Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen III. Section | |
|
die goldene Hochzeit in Gemeinschaft eines zweiten 50jährigen Jubelpaares gefeiert, des Gärtners Herrmann aus Ober-Taubenheim mit seiner Frau, einer gebornen Adler.
Der die Kirche umgebende Kirchhof wird schon seit längerer Zeit nicht mehr als Begräbnissplatz benutzt. Bereits im Jahre 1738 überliess die Herrschaft der Gemeinde im Austausch gegen ein Gemeindegrundstück einen unfern der Kirche gelegenen Grasacker zum Begräbnissplatze, und als derselbe bei dem allmäligen Anwachsen der Gemeinde zu klein geworden war, schenkte sie dazu noch einen unmittelbar anstossenden Garten. Der ganze Platz wurde 1834 mit einer neuen Mauer umgeben und gewann durch mehrfache Verschönerungen ein sehr freundliches Ansehen. Verschiedene neuere Monumente gereichen ihm zur Zierde, die älteren Leichensteine aber sind sämmtlich an der innern Seite der Kirchhofsmauer befestigt worden, die dadurch einen eigenthümlich feierlichen Anblick gewährt. Einige andere Leichensteine, und darunter namentlich solche von verstorbenen Pastoren, sind an der äussern Seite der Kirche eingemauert worden.
Die Pfarrwohnung steht unmittelbar neben der Kirche und ist ein freundliches massives Gebäude, welches im Jahre 1795 fast ganz neu aufgeführt worden ist. Zur Pfarre gehören 14 Acker Feld, 21/2 Acker Wiesen und 6 Acker Wald.
Die Schule wurde im Jahre 1758 neu erbaut, gross genug für das Bedürfniss jener Zeit. Da sich aber die Gemeinde fortwährend vergrösserte und der gesetzliche Schulzwang eintrat, zeigte sich die Schulstube bald zu klein und es musste 1826 eine zweite Schulstube, so wie eine Wohnung für einen Hülfslehrer eingerichtet werden. Die Zahl der schulpflichtigen Kinder ist um 300. Die Lehrer erhalten ihre Besoldung aus dem Schulgelde, durch freiwillige Gaben bei Hauscollecten, Hochzeiten und Kindtaufen und durch einige der oben erwähnten Legate. Dabei verdient es rühmende Anerkennung, dass die Gutsherrschaft sich die Unterstützung der Armen und namentlich der armen Schulkinder sehr angelegen sein lässt. Zur Schule gehören 21/2 Acker Feld und 1/4 Acker Wiese.
Endlich wollen wir noch verschiedener Schicksale und Unfälle erwähnen, die Taubenheim im Laufe der Zeiten betroffen haben.
Im Jahre 1666 entstand ganz plötzlich eine gewaltige Wassersfluth, gerade am heiligen Pfingstmorgen; dabei ertrank der Fischer Simon Müller mit seiner Frau und zwei Kindern.
Im Jahre 1759, im 7jährigen Kriege, statteten kaiserliche Truppen mit 200 Wagen in Taubenheim einen Besuch ab, um zu fouragiren; ausserdem aber wurde der Ort durch seine abgelegene Lage vor den Stürmen des Krieges und namentlich vor wiederholten lästigen Durchmärschen beschützt.
Das Jahr 1763 wird wegen seiner ausserordentlich gesegneten Erndte an allen Feldfrüchten gerühmt; dagegen machten sich die Jahre 1771 und 1772 durch grosse Theuerung auf eine sehr empfindliche Weise bemerklich: obgleich die damaligen Preise (9 Thaler der Scheffel Korn) gegen unsere jetzigen nicht eben drückend erscheinen, starben im Jahre 1772 in Folge der Noth 60 Personen in Taubenheim.
Im einjährigen Kriege 1778 hatte Taubenheim viel durch Streifereien der österreichischen Truppen zu leiden; namentlich beging am 1. October ein Commando Husaren verschiedene Excesse, nahm auf dem Herrenhofe zwei Reitpferde weg und erzwang eine Contribution von 40 Dukaten. Den 6. October fand ganz in der Nähe von Taubenheim bei dem Wacheberge ein Gefecht zwischen den Preussen und den Oesterreichern statt, wobei von den Letzteren ein Lieutnant getödtet und mehrere andere Offiziere schwer verwundet wurden.
Am 10. Mai 1789 wurde der aus Taubenheim gebürtige Musquetier Kretschmar aus Unvorsichtigkeit durch einen Schmiedegesellen erschossen, der ihm ein geladenes Pistol überreichen wollte.
Am 14 Juni 1804 überstieg die Spree ihre Ufer in einer solchen Höhe, dass sich keiner der lebenden Bewohner eines ähnlichen Wassers zu erinnern wusste, doch richtete sie verhältnissmässig nur wenig Schaden an; indess war die Nässe doch anhaltend so gross, dass sie für das nächstfolgende Jahr eine Theuerung zur Folge hatte, wobei der Dresdner Scheffel Korn bis auf 18 und 20 Thaler stieg. Einige Erleichterung dieser drückenden Zeit fanden die Bewohner darin, dass die Weberei gerade sehr gut ging.
Im Jahre 1813 hatte Taubenheim, gleich ganz Sachsen, von den Drangsalen des Krieges schwer zu leiden.
Auch von Brandunglüch ist Taubenheim mehrmals betroffen worden, indess wurde das Feuer immer bald wieder gelöscht, ehe es zu empfindliche Opfer fordern konnte, ausgenommen die bereits erwähnte Einäscherung des Oberhofes und der Kirche.
Am 18. Februar 1767 brach bei heftgem Sturmwinde Feuer bei dem Gemeindeältesten Herrmann aus, und dieser wurde dabei so schwer beschädigt, dass er nach 3 Wochen unsäglicher Schmerzen starb. Ausserdem äscherte das Feuer noch zwei Häusler- und eine Gärtnerwohnung ein.
Am 10. Mai 1833 tobte ein furchtbares Gewitter in den ersten Nachmittagsstunden über Taubenheim. Es zündete durch zweimaliges Einschlagen an zwei verschiedenen Orten, indess brannten nur die beiden getroffenen Gehöfte ab, obgleich das Herrenhaus, die Schule, das Pfarrhaus und die Kirche in der grössten Gefahr schwebten, so dass sie nur durch die gewaltigsten Anstrengungen gerettet werden konnten. Dennoch war bei diesem Feuer ein Menschenleben zu beklagen, denn in einem der entzündeten Häuser wurde ein aus Oppach gebürtiges Webermädchen
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen III. Section. Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser, Leipzig 1854–1861, Seite 95. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Ritterg%C3%BCter_und_Schl%C3%B6sser_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_III.djvu/140&oldid=- (Version vom 17.5.2022)