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Seite:Adolf von Stählin - Löhe, Thomasius, Harleß.pdf/69

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gilt dies in hervorragendem Maße. Thomasius war durch und durch ein Mann der Kirche. Man bekommt den Eindruck, dass, was er im letzten Teil seiner Dogmatik über Sakrament, Heilsordnung und namentlich Kirche sagt, mit besonderer Wärme geschrieben ist. Charakteristisch ist ferner, wie er Schleiermacher nachrühmt, dass er zuerst wider die Bedeutung der Kirche zu würdigen unternahm: „was er nach dieser Richtung hin geleistet hat, gehört zu seinen unsterblichen Verdiensten. Es war eine Tat, die Welt, sofern sie der Erlösung zugeeignet ist, unter den Begriff und die ganze Theologie unter den Gesichtspunkt der Kirche zu stellen (III, 2. S. 403)“.

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 Thomasius war durch seine ganze äußere und innere Lebensfürung auf die lutherische Kirche gewiesen worden und hing dieser Kirche und ihrem Bekenntnis mit der wärmsten Liebe und Treue an. Sein Luthertum trug aber den voll evangelischen, einen wahrhaft ökumenischen Charakter. Bezeichnend ist seine Äußerung: „es ist bei dem Namen „„lutherisch““ gar nicht unsere Meinung, als sei das Lutherische etwas Sonderliches, das etwa neben oder außerhalb des Allgemeinchristlichen und Evangelischen läge, wir sind vielmehr überzeugt, in dem eigentümlich Lutherischen gerade das zu besitzen, was das wahrhaft Allgemeine, was insbesondere die rechte, schriftgemäße Mitte zwischen den konfessionellen Gegensätzen bildet“. Keine sichtbare Kirchengemeinschaft darf sich nach seinem Urteil rühmen, in ihr sei das Zion Gottes beschlossen (Dogmatik III, 2, S. 374), wenn er auch der „Sonderkirche des schriftgemäßen Bekenntnisses“ den Charakter der Katholizität vorzugsweise zueignet (a. a. O. III, 2, S. 423). Sein ideell theologischer Standpunkt hinderte ihn aber nicht, sich mit voller Liebe der Landeskirche hinzugeben, aus welcher er hervorgegangen und deren theologischen Nachwuchs er in erster Linie zu bilden hatte. Als Abgeordneter der theologischen Fakultät griff er bedeutsam in die Verhandlungen von fünf Generalsynoden vom Jare 1853 bis 1869 ein. Er war auf ihnen der Mann besondersten Vertrauens. Die wichtigsten Referate über Agende, Katechismus, Kommunalschule wurden ihm anvertraut. Nie stand er ungeachtet aller entschiedenen Geltendmachung seiner lutherischen Überzeugung auf

Empfohlene Zitierweise:
Adolf von Stählin: Löhe, Thomasius, Harleß. J. C. Hinrichs’sche Buchhandlung, Leipzig 1887, Seite 55. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Adolf_von_St%C3%A4hlin_-_L%C3%B6he,_Thomasius,_Harle%C3%9F.pdf/69&oldid=- (Version vom 31.7.2018)