Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen: Weissensand
31/4 Stunden nordöstlich von Plauen, 21/4 Stunden von Greiz, 3/4 bis 11/4 Stunde von Reichenbach, Mylau, Treuen, Netzschkau und Lengefeld, in einer angenehmen, zwar ziemlich bergigen, aber nicht rauhen Gegend, meist am linken Ufer der Göltzsch gelegen.
Das dasige Rittergut besitzt weiter keinen Ort, hat aber vortreffliche Felder und Wiesen und stark veredelte Schäferei und gute Brauerei, auch mit den Gütern Mylau und Friesen die hohe Jagd auf der Flur des Orts: überhaupt gehört dieses Gut zu den grösseren und bedeutenderen der hiesigen Gegend. Auch gehören zum Gute grosse und schöne Teiche.
Weissensand Dorf und Gut sind sehr alten Ursprungs. Beide gehörten im 11. Jahrhundert zur Herrschaft Myla, und die Herren von Myla waren bis zum 12. Jahrhundert im Besitze von Brunn, Friesen, Cunsdorf, Lambzig, Ober- und Unterhainsdorf, Oberreichenbach, Rothschau, Schneidenbach, Schönbach, Waldkirchen, Weissensand und Plohn, nebst Mylau, Reichenbach und dem Flecken Lengefeld.
Schon in der Mitte des 13. Jahrhunderts aber wird ein Voigt Heinrich von Gera als Lehrherr dieser Herrschaft genannt, welcher die Herren von Göllnitz mit Weissensand beliehen hatte und nach ihm bis in die Mitte des 14. Jahrhunderts hatten sie die Voigte von Plauen und Greiz im Besitz, während noch im Jahre 1317 Heinrich und Marquard von Milin und Ritter Fritz von Milin, der zwischen 3 reussischen Herren zu Altenburg abgeschlossenen Vertrag als deren Lehnsleute mit unterschrieben haben.
Die Voigte von Plauen hatten die Herrschaft bald als böhmisches, bald als Reichslehn innen.
Nachdem die Voigte von Plauen in Folge der unglücklich für sie ausgefallenen Fehde mit den Meissnisch-Thüringischen Mark- und Landgrafen Friedrich dem Strengen und dessen Brüdern vom Kaiser Karl IV. in die Reichsacht erklärt worden waren, mussten sie ihre sämmtlichen Besitzungen theils als Meissnisches, theils als Böhmisches Reichsafterlehn empfangen.
Dies letztere war auch bei Mylau mit Reichenbach, welches Heinrich der Strenge von Plauen besass, der Fall. Ein Sohn desselben, Heinrich der Aeltere zu Greiz, verkaufte im Jahre 1367 das Schloss und die Herrschaft Myla mit Reichenbach für 1000 Schock Prager Groschen an Kaiser Karl IV.
Während der Böhmischen Herrschaft waren die mit Mylau verbundenen Güter als Königl. Böhmisches Kammergut verwaltet worden und die von Weissbach und von Schönau werden als Verwalter dieses Kammergutes genannt, später von 1415 an, Petzold Metzsch und dann Hans von Metzsch, der diese Besitzung als ein Meissnisch-Sächsisches Lehngut erhielt. Durch die Herren von Metzsch wurde nun die Herrschaft im Jahre 1517 getheilt und Ernst von Metzsch erhielt Weissensand. Von diesem gelangte Weissensand an Nicol von Schönberg und zwar im Jahre 1577. Die späteren Besitzer waren Hans Dietrich von Schönberg und Hans Burkhardt von Schönberg, welcher letztere im Jahre 1623 Besitzer war. Dann folgte 1636 Karl Bose I. und 1658 Karl Bose II. Derselbe starb als hochgeliebter und geachteter Gerichtsherr im Jahre 1711, nachdem er im Jahre 1706 Mylau, Lengenfeld, Grün und Weissensand seinem ältesten Sohne Carol Zdislau von Bose, Hochfürsth. sächs. Eisenbergischen Stallmeister abgetreten hatte. Dieser von Bose that sammt seiner Gemahlin viel für Kirchen und Schulen, weshalb das Andenken an dieselben [162] durch alle Zeiten nie erlöschen wird. Noch bei seinen Lebzeiten überlies der letztgenannte von Bose das Gut Weissensand und zwar im Jahre 1713 dem Christian Ludwig Edlem von der Planitz, welcher mit Sophia Polixina von Bose, einer Tochter Carol von Boses II. vermählt war, welche seinen Söhnen 1746 die sämmtlichen Besitzungen und somit auch Weissensand gemeinschaftlich überlies.
Nach den Herren Edlen von Planitz folgte das v. Mangoldtsche Geschlecht, von welchen es die Familie Schilbach acquirirte.
Der dermalige Besitzer ist Herr Christian Schilbach. Weissensand hat eine ansehnliche Mühle von 3 Gängen, Schneide-, Oel- und Graupenmühle, welche an der Göltzsch liegt, wo früher etwas Goldsand gefunden wurde, von dessen ehemaligen Auswaschen man den Namen des Ortes ableiten will.
In Westen erhebt sich über der Göltzsch der Flossberg. Die Göltzsch fliesst von hieraus nach Mylau und Netzschkau und vereinigt sich oberhalb Greiz mit der Elster. Sie ist bekannt und wichtig durch das Holzflössen, indem sie durch den obern und untern Flossgraben gewissermassen mit der Mulde verbunden ist.
Das ganze Göltzschthal bietet die mannigfachste Abwechslung und gewährt Reize und Annehmlichkeiten, die der Wandrer oft in weiter Ferne sucht. In der neuern Zeit ist zu den mannigfachen Naturschönheiten das architectonische Meisterwerk des 19. Jahrhunderts, die grosse Ueberbrückung der sächs.-baierschen Staatseisenbahn gekommen, wodurch das Göltzschthal einen Namen erlangt hat, der weit über Europa hinaus bekannt ist und im Sommer an schönen Frühlings- und Herbsttagen fehlt es nie an Reisenden, die dieses Thal in seiner ganzen Ausdehnung durchwandern und an den Reizen der Natur sich laben und ergötzen.
Die Schilbach’sche Familie hat während ihrer Besitzzeit das Gut Weissensand sehr verbessert und in die Höhe gebracht und überall urbar gemacht, wo früher Alles öde und wüste war, so dass auch auf diese Weise die hiesige Gegend noch viel gewonnen hat.
Weissensand ist nach Treuen gepfarrt und nicht wie irrthümlich hier und da zu lesen ist, nach Reichenbach. Ein Collaturrecht steht dem Besitzer von Weissensand nicht zu, indem über die Kirche zu Treuen das Rittergut Treuen obern Theils das Besetzungsrecht der Geistlichen und Schulstellen hat und bei den Schulen der Dorfschaften die Gemeinden das Collaturrecht üben.
In die Schule zu Weissensand, welche von 70 Kindern besucht wird, ist Wolfspfütz mit gewiesen.
Weissensand hatte bis zur Aufhebung der Patrimonialgerichte seinen eignen Jurisdictionsbezirk, dem Herr Gerichtsdirektor Kasten in Treuen, jetzt auf Kröstau bei Plauen, vorstand.
Jetzt gehört Weissensand mit 45 bewohnten Gebäuden und 311 Einwohnern zum Gerichtsamt Treuen.