Schnellklärung trüber Flüssigkeiten
[239] Schnellklärung trüber Flüssigkeiten. Klarheit ist für fast alle Flüssigkeiten, mögen sie zum Genuß oder für technische Zwecke bestimmt sein, ein nothwendiges Erforderniß. Man bietet deshalb Alles auf, dieselben in möglichster Reinheit darzustellen, und sucht solche, wenn durch natürliche Ablagerung die Beseitigung des Trüben nicht erreicht oder zu lange Zeit dazu erfordert wird, durch mechanische Abscheidung oder durch chemisch wirkende Mittel zu erzielen. Gewohnheit und Bequemlichkeit haben bisher die Anwendung des chemischen Klärverfahrens bevorzugt, obgleich dasselbe zum Nachtheil des Gehaltes der Getränke geübt wird und in gar vielen Fällen unzulänglich erscheint, während die erstere Methode, wie dies die Arbeiten in den chemischen Laboratorien und die Natur im selbst geläuterten Quellwasser beweisen, richtiger, billiger, rascher und sicherer ist.
Man klärt oder schönt z. B. Wein, Bier, Cider, Essig etc. mit Hausenblase, Eiweiß, Blut und andern Substanzen, welche eine Verbindung mit dem in den Flüssigkeiten enthaltenen Gerbestoff eingehen, als solche eine Gallerte bilden und so die trübenden Theile niederschlagen. Der Gerbestoff, welcher in der Klärungsverbindung (der sogenannten Schönung) mit fortgenommen wird, ist aber ein sehr nothwendiger Bestandtheil für jene Getränke, als Bedingniß ihrer Haltbarkeit und Vervollkommnung ihres Wohlgeschmacks. Seine Verminderung kann daher nur von Nachtheil sein, aus welchem Grunde auch z. B. alte, erfahrene Weinküfer nur ungern an’s Schönen der Weine gehen, indem sie behaupten, „mit jeder Schönung würde dem Wein ein Kleid ausgezogen“. Oftmals erweist sich die chemische Klärung ganz wirkungslos, weil entweder zu wenig oder zu viel des Stoffes, der sich mit der Schönung verbinden muß, in der Flüssigkeit enthalten ist, oder weil noch andere Stoffe eine Gegenwirkung ausüben. Nur lange Praxis giebt in ersteren Fällen an, was man zuzusetzen oder vorher auf andere Weise zu vermindern hat; in letzterem Falle ist vielfach die älteste Erfahrung am Ende.
Solchen Nachtheilen und Uebelständen gegenüber ist es daher von
hoher Wichtigkeit, daß man in der Neuzeit auch auf diesem Gebiete Verbesserungen
angestrebt hat. Die Benutzung der plastischen Kohle und die
Mitanwendung der Luftpumpe bei der Filtration waren anerkennenswerte
Versuche, wenn auch beide Methoden, weil sie mangelhaft und unzulänglich
sind, in der Praxis kaum weitere Anwendung finden können. Ein
größerer Fortschritt von bedeutenderer Tragweite ist neuerdings durch die
Auffindung und Zubereitung eines fast für alle Flüssigkeiten anzuwendenden
mechanischen Klärmittels und durch Darstellung der dazu nöthigen
praktischen Apparate gemacht. In der Steingutfabrik der Gebr. Möller
zu Unterlöditz bei Königsee in Thüringen werden aus einer glasirten, steinartigen
Masse, welche durch Säuren und andere Schärfen nicht angegriffen
wird, Apparate angefertigt, welche den Anforderungen vollkommen genügen
und nicht sowohl befriedigende, als höchst überraschende Resultate
gewähren. Ein solcher Apparat ist mit der größten Leichtigkeit durch
Einlage des Klärmittels hergerichtet, die trübe Flüssigkeit wird hineingeleitet
und fließt sofort glanzklar aus dem Mittel heraus, wobei es sich
[240] gleich bleibt, ob man die Abklärung durch Abfluß nach unten, oder mittelst
hydrostatischen Druckes nach oben zu erreichen sucht. Die Klärung
geht so schnell vor sich, daß der geregelte Zufluß der trüben Flüssigkeit den
unverweilten Abfluß der geklärten bedingt. – Der Werth dieses Fortschritts
ist um so mehr unschätzbar, als man ja den größern Maßstab anlegen
kann und das Klärmittel sich fast gar nicht abnutzt und immer wieder,
auch von einer Art Flüssigkeit zur andern, zu brauchen ist. Apparate
dieser Art, welche in der Stunde 30–60 Quart klären, kosten 5 Thaler.
Sie können für Wasser, Wein, Cider, Bier, Essig, Spirituosen, Säfte etc.
benutzt werden, weshalb die Sache von größtem Interesse für Geschäftsleute
aller Branchen und für jede Haushaltung ist. R.