Und wieder schallt’s: Wer rief es? Sprich,
Das Zauberwort: „Ich liebe dich!“
Ha! Wo gerieten heut wir hin?
Vielleicht zur – Kartenlegerin,
Verliebter raubt’ in stiller Stund’?
Die Winde rankt sich um den Ast,
Das Vöglein schlüpft ins Moos zu Rast,
Als ich sie lehrt – o Hochgenuß! –
Im ersten, keusch und minniglich,
Das Zauberwort: „Ich liebe dich!“
Ein süß Geheimnis teilten wir
Mit Vöglein, Ros’ und Winde hier
Im Wald, so oft der Abendstern
Belauscht Verliebte nah und fern.
Da Menschen man für Engel hält,
Da nimmer Habgier, Neid und Not,
Noch Schmach und Tod und Sünde droht,
Als ob die Erde neu erstand
Und zu des Menschen Glück und Trost
Mit Rosen nur und Faltern kost.
Die Menschen aber um uns her,
Sie werden fremd uns mehr und mehr,
Der Wald ist unser Element:
Umgrünt, umblüht uns Baum und Strauch,
Umweht uns süßer Düfte Hauch,
Verschleiert sich des Äthers Blau,
Beredten Blicks uns thun wir kund
Nur was uns eint zum Herzensbund!
In Unschuld hätten Arm in Arm
Wir fortgeschwärmt so sonder Harm,
Wenn wir – uns selbst besiegten nur,
Wenn uns zum Unheil die Natur
Albert Weiß: Polnische Dichtung in deutschem Gewande. Otto Hendel, Halle a. d. S. 1891, Seite 59. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Albert_Weiss_-_Polnische_Dichtung_in_deutschem_Gewande.pdf/71&oldid=- (Version vom 21.8.2021)