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Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen: Naundorf bei Freiberg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
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Autor: O. M.
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Titel: Naundorf
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aus: Erzgebirgischer Kreis, in: Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen. Band 4, Seite 63–64
Herausgeber: Gustav Adolf Poenicke
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Erscheinungsdatum: [1856]
Verlag: Expedition des Ritterschaftlichen Album-Vereins
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Commons = SLUB Dresden
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Naundorf
bei Freiberg.


Zu den ansehnlichsten Dörfern des Erzgebirgischen Kreises gehört ohne Zweifel unser Naundorf, welches wegen der vielen sächsischen Ortschaften gleichen Namens Naundorf bei Freiberg, oder auch bei Grüllenburg genannt wird. Es liegt eine starke Stunde nordöstlich von erstgenannter Stadt und ebensoweit südwestlich von Grüllenburg an der alten Strasse in das Reich, die erst in den Jahren 1817 und 1818 völlig chaussirt wurde, und schliesst die vierstündige zusammenhängende Häuserreihe, welche durch die zusammenstossenden Dörfer Dittersbach, Burkersdorf, Oberbobritzsch und Niederbobritzsch gebildet wird. Naundorf beginnt nicht weit von Niederbobritzsch, dehnt seine Häuserlinie von Südwest nach Nordost eine halbe Stunde lang an dem Bobritzschflusse hinunter und läuft da, wo die Chaussee den Ort durchschneidet, in zwei nach Osten und Westen getheilte Seitenarme aus. Die Fluren Naundorfs grenzen nördlich mit Niederschöna, östlich mit dem Tharander Walde, südlich mit Folge und Falkenberg. Das ganze Dorf zählt in 180 Häusern etwa 1200 Einwohner, die theils Landwirthschaft treiben, theils beim Bergbau, oder in dem Grüllenburger Forste beschäftigt sind. Am oberen Ende des Dorfes vereinigt sich die Bobritzsch mit dem ansehnlichen Colmnitzbache, und zwischen Naundorf und Niederbobritzsch mündet der Traugottstolln. Die Gegend ist nicht rauh (1150 Fuss über dem Meere) und zeichnet sich durch treffliche Aecker aus, auf denen man sogar gute Flachsernten erzielt. Im Orte befinden sich ein bedeutender Gasthof, eine ansehnliche Mahl- und Schneidemühle, sowie eine königliche Försterei, deren Bewohner das Naundorfer Revier des Tharander Forstes verwaltet, und ein an Feldbesitz reiches Erbgericht. Bemerkenswerth ist auch ein Hufengut, das bereits seit dreihundert Jahren der Familie Heber gehört und immer vom Vater auf den Sohn forterbte. Der Stammvater dieser alten Landwirthsfamilie hiess Melchior Heber, und noch ist sein Leichenstein vorhanden, dessen Inschrift wir weiter unten mittheilen wollen.

In Naundorf befinden sich zwei Rittergüter. Das eine derselben ist neuschriftsässig und steht im westlichen Arme des Ortes, dessen Ende es bildet. Dasselbe heisst das Mühlengut, Gehegegut, Herrengut und Hennigsche Gut, und die dazu gehörigen Unterthanen werden die Hennigsche Gemeinde genannt. Nahe dabei befindet sich der Gasthof, ein Chausseehaus und eine steinerne Brücke über die Bobritzsch. – Das zweite Rittergut zeigt unsere Abbildung. Dasselbe ist altschriftsässig, liegt in einem Seitengrunde des Thales an des Dorfes westlichem Ende ziemlich hoch über der Bobritzsch an einem hübschen Wäldchen und ist durch einen grossen Garten von der Chaussee getrennt. Dasselbe hat ein ansehnliches Gehöfte und ein wohlgebautes Herrenhaus, auch gehört dazu das durch wichtigen Forstbestand bedeutende Freigut zu Niederschöna. Besitzer desselben ist Herr C. F. B. Albert.

Im Jahre 1721 brach in Naundorf ein Feuer aus, welches unter anderem das Pfarrhaus mit vielen darin aufbewahrten Urkunden verzehrte. Unter den geretteten Schriften befindet sich auch eine vom Bischof Dietrich zu Meissen ausgestellte Urkunde vom Jahre 1404, worin der Pfarrherr Stephan Schneider in Naundorf auf Grund eines offenen bischöflichen Briefes zum [64] Lehnsherrn über zwei hiesige Gärten ernannt wird. Die Kirche zu Naundorf ist 1783 neu erbaut worden. Sie steht fast in der Mitte des Dorfes nahe bei dem Albertschen Rittergute auf dem hohen Ufer der Bobritzsch und verbindet Einfachheit, Licht und Geräumigkeit mit geschmackvoller Bauart. Von den drei Glocken ist die grosse 1479, die mittle 1638 gegossen worden. Als Wohlthäter des Gotteshauses zeichneten sich aus Leberecht Patzig, Besitzer der Obermühle, welcher auf seine Kosten Kanzel und Altar errichten liess, Gottlob Wahl, der 1784 die Taufkanne, Salome Bernhardt, die 1785 die Taufschüssel, Rosine Heydin, die 1779 einen silbernen Hostienteller, Israel Heyde, der 1779 einen stark vergoldeten Kelch, der Rittergutsbesitzer Albert, welcher eine schwarze Kanzelbekleidung, sowie die Ortsjugend eine rothe Altarbekleidung anschafften. Zum Jubelfeste des Jahres 1830 schenkten die Herrschaften der Kirche eine schöne stark vergoldete Hostienschachtel und von der Gemeinde empfing sie eine vergoldete Weinkanne. Endlich hat sich um das Gotteshaus auch der Rittergutsbesitzer Hennig sehr verdient gemacht, indem er demselben 1827 eine vollständige blausammetne mit Silber gestickte Altarbekleidung nebst weissem Uebertuche, sowie 1830 eine blausammetne mit Silber verzierte Kanzelbekleidung verehrte.

Wenn man in den Kirchen der Städte und Dörfer häufig alte steinerne Denkmäler längst verstorbener Bürger, Geistlichen und Edelleute findet, so liegt der Grund darin, dass diese bevorzugten und bemittelten Stände damals eine solche Auszeichnung beanspruchten und es den Hinterlassenen zur Pflicht machten, ihre Andenken auf diese Art zu ehren; nimmer aber wurde ein gleicher Vorzug von den Landleuten beansprucht, die unter einem einfachen mit hölzernem Kreuze geschmückten Hügel vermoderten. Um so merkwürdiger ist daher auf hiesigem Friedhofe ein Leichenstein (der beim Neubau der Naundorfer Kirche, nur dadurch der Vernichtung entging, dass man ihn als Mauerstein benutzte) indem derselbe vor bald dreihundert Jahren einem Bauersmann errichtet wurde. Auf demselben befindet sich ein von vier kräftigen Pferden gezogener Frachtwagen, neben welchem der Verstorbene, die Peitsche schwingend, rüstig dahinschreitet, und darunter folgende Grabschrift: „Im Leben hatte ich an Fahren mein Vergnügen, und fuhr an diesen bald und bald an jenen Ort. Im Tode spantt ich aus, lüss alles Fahren liegen, und fuhr andern Seelen nach in sichern Himmels Port. Anno 1580 den 11. Tagk Aprillis um 6 Uhr Nachmittags den Montag nach Quasi modo Geniti ist der Ehrsame Melchor Heber in Gott selig entschlafen. D. G. G. Seines Alters 60 Jahre.“ Oberhalb des Leichensteins sind folgende Bemerkungen eingehauen: „Diesen Stein hat Georg Heber seinem Gross-Gross-Vater zum guten Andenken renoviren lassen den 10. July 1743. Diess Denkmal lüss bei dem neuen Kirchenbau seinem Ur-Ur-Grossvater zu Ehren abermal erneuern Karl Gottlob Heber 1783. –“

O. M.