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Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen: Weissbach

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
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Autor: M. G.
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Titel: Weissbach
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aus: Erzgebirgischer Kreis, in: Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen. Band 4, Seite 149–151
Herausgeber: Gustav Adolf Poenicke
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: [1856]
Verlag: Expedition des Ritterschaftlichen Album-Vereins
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Commons = SLUB Dresden
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Weissbach


hat seinen Namen von dem Bache erhalten, welcher sich mitten durch den grösseren Theil des Dorfes hinzieht und daher auch richtiger Weissbach, als Weisbach geschrieben wird.

Zum Unterschiede von Weissbach bei Schneeberg wird unser Weissbach Weissbach bei Zschopau genannt, von welchem Orte es nur eine Stunde entfernt liegt.

Der Ort erstreckt sich grösstentheils in nordöstlicher, zuletzt östlicher Richtung, von einer freien Höhe an dem Bache herunter, oberwärts in einem seichten, nicht gefälligen Grunde, unten hingegen in einem tiefen, schönen Thale, welches zuletzt zwischen steilen, bewaldeten häufig auf felsigen Bergen ins Thal der Wilisch ausgeht. Die Länge des Dorfes ist über ¾ Stunde, seine Meereshöhe geht von 1120 bis [150] gegen 1360 pariser Fuss, und das Oberdorf hat ein bedeutend rauheres Klima, als das, gegen alle Winde geschützte Niederdorf, dessen Anblick mitten in einer reizend-abwechselnden Natur und bei gefälliger Bauart der Wohnungen sehr ergötzlich ist, besonders von den Höhen vor Schlössel herab. Die Gegend ist überhaupt sehr interessant und reich an schönen Aussichten.

Waldungen umgeben die beträchtliche Dorfgemarkung von allen Seiten ausser nordwärts nach Schlössel hin; ostwärts befindet sich der Zschopauer Rathswald, welcher den Raum zwischen Schlössel, der Zschopau und der Wilisch ausfüllt.

Das Rittergut Weissbach, unter dessen Gerichtsbarkeit bis in die neueste Zeit, also bis zur Aufhebung der Patrimonialgerichte, die Dörfer Dittersdorf, Kemtau, Einsiedel, Erfenschlag und Reichenhayn standen, gehörte in früherer Zeit zu den Besitzungen der Herrschaft Scharfenstein, welche den Anarchen und Herren von Waldenburg gehörte. Von den Herren von Waldenburg kam Scharfenstein mit Weissbach im 14. Jahrhundert an die Herren von Möckau, von welcher die Herrschaft die Herren von Einsiedel erworben haben. Im Jahre 1548 besass Weissbach, der berühmte kaiserliche Canzler, Georg Haubold von Einsiedel in Gemeinschaft mit seinen Brüdern Heinrich Abraham und Heinrich Hildebrand.

Durch testamentarische Verfügung des Herrn General Hans von Einsiedel wurde Weissbach eine Besitzung der Frau Renate Auguste geb. Gräfin von Schönburg, jetzt vermählter Gräfin von Löwenhjelm in Stockholm, welche durch den Herrn Amtshauptmann Freiherrn von Biedermann auf Forchheim commissarisch vertreten wird.

Obschon des Ritterguts Grund und Boden im Weissbacher Flurenbereiche liegt, so befinden sich doch die herrschaftlichen Gebäude, sowie auch der grösste Theil der Oeconomiegebäude auf Dittersdorfer Grund und Boden.

Die daselbst befindlichen herrschaftlichen Fluren sind aus dem Ankaufe von bäuerlichen Grundstücken zusammengebracht worden.

In Weissbach sind von den Oeconomiegebäuden blos die Schäferei, das Malzhaus, die Ziegelei und eine grosse Scheune vorhanden.

Der Ort Weissbach, welcher nur eine einzige Gemeinde in sich schliesst, enthält 31 Bauergüter, 5 Gärtnerwohnungen und 7 Häusler mit einer Einwohnerzahl von 160 Seelen.

Die Schicksale des Ortes anlangend, so hat Weissbach im 30jahrigen Kriege unsaglich gelitten, so dass die Bewohner bis auf wenige Familien ganz ausgestorben sind. Vor dieser Unglücksperiode hat Weissbach einen grösseren Umfang mit seinen Wohngebäuden umschlossen als jetzt.

Auch Feuer und Brand hat diesen Ort zu verschiedenen Zeiten heimgesucht. Im Jahre 1782 wurden die Schulgebäude durch einen Blitzstrahl ein Raub der Flammen und im Jahre 1836 die Gebäude der Pfarrei ebenfalls durch einen Blitzstrahl entzündet. Merkwürdig dabei ist, dass es wegen nothwendiger Erneuerung beider Wohnungen, unter der Gemeinde vor dem unglücklichen Ereignisse mannigfache unglückselige Zerwürfnisse entstanden waren.

Die Kirche ist ebenfalls im Jahre 1782 neuerbaut und ein grosses schönes Gebäude, welches ein geschmackvoller Thurm ziert.

Der Kirchhof, auf welchem die Kirche steht, ist weder geräumig genug für die jetzige Einwohnerzahl, noch bietet derselbe sonst etwas Merkwürdiges in Absicht auf Einrichtung oder darauf befindlicher Denkmäler dar.

Ein anderer Ort ist hierher nicht eingepfarrt und nicht eingeschult, doch giebt es neben der Hauptschule noch eine Fabrikschule, da hier zwei Baumwollen-Garnspinnereien existiren, welche nebst der Strumpfwirkerei die Hauptnahrungszweige der Ortsbewohner ausmachen.

Die Collatur über Kirche und Schulen steht der jedesmaligen Gerichtsherrschaft von Weissbach zu.

Das nahe Dittersdorf, welches seinem Namen von einem gewissen Dittrich, der sich vor uralten Zeiten hier angesiedelt haben soll, ist der Filialort von Weissbach und grenzt gegen Süden an Weissbach und Gornauer Fluren, gegen Norden an Einsiedel, an die von Chemnitz nach Zschopau führende Chaussee, gegen Westen an Kemtau und Eibenberg.

Früher gehörte Dittersdorf zu Einsiedel und erst im Jahre 1689 ist die Parochie Weissbach mit Dittersdorf errichtet worden. Dittersdorf hatte aber auch schon vorher eine kleine Kapelle, worinnen ein kleiner Theil der Bewohner seinen eignen Gottesdienst abgehalten hat, welcher von dem Pfarrer zu Einsiedel geleitet wurde. An diese Kapelle erbaute man, nachdem die Dittersdorfer Gemeinde zu Weissbach als Filia gekommen war, die jetzt noch stehende Kirche. Der jetzige Thurm ist erst im Jahre 1732 aufgerichtet.

Vor der Errichtung der Parochie Weissbach war letzterer Ort Filia von Gelenau.

Der Erfinder der Parochie Weissbach war der Churfürstl. Sächs. Geheime Rath Heinrich Hildebrand von Einsiedel auf Scharfenstein, welcher sich um Kirche und Schule grosse Verdienste erworben hat, dessen Andenken durch alle Zeiten fortleben wird.

[151] Die Parochie Weissbach ist die nördlichste der Inspection Annaberg.

Das oberste Haus von Weissbach ist ein Gasthof, die Weissbacher Schenke genannt, wo die Strasse von Zschopau nach Stollberg sowohl als nach Thum, auch an jener von Chemnitz nach Wolkenstein, Drebach u. s. w. Im Orte befindet sich auch eine kleine Mühle.

Merkwürdig ist noch von Weissbach, dass hier auf der Rittergutsschäferei eine überaus starke und feinwollige Schaafheerde unterhalten wird.

Das ehemals in Niederdorf befindlich gewesene Eisenhammerwerk ist schon längst eingegangen, so wie auch der nie beträchtlich hier gewesene Bergbau.

Die Viehzucht im Ganzen genommen, ist stärker als der Feldbau, obschon letzterer wegen des starken Flachsbaues nicht übel lohnt.

Weissbach liegt östlich an Schlösschen Porschendorfer, nach Westen an Kemtauer-, nach Süden an Gelenauer- und nach Norden an Gornauer und Dittersdorfer Fluren.

Weissbach selbst gehört jetzt zum Gerichtsamt Zschopau, zum Bezirksgericht Augustusburg, zur Amtshauptmannschaft Chemnitz, zum Regierungsbezirk Zwickau.

M. G.