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Schrift und Schrifttum:11

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noch verwendet, mit der für Urkundenschrift charakteristischen Behandlung der Ober- und Unterlängen, die nicht gleich lang sind und vielfach zur Verzierung dienen. Ein Beispiel der Minuskel, nicht der Urkundenschrift, bietet Nr. 1 der „Schriftproben“ aus der Mitte des 14. Jahrhunderts, vielleicht von einem Schreiber, dem sonst die Kursive geläufiger ist. Denn diese gewinnt im 14. Jahrh. Boden und beherrscht im 15. Jahrh. das ganze Schreibwesen der Kanzleien. Mit dem Aufkommen des Drucks verliert dann vollends die gotische Minuskel als Schreibschrift ihre Bedeutung. Nur die Druckschrift und die gottesdienstlichen Bücher, Missalen u. a. halten an ihr fest.

Seit der Mitte des 13. Jahrh. kann man von einer Kanzlei der Grafen von Wirtemberg sprechen und, wenn auch zunächst nur an geringen Proben, die Kunst ihrer Schreiber prüfen. Es fehlen bis jetzt noch umfassendere Vorarbeiten, die erst ein sicheres Urteil ermöglichen würden. Für das 14. Jahrh. wird hoffentlich bald eine Publikation über das älteste Württembergische Urbar, die in Vorbereitung ist, Aufschluß bringen. Die Tafeln II bis XXIII zeigen die Buchstaben der württ. Notare und Schreiber seit 1254 bis in die Mitte des 16. Jahrh. nicht in vollständiger Reihe, denn dazu ist ihre Zahl zu groß, aber immerhin von so vielen, daß zu erkennen ist, wie eine gewisse Linie der Tradition, ein Festhalten an einzelnen bestimmten Formen sie verbindet. Es ist im 13. und 14. Jahrh. eine einfache Minuskel von meist recht zierlicher Art. In der 2. Hälfte des 14. Jahrh. macht sie die Geschmacksrichtung der Zeit mit, die an seinen zierlichen Häkchen und Bogenlinien, den Buchstaben zur reinen Verzierung angehängt, Gefallen findet. Diese Zutaten scheinen vielfach erst nachträglich an die fertige Schrift mit einer spitzeren Feder angehängt worden zu sein. Im 15. Jahrh. schreibt auch die wirt. Kanzlei durchweg in einer Kursive, die weniger fein, aber ohne Zweifel rascher zu schreiben ist als die Minuskel.

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Die Tradition, die wir bis dahin in der wirt. Kanzlei zu erkennen glauben, scheint den Schluß zuzulassen, daß man den Nachwuchs für das Schreiberamt selbst erzog. Von einer eigentlichen Kanzleischule, wie sie z. B. in Ulm erwähnt wird, ist dabei freilich nicht die Rede. Eine neue Einrichtung ist im 16. Jahrh. die Modistenschule in Stuttgart, deren Aufgabe war, für die Kanzlei, für kaufmännischen und alle anderen Berufe, für die Schön- und Schnellschreiben erwünscht war, junge Leute heranzubilden. Man nannte diese Lehrer Modisten, weil sie den modus scribendi, die Kunst besonderer Schriftzüge, pflegten und lehrten. Sie scheinen zuerst in den Reichsstädten aufzutreten, namentlich aus Nürnberg kamen manche zu uns. Eine Untersuchung des Schreibwesens vom 16. bis 18. Jahrh. wird noch darauf einzugehen haben, was wir über Kunst und Wirksamkeit dieser Schreibkünstler wissen, die notwendig auf den Schreibbetrieb der Kanzleien Einfluß gewinnen mußten. Der Modist Christoph Fabri rühmte sich 1596 der Fertigkeit in 100 verschiedenen Schriftarten; leider ist die Tafel, auf der er Proben dieser Kunst vorlegte, nicht bei den Akten geblieben. In den Reihen dieser Modisten nun sind jene Lohnschreiber zu suchen, von denen nachher noch die Rede sein wird. Christoph Fabri nennt sich selbst Guldinschreiber, was vielleicht absichtlich eine Wortbildung von vielfacher Auslegung ist: es kann den Mann bezeichnen, der goldene Buchstaben schreiben kann, dessen Kunst Goldes Wert ist und der um Gulden schreibt. Von dem Modisten Held wird berichtet, daß er bei seinem kärglichen Gehalt nur durch großen Schreibverdienst habe leben können.

Die Geschichte der deutschen Kursive, wie sie seit dem Beginn des 16. Jahrh. sich durchgesetzt hat, wird ferner sich nicht auf die engen Grenzen des einzelnen Territoriums beschränken dürfen. Der einzelnen Schreibstube kommt dabei nicht mehr die Bedeutung zu wie in früheren Jahrhunderten und ihre vermeintlichen Besonderheiten sind wohl zumeist als Zeiterscheinungen weit verbreitet und auch anderswo zu finden. Denn der Einfluß etwa des wechselnden Geschmacks

Gebhard Mehring: Schrift und Schrifttum
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