Im Frührot ward es offenbar:
Im Garten trug die Wundermär
Der Leichtbeschwingte längst umher!
Das Morgenrot, in Glut getaucht,
Der Wind im Röhricht weit und breit
Erzählten sich die Neuigkeit,
Bis sie durch – Fliegen, wild umd zahm,
Flugs unter alle Leute kam.
Verraten! O, welch Herzeleid !
Mit scheelen Blicken Spott und Neid
Uns traf wie kalter Nordlichtschein.
Wohl tröstet’ ich mein Vögelein,
Die Mißgunst zischelt’ immerzu,
Die gelbe Tulpe ragt’ empor,
Vor Neugier zitternd wie ein Rohr;
Zum Nachbar raunt’s der Kahlkopf Mohn –
Fast drob von Sinnen kam ich da
Und wußte kaum, wie mir geschah.
In wilden Fieberphantasien
Als – Schwälbchen sah ich scheu sie fliehn
Verfolgte sie mit grimmem Haß.
Dann träumt’ ich, daß wir irgendwo
Im Hüttchen teilten seelenfroh
Am eignen Herd – Schwarzbrot ein Stück,
Bis böse Geister sie erfaßt –
Und schleppten fort sie sonder Rast …
Ich suchte bang sie allerwärts
Und – fand sie nicht. Voll Seelenschmerz
Errötet, schweigt, blickt starr mich an …
Mein Busenfreund nur raunt mir zu:
Wie trefflich spielst den – Narren du!
Albert Weiß: Polnische Dichtung in deutschem Gewande. Otto Hendel, Halle a. d. S. 1891, Seite 61. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Albert_Weiss_-_Polnische_Dichtung_in_deutschem_Gewande.pdf/73&oldid=- (Version vom 20.8.2021)