Andreas Ulrich Mayer, Gerard van Swieten: Abhandlung des Daseyns der Gespenster, nebst einem Anhange vom Vampyrismus | |
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Die Meinung, daß es keine Gespenster giebt, ist ganz rein von allen Aberglauben. Sie weis nichts von dem Geistervertragen und Gespensterbeschwörungen, und sie verabscheuet auch den Gedanken, daß durch Teufelswerk die Geister bezwungen, und die Gespenster können vertrieben werden; als wenn dessen Macht auch über die Geister sich erstrecken thäte, welche doch nach der Lehre der Geisterfreunden das Urtheil GOttes an ein gewisses Ort angebunden. Sie will also nicht in die Gesellschaft derjenigen kommen, die sich rühmen, Geister verjagen zu können, und der Leichtgläubigkeit den Beutel leeren. Da sie ferner die Erscheinungen des Satans läugnet, und die Unmöglichkeit beweiset, daß der Satan aus eigenen Kräften nicht erscheinen könne, so vernichtet sie den ausdrücklichen Pact und Bindniß mit dem Satan, und wirft folgsam das ganze Hexensystem zu Boden. Sie ist auch eine liebvolle und erspriesliche Meinung, sie urtheilet nicht, sie denket nicht übel von andern, und sie rettet die Ehre des Verstorbenen, welchen oft eine gemeine Sage als ein Gespenst herum wandern läßt, und dadurch dessen Ehre verletzet. Und da sie begehrt, daß man das Wort GOttes rein vortrage, ist sie eine höchst erspriesliche Meinung. Es wird dieses durch manche Geister- und Gespenstermährchen beflecket; sie wünschet also, daß die Prediger ihre Beweise nicht von den Gespenstergeschichten, sondern aus der reinen Quelle der unfehlbaren Lehre des HErrn schöpfen, und daß sie mehr in die göttliche Schrift, als in den Exempelspiegel schauen möchten. Das Volk soll einen reinen Unterricht durch die Stellen der H. Schrift, durch die Lehre der HH. Väter, und durch die Vernunft erhalten, nicht aber durch Gespenstermährchen, die nur die Einbildung des Zuhörers in Bewegung setzen, und wie ein Irrlicht verschwinden; und bei deren Erzählungen der Prediger mehr die Person eines Bilderpatschers, als eines geistlichen
Andreas Ulrich Mayer, Gerard van Swieten: Abhandlung des Daseyns der Gespenster, nebst einem Anhange vom Vampyrismus. , Augsburg 1768, Seite 162. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Abhandlung_des_Daseyns_der_Gespenster.djvu/162&oldid=- (Version vom 4.8.2020)