Sage von Gambara
Sage von Gambara[1] und den Langbärten.
Greg. tur. hist. epitoinata cap. 65. cf. Gotfrid. viterb. p. 299. cf. 304.
Als das Loos geworfen war und der dritte Theil der Winiler aus der Heimath in die Fremde ziehen mußte, führten den Haufen zwei Brüder an, Ibor und Aio[2] mit Namen, junge und frische Männer. Ihre Mutter aber hieß Gambara, eine schlaue und kluge Frau, auf deren weisen Rath in Nöthen sie ihr Vertrauen setzten. Wie sich nun auf ihrem Zug eine anderes Land suchten, das ihnen zur Niederlassung gefiele, langten sie in die Gegend, die Schoringen hieß, da weilten sie einige Jahre. Nah dabei wohnten die Vandalen, eine rauhes und siegstolzes Volk, die hörten ihrer Ankunft, und sandten Boten an sie: daß die Winiler entweder den Wandalen Zoll gäben, oder sich zum Streit rüsteten. Da rathschlagten Ibor und Aio mit Gambara ihrer Mutter, und wurden eins: daß es besser sey, die Freiheit zu verfechten, als sie mit dem Zoll zu beflecken; und ließen das [27] den Wandalen sagen. Es waren die Winiler zwar muthige und kräftige Helden, an Zahl aber gering. Nun traten die Wandalen vor Wodan, und flehten um Sieg über die Winiler. Der Gott antwortete: „denen will ich Sieg verleihen, die ich bei Sonnenaufgang zuerst sehe.“ Gambara aber traf vor Frea, Wodans Gemahlin, und flehte um Sieg für die Winiler. Da gab Frea den Rath: „die Winiler Frauen sollten ihre Haare auflösen, und um das Gesicht in Bartes Weise zurichten, dann aber frühmorgens mit ihren Männern sich dem Wodan zu Gesicht stellen, vor das Fenster gegen Morgen hin, aus dem er zu schauen pflegte. Sie stellten sich also dahin, und als Wodan, ausschaute bei Sonnenaufgang, rief er: „was sind das für Langbärte?“ Frea fügte hinzu: „wem du Namen gabst, dem mußt du auch Sieg geben.“[3] Auf diese Art verlieh Wodan den Winilern den Sieg, und seit der Zeit nannten sich die Winiler Langbärte (Longobarden).