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Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen: Gross-Sedlitz

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Textdaten
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Autor: Otto Moser
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Titel: Gross-Sedlitz
Untertitel:
aus: Meissner Kreis, in: Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen. Band 2, Seite 78–79
Herausgeber: Gustav Adolf Poenicke
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1856
Verlag: Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Commons = SLUB Dresden
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Gross-Sedlitz.


Gross Sedlitz liegt eine halbe Stunde von Dohna und drei Stunden von Dresden, einige tausend Schritte von der Elbe, auf ansehnlicher nach Südost gemächlich noch mehr ansteigender Höhe, von wo man eine überaus reiche Aussicht in das Elbthal, von Pirna bis Dresden, in die Lohmner Pflege und die Felsenparthieen der Sächsischen Schweiz geniesst. Südlich vom Schlosse Gross-Sedlitz entspinnt sich ein Grund, der zwar keinen eigentlichen Bach, sondern einige kleine Teiche enthält, ziemlich steil in östlicher Richtung nach der Elbaue abfällt und auf der südlichen Seite ziemlich schroffe Wände zeigt. Ein ähnlicher Grund senkt sich nordöstlich nach dem Brauhause hinab, der zu Obstbau und Trift benutzt und von einer hübschen Allee begrenzt ist. Das hübsche Dorf Gross-Sedlitz ist sehr regelmässig gebaut und besteht aus dreiundzwanzig Feuerstätten mit etwa zweihundert Einwohnern, die sich von Ackerbau und Stroharbeit nähren. Eingepfarrt ist Gross-Sedlitz nach Dohna. Zum Orte gehört auch das Chausseehaus Brauden.

Sedlitz ist slavischen Ursprungs und hiess in ältester Zeit Sedlo, woraus im Mittelalter Seydliz und später Sedlitz entstand. Dasselbe war, wie eine grosse Anzahl benachbarter Dörfer und Städte, Eigenthum der Burggrafen von Dohna, und als dieses eben so mächtige als raublustige Geschlecht im Jahre 1402 von dem Meissner Markgrafen besiegt und gedemüthigt worden war, als die Stammburg Dohna in Trümmern lag und die Grafen im Auslande einen Zufluchtsort gefunden hatten, wurde auch Sedlitz als erledigtes Lehn, Eigenthum des Landesherrn. Es ist keine Urkunde aufzufinden, welche über die Besitzer von Sedlitz im fünfzehnten Jahrhundert Aufschluss gäbe, denn dass der Markgraf, wie alle Dohnaischen Güter, auch Sedlitz an einen seiner treuen Edelleute verliehen habe, unterliegt keinem Zweifel. Aus einer Urkunde des sechszehnten Jahrhunderts scheint allerdings hervorzugehen, dass der Markgraf Sedlitz an die Familie von Körbitz (durch deren Streit mit den Burggrafen die bekannte Dohnaische Fehde entstanden war) in Lehn gab. indem Kaspar von Körbitz, dem Sedlitz 1561 gehörte, in dieser Urkunde von einer Leistung spricht, die schon vor hundert Jahren seinem Vorfahren zugestanden habe; es ist aber freilich nicht mit Gewissheit zu bestimmen, ob unter diesem Vorfahren ein Herr seines Geschlechts oder überhaupt nur der damalige Besitzer des Ritterguts gemeint sei.

Der bekannte älteste Besitzer von Sedlitz war Hans von Worgwitz, dessen zuerst 1553 Erwähnung geschieht. Ihm folgte um das Jahr 1561 Caspar von Körbitz und diesem Hans von Körbitz, der es um 1601 an einen Herrn von Loss verkaufte. Schon 1612 erwarb Gross-Sedlitz der Doctor Heinrich Laurentius Lindemann, von dem es der Oberstlieutnant von Fürstenauer an sich brachte, der auch Klein-Sedlitz dazu kaufte. Nach wenigen Jahren wurde Sedlitz Eigenthum des Oberforstmeisters von Römer, nach dessen Tode das Gut 1686 an den Kammerrath von Wolfersdorf gelangte. Im Jahr 1715 brannte das Dorf gänzlich nieder, und 1719 sah sich die Familie von Wolfersdorf genöthigt diese Besitzung für 20,000 Meissnische Gülden an den Gouverneur der Residenzstadt Dresden und Commandanten der Festung Königstein, Grafen August Christoph von Wackerbarth zu veräussern, der das noch jetzt stehende Schloss erbaute und es die Friedrichsburg nannte. Dieser Herr liess nebst dem Schlosse noch eine Anzahl Wohnungen erbauen, prachtvolle Gärten anlegen und herrliche Springbrunnen herstellen, zu welchen man das Wasser mittelst einer Art von Dampfmaschine bei der Köttwitzmühle im Wesensteiner Grunde aus der Müglitz hob. Das Schloss ist in sehr edlem Geschmack erbaut, besteht aus drei Flügeln und enthalt ein Corps de Logis von elf Fenstern Breite, mit einem Thürmchen und einer Schlaguhr.

[79] Der Graf von Wackerbarth überliess Gross-Sedlitz seinem königlichen Herrn, August dem Starken, und dieser prachtliebende Monarch pflegte die Sommermonate sehr gern auf dem hiesigen Schlosse zuzubringen, wodurch natürlich in den Gärten und Anlagen viele neue Verschönerungen entstanden. Auch der folgende Landesherr, August II., wandte grosse Summen auf die Verschönerung des Schlosses und seiner Umgebungen. Oft wurden hier die glänzendsten und lustigsten Hoffeste, wie Fastnachtsspiele, Bärenhetzen, Auerochsenkämpfe und Caroussels abgehalten und im Jahre 1753 feierte August II. auf dem Gross-Sedlitzer Schlosse mit ungemeiner Pracht das Ordensfest des Polnischen Adlerordens, wozu die Ritter aus weiter Ferne sich einstellten. Später wählte Gross-Sedlitz zum Sommeraufenthalt die Prinzessin Elisabeth, Grosstante Sr. Majestät des jetzt regierenden Königs, und als diese Dame das Zeitliche gesegnet hatte, wurde das Schloss öde und leer. Die Kriegsjahre berührten Gross-Sedlitz ebenfalls und brachten ihm die schrecklichsten Drangsale. In den stolzen Zimmern wo ehemals die gefeiertsten Schönheiten des Hofes und die reichsten stolzesten Cavaliere des Landes den prunkenden Thron ihres mächtigen Fürsten umstanden, ertönte 1813 das Jammern und Wehklagen verwundeter Krieger – man hatte das stolze Königsschloss in ein Lazareth umgewandelt! – Auch im siebenjährigen Kriege wurde, wie die ganze Gegend um Pirna, auch Gross-Sedlitz hart mitgenommen, und namentlich erfuhren die herrlichen Anlagen solche Verwüstungen, dass sie nie wieder auf den frühern Standpunkt ihres Glanzes zurückgebracht werden konnten. – Anerkennungswerth sind indessen die Bemühungen, durch welche die Hofgärtner Bohling und John den verödeten Garten wieder in einen trefflichen Zustand zu versetzen wussten, und namentlich haben sie die königliche Tafel oft mit den seltensten Gartenfrüchten und Obstsorten überrascht. – Im Jahre 1827 lebte man in Gross-Sedlitz der Hoffnung, dass Ihre Majestät die verwittwete Königin Amalie Auguste das hiesige Schloss zum Wittwensitze wählen und hierdurch dem Orte eine neue Bedeutung erwachsen würde – dieser Wunsch aber ging nicht in Erfüllung.

In Folge der neuen Verfassung wurde Gross-Sedlitz Domaine, so dass die Oekonomie des Gutes nicht, wie das Schloss, unter dem Hausmarschallamte, sondern unter dem Ministerium der Finanzen steht. Das Kammergut ist sehr weitläufig und dadurch noch vergrössert worden, dass man das, freilich recht schöne, Laubholzgehege zu Feld gemacht und mit der Oekonomie vereinigt hat. In der ersten Hälfte jedes Jahres stehen hier drei schöne Beschälhengste edler Race. – Das Brauhaus befindet sich am Fuss des Gebirges, einige hundert Schritte von der Elbe und ebenso weit von dem Chausseehause, mit dem es durch eine Allee verbunden ist, und das Wirthshaus, worin das weit berühmte Bier in bester Qualität getrunken wird, war noch vor kurzer Zeit einer der besuchtesten Belustigungsorte der Umgegend, und erhielt namentlich vielen Besuch aus Pirna. Nahe dabei ist die sehr bedeutende Ziegelbrennerei, die Kalkbrennerei, das Gärtnerhaus, Schäferhaus und ehemalige Fasanenhaus, sowie eine kleine Mühle. Berühmt ist auch die hiesige Schaafzucht, wie denn überhaupt die Oekonomie des Kammerguts seit ihrer Bewirthschaftung durch den als intelligenten Landwirth allgemein bekannten und geachteten Herrn Amtsverwalter Kaurisch, als Pächter der Domaine, zu ausserordentlicher Blüthe gelangte.

Die Gesammtzahl der Einwohner in Gross- und Klein-Sedlitz, Ober- und Niederhof Gehege und Chausseehaus Brauden beträgt gegen dreihundertfunfzig Seelen, die in dreiundfunfzig Häusern wohnen. Als Gross-Sedlitz im Jahre 1715 gänzlich abbrannte, bestand es nur aus zehn Hausnummern.

Otto Moser.