Zum Inhalt springen

Seite:Abhandlung des Daseyns der Gespenster.djvu/023

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Andreas Ulrich Mayer, Gerard van Swieten: Abhandlung des Daseyns der Gespenster, nebst einem Anhange vom Vampyrismus

vorgekommen seyn. Reden ist den Thieren nicht natürlich, und niemand wird so leicht dem jüdischen Geschichtschreiber Josephus Flavius, beipflichten, und behaupten, daß die Thiere vor dem Sündenfall das natürliche Vermögen zu Reden gehabt haben. Diesen Knotten aufzulösen, sagen einige, daß der Eva diese Rede zwar übernatürlich habe vorkommen müssen; daß sie aber geglaubt habe, daß ein guter Geist aus der Schlange rede. Ein guter Geist? also ein Engel. Allein die Schrift meldet kein Wort von einem Engel, und wer weis, ob Eva einige Wissenschaft von den erschaffenen Engeln hatte? oder wie hat sich wohl die Eva, die einen durch keine Sünde verdunkelten Verstand besaße, vorstellen können, daß ein guter Geist, sie zu Übertrettung des scharfen Gebothes, so ihr GOtt gegeben hatte, anleiten könnte. Vielleicht könnte man die Geschichte wegen dieser Beschwerniß also erklären. Die Schlange ist auf dem Baum herum gekrochen, und hat, da sie die Früchten abgebrocket, unsere erste Mutter zu eben diesen angereizet, und der Satan hat der Eva durch innerliche Versuchung eingegeben: Ihr werdet nicht des Todes sterben, ihr werdet wie die Götter werden, und das Gute und Böse wissen, sofern ihr von der Frucht des Baums esset. Siehe! die Schlange rühret auch die Früchte an, und sie stirbet nicht des Todes, auch du wirst ewig leben, wenn du von diesem Baume genießest.

Es kann dieses seyn. Es kann aber auch nicht seyn, daß sich diese Begebenheit also zugetragen. Mir ist es genug, daß diese Erklärung viel wahrscheinliches in sich enthält, und daß der durch seine Schriften verewigte Calmet[1] sage: Es wird an verschiedenen


  1. b) In seinem Buche von Erscheinungen der Geistern, Fol. 391.
Empfohlene Zitierweise:
Andreas Ulrich Mayer, Gerard van Swieten: Abhandlung des Daseyns der Gespenster, nebst einem Anhange vom Vampyrismus. , Augsburg 1768, Seite 23. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Abhandlung_des_Daseyns_der_Gespenster.djvu/023&oldid=- (Version vom 23.2.2020)