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Seite:Adolf von Stählin - Löhe, Thomasius, Harleß.pdf/22

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eine andere Aushilfe angenommen. Es schlug ihn dann für eine Repetentenstelle vor, wobei ihm eine bestimmte Zal von Predigten übertragen werden sollte. Die Erledigung einer solchen Stelle verzögerte sich aber. So musste Löhe noch von Ort zu Ort als Pfarrverweser wandern, bis er durch eine eigentümliche Verkettung von Umständen im Jare 1837 als Pfarrer in Neuendettelsau fast wider seine eigene innerste Intention angestellt wurde. „Nicht tot möchte ich in diesem Neste liegen“, rief Löhe aus, als er einmal als Pfarrverweser von Merkendorf Neuendettelsau betreten hatte, und doch ist Neuendettelsau ihm eine liebe Heimat, auch die Heimat seiner teuersten Ideale geworden. Er fand später den Ort, den andere von allen Reizen der Natur verlassen fanden, schön, obwol er einige der herrlichsten Gegenden der Erde gesehen hatte, und wusste in das dortige Leben einen reichen Kranz geschichtlicher Erinnerungen, an welchen es der ganzen Gegend nicht fehlt, zu verweben. Löhe eignete die Gabe liebenswürdigster, man möchte sagen, Göthescher Idealisirung. Man hat es bisweilen tragisch gefunden, dass eine so außerordentliche Kraft in solche Einsamkeit verschlagen erschien; Löhe strebte längere Zeit selbst nach größerer Wirksamkeit; viermal hat er sich um städtische Stellen gemeldet; es wurde ihm keine zu teil. Ehren wir auch hierinnen eine höhere providenzielle Fürung! Eine in so hohem Maße selbständig angelegte, zum Herrschen berufene Natur wie die Löhes hätte sich kaum zu einer Wirksamkeit neben anderen geeignet. Gerade an diesem einsamen, abgeschiedenen Orte sollte Löhe seine schöpferischen Kräfte in staunenswerter Weise zur Entfaltung bringen. Das geringe Dorf ist durch ihn eine Berühmtheit geworden im Reiche Gottes; in eine großartige christliche Kolonie, in eine Stadt auf dem Berge ward es durch Löhe umgewandelt, von der die segnenden Stralen barmherziger Liebe auf zwei Weltteile ausgegangen sind.

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 Ehe es aber dazu kam, war ein schwerer äußerer und innerer Kampf zu kämpfen. Vom Jare 1848–1852 bewegte Löhe der Gedanke des Austritts aus der bayerischen Landeskirche mit einer Stärke, dass die Separation mehr denn einmal beschlossene Sache war; der Konflikt mit dem Kirchenregimente hatte zuletzt eine

Empfohlene Zitierweise:
Adolf von Stählin: Löhe, Thomasius, Harleß. J. C. Hinrichs’sche Buchhandlung, Leipzig 1887, Seite 8. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Adolf_von_St%C3%A4hlin_-_L%C3%B6he,_Thomasius,_Harle%C3%9F.pdf/22&oldid=- (Version vom 31.7.2018)