Gustav Adolf Poenicke: Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen III. Section | |
|
Sohland liegt am östlichen Abhange einer der schönsten Höhen der Oberlausitz, des Rothsteines, und wird deshalb zum Unterschied des gleichnamigen Dorfes Sohland an der Spree „Sohland am Rothstein“ genannt. Das Dorf, welches zwei Stunden von Löbau, ebensoweit von Herrnhuth und eine halbe Stunde von der Preussischen Grenze entfernt ist wird von dem Flüsschen Schöps berührt und erstreckt sich von Süden nach Norden in der Richtung der Görlitz-Herrnhuther Strasse bis über die grosse Dresdner-Breslauer Chaussee hinaus in einer Länge von beinahe anderthalb Stunden. – Der Rothstein steigt von allen Seiten gleichmässig empor und bildet von der Mitte seiner Höhe an ein anmuthiges Rundgebirge. Im Süden treten die Höhen auseinander und gewähren einen Blick in waldige von zusammenhängender Hügelkette umschlossene Gründe. Unendlich reichhaltig ist auf dem Rothsteine die Vegetation, denn die Erdrinde, welche den aus Basaltmassen bestehenden Berg überdeckt, ist von ungemeiner Fruchtbarkeit und erzeugt namentlich eine Menge heilsamer Kräuter und Wurzeln, welcher Reichthum Hunderte von Menschen aus Böhmen herbeizieht, die sich mit Einsammlung derselben zum Bedarf der Apotheken beschäftigen. Nach allen Seiten hin gewährt der isolirt stehende Berg die reizendsten Aussichten. Auf der östlichen Kuppe bemerkt man noch zwei Erdwälle, die in der Zeit, wo die Sorben ihren Göttern opferten Altäre derselben gewesen sein mögen. Der nördliche Wall ist 149 Schritt lang und noch immer 2 bis 6 Ellen hoch, und der südliche, an diesen sich anschliessend hat eine Ausdehnung von 207 Schritten Länge und zum Theil eine Höhe von 12 Ellen. Auf diesem nördlichen Kamme des Rothsteins stand einst die deutsche Burg Dolgowitz, welche nach der Unterdrückung des Slavenvolkes erbaut wurde um die nahewohnenden Stämme im Zaume zu halten, doch sind von ihr keine Spuren mehr übrig, da sie wahrscheinlich nur aus Holz erbaut war. Die Burg Dolgowitz wird urkundlich nur zweimal, 1213 und 1228 und zugleich auch „Zalom durch das die Sprewa fleusst“ erwähnt. Auch auf der südöstlichen Spitze des Rothsteines soll eine Burg gestanden haben, auf der die Ritter von Rothstein hausten und die weite Umgegend durch ihre kühnen Raubzüge in Furcht und Schrecken erhielten. Noch giebt es in der Oberlausitz alte Leute, welche darauf schwören, mit eigenen Augen gesehen zu haben, wie in stürmischer Mitternacht das wilde Heer von dem Rothsteine nach dem Löbauer Berge gezogen sei, angeführt von Berndietrich dem gespenstigen Nachtjäger, denn die Raubritter auf dem Rothsteine sollen unmenschliche Verbrechen begangen und grosse Schätze im Innern des Berges verborgen haben, die noch Niemand auffinden konnte, weshalb sie verdammt sind des Nachts aus den Gräbern zu steigen und mit wildem Halloh die Lüfte zu durchziehen. Mit der fortgeschrittenen Aufklärung sind indessen auch die gespensterhaften nächtlichen Jagden seltener geworden und es scheint die Zeit dazusein wo der Spuk vorüber ist und die Wegelagerer des Rothsteins ungestört in ihren Gräbern schlummern dürfen. – Auf der südwestlichen Spitze des Rothsteins, welche den Namen Georgenberg führt, sind noch Ueberreste einer Kapelle bemerkbar, die einst dem heiligen Georg geweiht war. Mit dem
Gustav Adolf Poenicke: Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen III. Section. Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser, Leipzig 1859, Seite 41. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Ritterg%C3%BCter_und_Schl%C3%B6sser_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_III.djvu/60&oldid=- (Version vom 31.7.2018)