Sängerwürde
Unter diesen
Lorbeerbüschen,
Auf den Wiesen,
An den frischen
Meines Lebens zu genießen
Gab Apoll dem heitern Knaben;
Und so haben
Mich, im Stillen,
Hehre Musen auferzogen,
Aus den hellen
Silberquellen
Des Parnassus mich erquicket,
Auf die Lippen mir gedrücket,
Und die Nachtigal umkreißet
Mich mit dem bescheidnen Flügel;
Hier in Büschen, dort auf Bäumen,
Und die himmlischen Gesänge
Lehren mich von Liebe träumen.
Und im Herzen wächst die Fülle
Der gesellig edlen Triebe,
Und Apoll belebt die Stille
Seiner Thäler seiner Höhen.
Süße lauhe Lüfte wehen.
Alle, denen er gewogen
Und ein Edler folgt dem andern.
Dieser kommt mit munterm Wesen
Und mit offnem, heitern Blicke;
Diesen seh ich ernster wandeln;
Ruft die alte Kraft zurücke,
Denn ihm drang durch Mark und Leben
Die verderblich holde Flamme,
Und was Amor ihm entwendet,
Ruh und Lust und Harmonien
Und ein kräftig rein Bestreben.
Auf ihr Brüder,
Ehrt die Lieder!
Wer kann besser als der Sänger
Dem verirrten Freunde rathen?
Wirke gut, so wirkst du länger
Als es Menschen sonst vermögen.
Ja! sie greifen in die Saiten,
Mit gewalt’gen Götterschlägen
Rufen sie zu Recht und Pflichten
Und bewegen,
Zum erhabensten Geschäfte,
Zu der Bildung aller Kräfte.
Auch die holden Phantasien
Blühen
Die sich balde,
Wie im holden Zauberwalde
Voller goldnen Früchte beugen.
Was wir fühlen, was wir schauen
Dieser Boden, diese Sonne,
Locket auch die besten Frauen;
Und der Hauch der lieben Musen
Weckt des Mädchens zarten Busen,
Und mit schöngefärbter Wange
Singet sie schon würd’ge Lieder,
Setzt sich zu den Schwestern nieder
Und es singt die schöne Kette,
Doch die eine
Geht alleine
Bey den Buchen,
Unter Linden,
Dort zu finden
Was im stillen Myrrtenhaine
Amor schalkisch ihr entwendet,
Ihres Herzens holde Stille,
Und sie träget in die grünen
Schattenwälder,
Was die Männer nicht verdienen,
Ihre lieblichen Gefühle,
Achtet nicht des Abends Kühle
Und verliehrt sich in die Felder,
Stöhrt sie nicht auf ihren Wegen,
Muse geh ihr still entgegen.
Ueberbraus’t den Wasserfall?
Sauset heftig durch den Hain?
Welch ein Lärmen, welches Schreyn?
Ist es möglich! seh ich recht?
Dringt ins Heiligthum herein.
Hier hervor
Ströhmt ein Chor!
Liebeswuth,
Ras’t im Blick,
Sträubt das Haar!
Und die Schaar
Mann und Weib –
Schlägt umher –
Ohne Scheu
Zeigt den Leib,
Und Metall
Grellt ins Ohr,
Wer sie hört
Wird gestöhrt,
Hier hervor
Alles flieht
Wer sie sieht.
Ach die Büsche sind geknickt!
Ach die Blumen sind erstickt!
Wer begegnet ihrer Wuth?
Brüder, lasst uns alles wagen,
Eure reine Wange glüht.
Phöbus hilft sie uns verjagen,
Und uns Waffen
Zu verschaffen,
Schüttert er des Berges Wipfel,
Und vom Gipfel
Durch die Haine.
Brüder faßt sie mächtig auf!
Schloßenregen
Ströme dieser Brut entgegen!
Himmelreinen Lustgefilden
Diese Fremden, diese Wilden.
Doch was seh ich!
Ist es möglich?
Fährt es mir durch alle Glieder,
Und die Hand
Sinket von dem Schwunge nieder.
Ist es möglich!
Unsre Brüder
Zeigen ihnen selbst die Wege!
O! die Frechen,
Wie sie, mit den Klapperblechen,
Gute Brüder laßt uns fliehn.
Doch ein Wort zu den verwegnen
Ja, ein Wort soll euch begegnen
Kräftig wie ein Donnerschlag.
Will der Gott sich Recht verschaffen,
Folgen seine Pfeile nach.
War es möglich eure hohe
Götterwürde
Ist der rohe
Schwere Tyrsus keine Bürde,
Für die Hand, auf zarten Saiten
Nur gewöhnet hinzugleiten?
Aus den zarten Rieselwellen
Tränket ihr
Gar Silenens häßlich Thier.
Es entweihet Aganippen
Stampft mit ungeschickten Füßen,
Bis die Wellen trübe fließen.
O! wie möcht ich gern mich täuschen;
Aber Schmerzen füllt das Ohr,
Heiligen Schatten
Dringt verhasster Ton hervor.
Wild Gelächter
Statt der Liebe süßem Wahn!
Stimmen ein Triumphlied an.
Nachtigal und Turtel fliehen
Das so keusch erwärmte Nest,
Und in wüthendem Orgien
Hier wird ein Gewand zerrissen,
Dem Genusse folgt der Spott,
Und zu ihren frechen Küssen
Leuchtet mit Verdruß der Gott.
Wolkenzug und Dunst und Rauch.
Nicht die Leyer nur hat Saiten
Saiten hat der Bogen auch.
Selbst den Busen des Verehrers
Denn die Flamme des Verheerers
Kündet ihn von weiten an
O! vernehmt noch meine Stimme
Meiner Liebe Bruderwort!
Eilt aus unsern Grenzen fort!
Daß sie wieder heilig werde
Lenkt hinweg den wilden Zug.
Vielen Boden hat die Erde
Uns umleuchten reine Sterne,
Hier nur hat das edle Werth.
Doch wenn ihr aus rauher Ferne
Wieder einst zu uns begehrt,
Als was ihr bey uns erprobt,
Euch nicht mehr ein Spiel entzücket,
Das die Schranken übertobt;
Kommt als gute Pilger wieder,
Tief gefühlte Reuelieder
Künden uns die Brüder an.
Und ein neuer Kranz umwindet
Eure Schläfe feyerlich.
Freuen alle Götter sich.
Schneller noch als Lethes Fluthen
Um der Todten stilles Haus,
Löscht der Liebe Kelch den Guten
Alles eilet euch entgegen
Und ihr kommt verklärt heran,
Und man fleht um euren Segen,
Ihr gehört uns doppelt an!
Anmerkungen (Wikisource):
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