg, ja bis nach dem Colmberge bei Oschatz, namentlich aber über das Muldenthal von den Höhen bei Grimma bis zu den Niederungen bei Düben. Auf der südwestlichen Seite von Thallwitz zwischen der Mulde und der Erhebung des diesseitigen Muldenthals zog sich ehedem von Colla herauf die Waldung, Lauch genannt, die in alten Acten auch „Lauge“ geschrieben vorkommt. In ganz neuster Zeit ist der grösste Theil derselben niedergeschlagen und, nachdem sie bisher Staatseigenthum war, versteigert worden, um daraus Wiesen zu machen. Ursprünglich war der grösste Theil dieser Holzung bischöflich-meissnisch Eigenthum, wie wir auch aus folgender Stelle der Epitome Bischofs Johannes von Salhausen ersehen: Wir haben auch unserm Stiffte ein Stück Holtz zu Collau beim Lauge gelegen mit zweyen silbernen schocken, vnd zwantzig groschen ierlich erbzinse vor 100 ungarischen Gulden dreyssig silberne groschen gegeben; es ist aber dem Stiffte vor dreyhundert reynische gulden gar nicht zu gebenn.“ – Da nun von der Zeit an, wo Th. noch bischöfliches Tischgut war, die Geistlichen und der Schulmeister des Orts ihr Deputatholz aus dieser Holzung erhielten, diese Materiallieferung aber jetzt in eine Geldrente verwandelt ist, so erleiden bei den hohen Holzpreisen der Gegend diese Stellen einen grossen Verlust.

Dr. Wilhelm Schäfer.     



Empfohlene Zitierweise:
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen I. Section. Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser, Leipzig 1860, Seite 22. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_I.djvu/028&oldid=- (Version vom 21.5.2018)