Zum Inhalt springen

Schiller in Loschwitz

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
<<< >>>
Autor: P.
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Schiller in Loschwitz
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 31, S. 532
Herausgeber: Adolf Kröner
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1897
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Leipzig
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite


[520]

Schiller in Loschwitz.
Nach dem Gemälde von Frank Kirchbach.

[532] Schiller in Loschwitz. (Zu dem Bilde S. 520 und 521.) Blickt man von der Brühlschen Terrasse in Dresden den grünen Elbstrom hinaus und das liebliche Höhengelände entlang, das am rechten Ufer den Fluß begrenzt, so labt sich das Auge entzückt an den Schlössern und Villen, die, dem Dorfe Loschwitz vorgelagert, aus dem Grün der Gärten malerisch zum Strom herniedergrüßen. Nähert man sich dem Dorfe auf dem Höhenzug selbst, so führt uns die Straße kurz vor dem Ort an einem unscheinbaren Häuschen vorüber, das zu einer der schönen Weinberg- Besitzungen gehört, die sich von hier nach der Elbe hinunterziehen. Eine kurze Inschrift fesselt den Blick – sie lautet: „Hier schrieb Schiller bei seinem Freunde Körner den Don Carlos 1785, 1786, 1787.“

Die schlichten Worte rufen in uns die Bedeutung wach, welche die idyllische, anmutige Natur dieser Umgebung für eine der wichtigsten und glücklichsten Wandlungen im Leben Friedrich Schillers gehabt hat. Schon der herrliche Brief, welchen der spätere Dresdener Appellationsrat Christian Gottfried Körner im Juni 1784 aus Leipzig im Verein mit seiner Braut Minna Stock, deren Schwester Dora und ihrem Bräutigam Huber an den ihnen persönlich unbekannten Dichter der „Räuber“ nach Mannheim schrieb, hatte auf des Dichters damals schwergedrücktes Seelenleben wunderbar aufrichtend gewirkt. Die Aufnahme, welche er im folgenden Jahr im Bunde dieser Verehrer in Leipzig und Dresden fand, versetzte den vorher an seiner Mission schon verzagen wollenden Dichter in jene gehobene Seelenstimmung, der wir das Lied „An die Freude“ verdanken. Und die großherzige Gastfreundschaft, die Körner dann nach seiner Verheiratung mit Minna Stock dem bewunderten Freunde in Dresden und in seinem Loschwitzer Landhaus gewährte, sie war für Schiller der sichere Hafen, in welcher der Sturm und Drang seines jugendlichen Genius zu männlichem Kraft- und Zielbewußtsein sich klärte. In Dresden und Loschwitz dichtete er nicht nur den „Don Carlos“ und in ihm die abgeklärteste Gestaltung seiner Jugendideale, hier fand er auch die Muße zu einem zusammenfassenden Studium der Geschichte, welches dann zur festen Basis seiner weiteren Entwicklung wurde.

Frank Kirchbach, der in unserem Bilde ein Gegenstück zu dem von uns im vorigen Jahrgang (S. 224.) gebrachten „Goethe auf dem Mühlberg in Frankfurt a. M.“ geschaffen hat, zeigt uns den Dichter, wie er, in der Abgeschiedenheit des Körnerschen Weinbergs unter einem Obstbaum sitzend, dem vor ihm gelagerten Körnerschen Paar einige frischgedichtete Scenen aus „Don Carlos“ zum Vortrag bringt. In der Erregung sind ihm die Blätter des Manuskripts, aus welchem er vorzulesen begonnen, entfallen – vom Feuer der eigenen Dichtung hingerissen, nimmt sein Geist nachschaffend noch einmal den Flug, den er in der Stunde der Inspiration genommen – und den beiden Zuhörern, deren Augen begeisterungsvoll an des Dichters Lippen hängen, ist es zu Mute, als hörten sie die Dichtung frisch entstehen. Es sind Theodor Körners Eltern, die wir so im Lenze ihrer Ehe vor uns sehen. P.