Gustav Adolf Poenicke: Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen III. Section | |
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welcher in der Vorzeit den Namen Woiskehory, Kampfberg, führte) die uralte Entstehung des Ortes zu beweisen scheinen. In den ältesten noch vorhandenen Urkunden, welche bis in das vierzehnte Jahrhundert hinabreichen, wird das Dorf Kemnitz Kamnitz, Kampnitz, Kammelz und Kemlitz geschrieben. Der Name bedeutet im Slavischen einen steinigen Ort, ein Steindorf (von Kamjenny, steinig) und wirklich liegt der untere Theil des Dorfes in einem Thale, das verschiedene anmuthige Felsparthieen enthält. Kemnitz besteht aus zweihundertachtzehn Feuerstätten, worunter, ausser den beiden Rittergütern, und den geistlichen Gebäuden, siebenundzwanzig Bauergüter, dreiunddreissig Gärtnernahrungen, zwei Windmühlen, drei von der Kemnitz getriebene Wassermühlen, drei Schenken, zwei Gasthäuser, drei Schmieden, neunundsechszig Häuser und fünfundsechszig Auenhäuser befindlich sind, in welchen letzteren hauptsächlich Tagelöhner wohnen. Die Fluren des Dorfes grenzen im Osten mit der Preussischen Oberlausitz, Altbernsdorf und Bernstadt, südlich mit Kunnersdorf, Rennersdorf und Berthelsdorf, westlich mit Strahwalde, Herwigsdorf, den Bellwitzer und Wendischkunnersdorfer Forsten und Bischdorf, nördlich mit Sohland am Rothstein, und das ganze Areal besteht nach neuerer Vermessung aus 2800 Ackern. Die Grenze zwischen Herwigsdorf, Bischdorf und Sohland bildet einen Theil der Wasserscheide zwischen dem Gebiete der Elbe und Oder, zu welchem letzteren Kemnitz gehört. Nahe beim Dorfe befindet sich der Wachberg mit schöner Aussicht.
Sowie die Gründung des Dorfes einer unbekannten Zeit angehört, lässt sich auch nicht ermitteln wer die ersten Besitzer des hiesigen Rittersitzes gewesen sein mögen. Nicht nur die obenerwähnte Grenzurkunde sondern auch einige andere, jener Zeit angehörige, Pergamentbriefe erwähnen zwar die Herren von Kemnitz als eines ritterlichen angesessenen Geschlechts, aber nirgends findet sich die Burg genannt, auf der diese Edelleute ihren Sitz hatten, obgleich es nach aller Wahrscheinlichkeit das Rittergut Kemnitz war. Die Sitte des ältesten Adels, sich nach seinem Schlosse zu nennen, erschwert die genealogischen Forschungen ungemein, und es dürfte daher die Behauptung, dass die Herren von Kemnitz der Familie von Gersdorf angehört hätten, sehr schwer zu beweisen sein. Die ersten Besitzer von Kemnitz welche mit Bestimmtheit nachgewiesen werden können lebten im vierzehnten Jahrhundert, und zwar Hans von Gersdorf (Giersdorf) 1364, und zwei andere Herren desselben Geschlechts, Heinrich und Hans von Gersdorf 1401. Die Gebrüder Hans und Nikolas von Gersdorf, auf Kemnitz gesessen, kommen in einem Görlitzer Amtsbuche von 1406 vor, und Caspar von Gersdorf besass (laut Görlitzer Rathsrechnungen) Kemnitz 1410. In dem Vertheidigungskampfe der Stadt Görlitz gegen die Hussiten nahm 1428 auch John von Gersdorf Theil, (auch wird derselbe zu gleicher Zeit als Zeuge bei einer Belehnung erwähnt) und ist in die Liste der adligen Kämpfer eingetragen als Jan von der Kemnitz. Nikol, Hans, Caspar, Peter und Rütschel von Gersdorf folgten 1438 ihrem Verwandten John als Lehnsvettern und 1459 besass Kemnitz Peter von Gersdorf allein. Das Jahr seines Todes ist unbekannt, er lebte jedoch noch 1472. Die Gebrüder Caspar, Christoph und Hans von Gersdorf wurden nach einer noch vorhandenen Urkunde im Jahre 1491 mit Kemnitz belehnt. Der Sohn Hansens von Gersdorf, Christoph, war der letzte Herr seines Geschlechts welcher Kemnitz besass, indem er bloss eine Tochter, Barbara, hinterliess, welche sich 1538 mit Hans von Kyau vermählte und 1549 mit Tode abging. Hans von Kyau (auch Kyaw und Keye genannt) war 1541 am Freitage nach Ostern Gewahrbürge, als Wenzel von Kaey zu Ruppertsdorf an Ulrich von Nostiz einige Bauergüter und ein wüstes Gut verkaufte, und 1551 am 2. Januar bewilligte er mit den Gebrüdern von Falkenhain von Gütern, Teichen und anderem Zubehör ein Kriegspferd. Er starb am 20. April 1555 und wurde, gleich seiner Gemahlin, in der Kirche zu Kemnitz bestattet.
Von seinen nachgelassenen Söhnen, Peter, Joachim und Hans erhielt Ersterer bei der Theilung des väterlichen Vermögens, den am rechten Ufer des Kemnitzbaches gelegenen Theil des Dorfes, Hans aber die andere Hälfte desselben, wo er 1576 ein Herrenhaus erbaute, so dass sich nunmehr zu Kemnitz zwei Rittersitze befanden. Aus einem Schreiben des Magistrats zu Görlitz geht hervor, dass 1587 auch Adam von Kyau Mitbesitzer von Oberkemnitz war, denn als der Rath sich nicht geneigt zeigte beiden Edelleuten das Gut abzukaufen, bat Peter von Kyau denselben um ein Darlehn von 2500 Thalern, welches ihm jedoch abgeschlagen wurde. Peter von Kyau starb um das Jahr 1590. – Hans von Kyau, vermählt mit Elisabeth von Gersdorf, wurde bei seinem 1575 erfolgten Tode unter den Linden des Kirchhofs begraben, und es wird von ihm erzählt, dass eine durch jugendlichen Uebermuth herbeigeführte Haft im Niklasthurme zu Görlitz auf sein Gemüth einen solchen Eindruck ausgeübt, dass er darüber in schwere Anfechtung verfallen sei. Der dritte Bruder, Joachim von Kyau, starb 1609 als Herr auf Arnsdorf. –
Nach Peter von Kyau’s Tode besass beide Güter zu Kemnitz, sowie auch Kerbsdorf, Adam von Kyau, der am 2. Juli 1590 durch eine Feuersbrunst einen Theil seiner Güter in Kemnitz verlor, wobei auch fünf Bauern verunglückten. Durch ihn entstand in der Kirche zu Kemnitz eine neue Sakristei und ein Gewölbe, auch wird er als Mitglied des königlichen Hofgerichts in einem Processe wegen des Rittergutes Bellwitz genannt. Das erste Mal war er vermählt mit Catharina von Maltitz, das
Gustav Adolf Poenicke: Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen III. Section. Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser, Leipzig 1859, Seite 60. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Ritterg%C3%BCter_und_Schl%C3%B6sser_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_III.djvu/88&oldid=- (Version vom 31.7.2018)