Zum Inhalt springen

Seite:AdlerStudie.djvu/52

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Ich muß zum Schlusse dieses Kapitels noch einer Erscheinung gedenken, die sich anscheinend dem bisher gezeichneten Schema nicht völlig einfügt. Geht doch meine Behauptung dahin, die Bedeutung der äußeren Stigmata als Zeichen für die Minderwertigkeit des zugehörigen Organes festzulegen. Es gibt nun eine Anzahl von äußeren Stigmen, bei denen vielleicht die Annahme einer Minderwertigkeit ihres zugehörigen Organes, der Haut, sich erweisen ließe, die aber fraglos eine innigere Beziehung zeigen zu den ihnen segmental zugehörigen inneren Organen, so daß ihre Anwesenheit eine Minderwertigkeit des Segmentes, eine „segmentale Insuffizienz“ anzeigt.

In den vorhergehenden Zeilen habe ich öfters auf sie hingewiesen. Soweit ich ihre Rolle hervorheben kann, handelt es sich um Naevi aller Arten, um Angiome der Haut, um äußerlich sichtbare Teleangiektasien und um Neurofibrome. Ihr hereditäres Vorkommen ist kaum zu bezweifeln. Die gelegentliche Umwandlung des Naevus in ein Karzinom wurde schon oben in meinen Bemerkungen zu einer Theorie des Karzinoms auf Grund der Minderwertigkeitslehre in ihrer Bedeutung hervorgehoben.[1] Ferner muß ich Virchows Erörterungen über das fissurale Angiom als einer fötalen Entwicklungshemmung an dieser Stelle anziehen und in ihnen eine Etappe zu meiner Auffassung von den Zeichen der segmentalen Minderwertigkeit erblicken. Aus der Literatur kann man reichlich Material schöpfen, das sich in meinem Sinne deuten läßt. Ich muß diese reizvolle Aufgabe auf später verschieben. Ebenso wenig kann ich hier auf die Lehren Heads eingehen, deren Zusammenhang mit der vorliegenden Auffassung sofort klar wird, wenn man mit mir Segmenterkrankungen annimmt, die durch die segmentale Minderwertigkeit vorbereitet werden.

Ich will hier einige der frappanten Befunde anführen, wie man sie bei aufmerksamer Verfolgung der hier skizzierten Ideen gewiß häufig findet. Da muß ich nun vor allem hervorheben, daß sich Naevi bei Lungentuberkulose des Patienten oder seiner Angehörigen ungemein häufig vorfinden. Sie sitzen an den verschiedensten Stellen des Thorax, auf der gesunden, auf der erkrankten Seite und nicht selten in der Höhe der Erkrankungszone oder etwas höher. Fälle wie die folgenden sieht man oft:


  1. Wie ich zur Zeit der Niederschrift meiner Studie aus einem Referat entnehme, scheint sich meine Auffassung des Karzinoms mit der Borsts (Würzburger Abhandlungen) enge zu berühren.
Empfohlene Zitierweise:
Alfred Adler: Studie über Minderwertigkeit von Organen. Urban & Schwarzenberg, Berlin und Wien 1907, Seite 40. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:AdlerStudie.djvu/52&oldid=- (Version vom 31.7.2018)