Schlußrede zu einem Trauerspiele
Gehalten von Madame Schuch
1754
Euch, die Geschmack und Ernst und was nur Weise rührt,
Die Tugend und ihr Lohn, ins Trauerspiel geführt,
Euch macht Melpomene durch künstliches Betrügen
Beklemmtes Herz zur Lust und Mitleid zum Vergnügen.
Und mit Affekten kämpft, in schweren Worten spricht;
Ihr folgt ihm durch den Kampf, mit gleich geteilten Trieben
Zu hassen, wenn er haßt, und wenn er liebt, zu lieben.
Ihr hofft, ihr tobt mit ihm; ihr teilt sein Weh und Wohl
Schämt euch der Wehmut nicht, die feucht im Auge schimmert,
Gönnt ihr, ach! gönnet ihr den Ausbruch! Unbekümmert,
Ob Wesen oder Schein, ob Wahrheit oder Trug,
Den Panzer um das Herz mit süßer Macht zerschlug.
Und hebt sie teuer auf, zu sein und unsrer Ehre.
Zu unsrer Ehre? – Ja, als Teil an unserm Lohn,
Durch der Gebärden Reiz, durch Mienen, Tracht und Ton,
Und durch die ganze Kunst ruhmvoller Heuchlergaben,