Krankheit mit zum Gegenstande ihrer Betrachtungen über den Menschen machten, grosses Wirrsal in unserer meist auf Erfahrung sich gründenden Wissenschaft anrichteten, indem sie bei sehr ungenügender Kenntniss des Organismus Hypothesen als Dogmen aufstellten, so erkennen wir den Irrthum; wenn der gelehrte Galen allerdings durch seine Gelehrsamkeit, aber eben mehr durch seine oft gefehlte, aber immerhin logisch richtige Theorie und sein hypothesen reiches System, als durch wahre Erfahrungs-Thatsachen die medicinische Wissenschaft nahezu vom Anfange der christlichen Zeitrechnung bis in das 14te., ja 16te. Jahrhundert hinauf, (bis Mondino de Luzzi und Vesal), beherrschte; wenn seit Vesal Entdeckung auf Entdeckung in der Anatomie und seit Harvey und Haller in der Physiologie des Menschen folgte; wenn durch Bichat, durch Johannes Müller und viele ganz in ihrem Geiste fortarbeitende Forscher der Gegenwart die Anatomie und Physiologie des Menschen, besonders unter Beihilfe der chemischen Untersuchung und des Mikroskops zu einer kaum geahnten Höhe gelangten; wenn seit dem Ende des 17ten. Jahrhunderts die pathologische Anatomie durch Morgagni’s Entdeckungen den vorzüglichsten Anstoss erhielt, und nachdem dieselbe, nur langsam sich emporringend, erst in der ersten Hälfte des 19ten. Jahrhunderts jenen Standpunct erlangte, der ihr gebührt; wenn nun in der Gegenwart die erfahrungsgemässen Resultate der Physiologie und pathologischen Anatomie die Grundlagen abgeben für die theoretische und practische Medicin, und keine Theorie versucht werden darf, ohne die Erfahrung zu fragen; wenn das Alles seine analoge Anwendung im entsprechenden Grade auch auf andere Hilfswissenschaften findet: so können wir immerhin sagen, dass in der Gegenwart eine rationelle Empirie die Leuchte unserer Wissenschaft in Theorie und Praxis bilde.
Alle die verschiedenen Theorien von der Schule der alten Dogmatiker durch die der Empiriker, Theoretiker und Methodiker hindurch, ferner durch die Galen’sche Medicin, wie
Franz Clar: Einige Worte über ärztliche Schule und Praxis. Leykam, Graz 1864, Seite 4. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Aerztliche_Schule_und_Praxis.djvu/4&oldid=- (Version vom 31.7.2018)