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Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen: Priessnitz

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
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Autor: M. G.
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Titel: Priessnitz
Untertitel:
aus: Leipziger Kreis, in: Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen. Band I, Seite 227–228
Herausgeber: Gustav Adolf Poenicke
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1860
Verlag: Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Commons = SLUB Dresden
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Priessnitz


Zwischen den Städten Borna, Frohburg, Geithain und Lausigk am Eylabache gelegen, gegen Süd und Südost an einen herrlichen Buchenwald sich anlehnend, welcher wegen der schönen Buchenstämme und wegen der herrlichen künstlichen und natürlichen Spatziergänge die Aufmerksamkeit des Fremden verdient und anzieht.

Durch die schönen anmuthigen Rittergutsgebäude mit den schönen Wirthschaftsräumen werden wir an das alte würdige Geschlecht derer von Einsiedel und wegen ihrer Verbindung mit dem grössten Manne seiner Zeit, mit Dr. Martin Luther, auch an diesen unwillkührlich erinnert.

Auch die Kirche zu Priessnitz ist so ausgestattet, dass man an das Werk der Reformation immer und immer erinnert wird. Vier und zwanzig treffliche Brustbilder der berühmtesten Mitarbeiter an der Reformation schmücken die Kirche; ausser diesen findet man das Bild Luthers, des Herzogs Georg von Anhalt, des Lucas Kranach, welches von ihm selbst stammen soll.

Und wem hat Priessnitz dies Alles zu verdanken? Dem frommen Sinn der Familie von Einsiedel, einer Familie, die deshalb so hoch zu achten und zu schätzen ist, dass sie das Werk der Reformation auf jegliche Weise mit zu fördern suchte, und Luthern durch Unterstützung seiner Ideen stark machte.

Denn Luther war nur stark durch den Zeitgeist. Es war die Sache selbst, die Idee, die so Mächtiges wirkte, nicht eines Menschen persönliche Kraft, nicht schöpferisches Genie oder Heldenkühnheit eines Einzelnen. Tausende waren für ihn, weil er Tausenden aus dem Herzen gesprochen hatte.

Und mit diesen seinen Anhängern, mit diesen Wohlthätern der Menschheit wurde das grosse Werk vollführt. Zu diesen Wohlthätern der Menschheit gehörten die früheren Besitzer von Priessnitz und nicht allein die Unterthanen von Priessnitz, nein die ganze Menschheit hat diesem edlen Geschlechte zu danken.

Der jetzige Besitzer von Priessnitz ist der frühere Kreishauptmann Alexander August von Einsiedel, ein würdiger Nachkomme seiner grossen Ahnen.

Derselbe ist auch Patron über Kirche und Schule.

In die Kirche zu Priessnitz ist Trebisheim eingepfarrt und Elbisbach ist der Filialort, welches unter die Gerichte von Hopfgarten früher gehörte, wogegen Trebishain der Jurisdiction von Syra unterworfen war; Priessnitz mit dem eingepfarrten Dorfe Trebishein und dem Filialdorfe Elbisbach bildet eine Schulgemeinde mit 160 Schulkindern, welche alle die Schule in Priessnitz besuchen.

Auf dem Kirchhofe zu Priessnitz, der im Sommer einem schattigen Parke gleicht, steht eine wohl 500 Jahre alte Linde, von 18 Ellen im Umfange, mit herrlicher Laubkrone, auf welcher Luther einst gepredigt haben soll.

Einer besonderen Erwähnung verdient der als hiesiger Pfarrer angestellte und im Jahre 1732 verstorbene Johann Schröter. Er war [228] gebürtig aus dem Pfarrhause Langebach bei Gera und hinterliess sein ganzes Vermögen zu milden Stiftungen, und zwar folgermaassen:

a) 1000 Thlr. dem jedesmaligen Pfarrer zur Zinsnutzung,
b) 1000 Thlr. der Pfarrerwittwe,
c) 400 Thlr. dem jedesmaligen Schullehrer,
d) 500 Thlr. der Schulwittwe,
e) 600 Thlr. der Kirche,
f) 400 Thlr. für Hausarme unter der Collatur des jedesmaligen Pastors,
g) 325 Thlr. für arme Schulkinder zur Zinsnutzung.

Ausserdem noch 3000 Thlr. Legate auf der Universität Leipzig, wovon die aus Priessnitz Studirenden vor allen Andern die Zinsen zu geniessen haben.

Ausserdem zeichnete sich als Geistlicher der hiesige Pastor M. Johann Gottlob Grah besonders aus, welcher im Jahre 1810 hier verstorben ist.

Von Borna nach Priessnitz führt eine herrliche Chausee, die weiter bis Rochlitz gebaut ist, jetzt aber an ihrer Frequenz bedeutend verloren hat.

Nachträglich müssen wir noch erwähnen, dass die Kirche ein schönes Denkmal von Hans von Einsiedel besitzt, welcher solches seiner Gemahlin 1616 setzen liess, auch die Kapelle der Einsiedel’schen Familie und der Altar ist seit jener Zeit mit vielen auf die fromme Frau bezüglichen Inschriften und Gemälden verziert.

Die Pfarrgebäude zieren ebenfalls den Ort. Sie sind alle ziemlich neu, mit Ziegeln gedeckt; besonders solid, massiv, geschmackvoll und geräumig ist das Wohngebäude. Ein schöner grosser Obstgarten zieht sich um das Gehöfte herum. Sonst wurde Priessnitz von Borna aus und der ganzen Umgegend häufiger besucht als jetzt, und der Fusswandernde oder der Reisende zu Wagen und zu Ross fand in dem Gasthofe eine stets fröhliche heitere Gesellschaft.

In der Neuzeit sind andere Vergnügungsorte in der Umgegend entstanden, und so auch hier wie im ganzen menschlichen Leben ein Wechsel eingetreten.

Das Dorf Priessnitz ist nicht unbedeutend. Es zählt nahe an 600 Einwohner, die theils von Landbau und der Viehzucht, theils vom Tagelöhnern leben, doch finden sich auch mehrere Handwerker darunter, und alle sind dem Gerichtsamte Borna jetzt zugewiesen.

M. G.