Zum Inhalt springen

Schön-Margret und Lord William

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
<<< >>>
Autor: Theodor Fontane
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Schön-Margret und Lord William
Untertitel:
aus: Gedichte, Seite 378–381
Herausgeber:
Auflage: 10. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1905
Verlag: J. G. Cotta’sche Buchhandlung Nachfolger
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Stuttgart und Berlin
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans auf Commons
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
[[index:|Indexseite]]


[378]
Schön-Margret und Lord William.


     „Leb wohl, meine süße Margret!
Ich hab eine stolze Braut,
Morgen mit dem frühsten
Werd ich ihr angetraut.

5
     Leb wohl, meine süße Margret!

Ich freie die stolze Maid,
Am Kleide trag ich Hochzeit,
Im Herzen trag ich Leid.“

     Es kam der Hochzeitsmorgen,

10
Zur Kirche schritt das Paar,

Schön-Margret saß am Fenster
Und strählte ihr blondes Haar.

     Sie sah die Braut in Seide,
In Sammet den Bräutigam,

15
Sie legte schweigend nieder

Den elfenbeinernen Kamm.

     Sie schritt zum Strom hinunter
Und brach ein Blümlein da,
Das Blümlein war sie selber; –

20
Ein Fischer sie treiben sah. –


[379]
     Nun blinken die stillen Sterne

Ueber dem Hochzeitshaus,
Musik ist längs verklungen,
Die Lichter loschen aus.

25
     Lord William hält in Armen

Die stolze, die braune Maid; –
Da horch, was rauscht vorüber
In weißem, wallendem Kleid?

     Was stellt sich ihm zu Füßen

30
Und lächelt in Thränen noch?

Was flüstert ihm zu: „lieb William,
Leb wohl, ich liebe Dich doch!“ –

     Aufblitzt die Morgensonne,
Die Vöglein singen vom Baum,

35
Lord William spricht: „lieb Lady

Ich hatt’ einen bösen Traum.

     Ich sah zwei rothe Rosen,
Und die eine liebt’ ich heiß,
Und als ich brach die andere,

40
Da wurde die Eine – weiß.“


     Lord William steigt zu Rosse,
Seine Diener reiten mit,
Er weiß nicht, soll er jagen
Oder soll er reiten im Schritt.

45
     Er kommt an Margret’s Fenster,

Keine Margret dran zu sehn,
Er tritt in Haus und Halle, –
Da wußt er, was geschehn.

[380]
     Sieben Brüder stehend schweigend
50
Um ihrer Schwester Bahr’,

Noch blinken Wassertropfen
In ihrem goldnen Haar.

     „Ich liebte Dich im Leben,
Ich liebe Dich im Tod, –

55
Deine Lippen, könnt’ ich sie küssen

Bis daß sie wieder roth.“

     Da murrten die sieben Brüder,
Und der älteste sprach laut:
„Lord William, willst Du küssen,

60
So küss’ Deine stolze Braut.“


     „Wenn meine Braut ich küsse,
Küss’ ich nach Recht sie nur, –
Ich brach Euer Schwester Herze,
Doch brach ich keinen Schwur.

65
     Zu Tisch nun, liebe Mannen!

Die Tafel blinkt von Wein,
Morgen mit dem frühsten
Soll neu gedeckt sie sein.“

     Wohl war sie neugedecket

70
Noch eh der Morgen kam:

Schön-Margret starb aus Liebe,
Lord William starb aus Gram.

     Er ward im Chor bestattet,
Und siehe, Schön-Margret auch;

75
Sein Grab trug einen Weißdorn,

Ihrs einen Rosenstrauch.

[381]
     Sie wuchsen bis zum Dache

Und reichten sich da die Hand,
Kein Auge sah die Beiden

80
Das nicht in Thränen stand.


     Der Küster hieb sie nieder
Und warf sie in die Flamm,
Sie aber wuchsen wieder: –
Treue Liebe kommt zusamm.