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Seite:Adolf von Stählin - Mein Bekenntniß beim Abschied 1866.pdf/17

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 Wie soll aber dieser Glaube, der das Heil, der die Gnade Gottes in Christo ergreift, in uns entstehen, wenn nicht zuvor ein Verlangen nach dem Heile in uns vorhanden ist, und wie soll das Verlangen nach Heil in uns entstehen, wenn wir nicht unser Unheil erkannt? Nur durch Buße geht’s zum Glauben, nur durch die Tiefe zur Höhe, durch die Tiefe der Selbsterkenntniß und des Selbstgerichts auf die Höhe seliger Gnadenerkenntniß und glaubensvoller Heilsgewißheit. Was heißt aber Buße anders, als mit dem ganzen, vollen Ernst der Wahrheit sein ganzes Wesen in das Licht der göttlichen Heiligkeit stellen, in tiefer, schmerzensreicher Erkenntniß, daß wir durchaus nicht bestehen können vor dem heiligen Gott, weder mit unsern Sünden noch mit unserer natürlichen Gerechtigkeit, sprechen: An dir, an dir allein habe ich gesündigt?

 Eine solche Buße hat große Kraft, denn sie erzeugt festen, gesunden, in Christo immer tiefer wurzelnden Glauben. Buße und Glaube ist Inhalt unserer Predigt. Aber wie wir überhaupt nie der Gemeinde predigen sollen, ohne zuvor uns gepredigt zu haben, so hat der Geistliche auch fort und fort in der Buße der Gemeinde voranzugehen. Gerade unser hohes, heiliges, verantwortungsvolles Amt soll uns auch beständig mahnen an die Pflicht der Buße. Ich darf nun wohl sagen, ich kenne die Schmerzen, ich kenne auch etwas die Kraft der Buße. Gerade heute aber, wo ich scheide von einer theuren Gemeinde und mein Tagewerk unter ihr überblicke, drängts mich zu einem bußfertigen Bekenntniß. Ich habe wohl ernst und anhaltend darnach gerungen, das Wort, das ich verkünde, auch durch Sinn und Wandel zu ehren. Aber wenn ich mein Innerstes prüfe, wenn ich hintrete vor das Feuerauge Gottes, wie viel Mangel und Gebrechen, Sünde und Unlauterkeit finde ich doch, die sich auch meinem amtlichen Wirken beigemengt! Darum beuge ich mich vor ihm, dem dreimal Heiligen, im Staube und rufe ihn an, er möge alle meine Sünde bedecken mit dem theuren Verdienst seines Sohnes.

 Nicht ohne Buße, aber auch im lebendigen Glauben will