Andreas Ulrich Mayer, Gerard van Swieten: Abhandlung des Daseyns der Gespenster, nebst einem Anhange vom Vampyrismus | |
|
auf einer anderen Pfeife; und als sich alle Kinder unter 14. Jahren, an der Zahl 130. zu ihm versammelten, führte er dieselben, auf den sogenannten Kopfelberg, wo das Hochgericht der Stadt ist, und keines dieser Kinder kam mehr zum Vorschein. Ein junges Mägdchen, welches von ferne zusah (andere schreiben es sey ein Knabe gewesen, der noch nicht ganz angekleidet nach Hause lief, um seine übrige Kleider zu holen) brachte den Bericht davon in die Stadt. Man zeiget auch allda die Kruft, in welche gedachter Mann die Kinder geführet hat. Auch auf den Fenstergläsern der Kirche ist diese Geschichte abgebildet, und noch heute zu Tage werden alle gemeine Ausfertigungen der Stadt Kanzeley mit Beobachtung dieser Zeitrechnung, folgender maaßen gemacht: geschehen in diesem - - - Jahre, nach Verschwindung unserer Kinder. (Es irret Calmet. Samuel Erich in seinem Exodus Hamelensis hat nähere Nachricht, und behauptet, daß zu Hamel nach dem Jahre Christi, das Jahr des Auszugs der Kinder nicht mehr beigesetzt werde) Endlich sieht Calmet diesen Pfeifer für einen bösen Geist an, wie auch Wierus selben für den Teufel hält; andere begleiten die Geschichte noch mit diesen Umständen: daß zum Zeichen der Begebenheit in der Straße, wo sie sich zugetragen, welche die bürgerlose Straße heißt, niemal der Klang einer Pfeife zugelassen werde. Auch alle Tänze daselbst verbothen seyen, und daß in Ungarn einige Kinder gefunden worden, welche eine fremde Sprache geredet haben.
Schon aus den Anmerkungen, welche wir in den Klammern der Geschichte beigebracht haben, veroffenbaret sich der Ungrund derselben. Wir wollen aber noch andere beifügen. Erstlich streitet gegen die Wahrheit dieser Begebenheit das Stillschweigen der Geschichtschreiber selber Zeiten, die doch die kleinsten und geringsten Sachen sorgfältigst aufgezeichnet haben; als da ist das Jahr,
Andreas Ulrich Mayer, Gerard van Swieten: Abhandlung des Daseyns der Gespenster, nebst einem Anhange vom Vampyrismus. , Augsburg 1768, Seite 131. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Abhandlung_des_Daseyns_der_Gespenster.djvu/131&oldid=- (Version vom 14.2.2021)