Riedligers Tochter (Badisches Sagen-Buch)
Siehe auch: Riedligers Tochter (Werkausgabe 1834) |
Spinnet, Töchterli, spinnet, und Jergli, leng mer der Haspel!
D’Zit vergoht, der Obed chunnt und ’s streckt si in’s Früeijjohr.
Bald gohts wieder use mit Hauen und Rechen in Garte.
Werdet nur flißig und brav, wie’s Riedligers Tochter!
uffem verfallene Dach, und ’s regnet aben in d’Stube.
Frili ’s isch scho alt, und sin jez anderi Zite,
Weder wo der Simme-Fritz und ’s Eveli g’huust hen.
Sie hen ’s Huus erbaut, die schönsti unter de Firste,
Het me gfrogt, wer sin im Wald die glücklichsten Ehlüt,
Het me gseit: „der Simme-Fritz und ’s Riedligers Tochter!“
Und ’s isch dem Eveli grothe mit gar verborgene Dinge.
Spinnet, Chinder, spinnet, und Jergli, hol mer au Trieme! –
Het en d’Muetter gno, und gfrogt mit biwegliche Worte:
„Hesch di no nit anderst bsunne? G’falle der ’s Meiers
Matte no nit besser zue siner einzige Tochter?“
Und der Fritz het druf mit ernstliche Worten erwiedert:
’s Riedligers suferi Tochter zue ihre Tugede gfallt mer.“ –
„D’Tugede laß den Engle! Mer sin jez no nit im Himmel!“ –
„Lönt de Chüeihe ’s Heu ab’s Meiers grasige Matte!“ –
„D’Muetter isch e Hex!“ – „Und soll au d’Muetter e Hex sy,
„’s Meidli soll’s gwiß au scho tribe, d’Nochbere sage’s.“ –
„Sel isch en alte B’richt, und dorum chani’s nit wende.
Winkts mer, se mueß i cho, und heißt es mi näumis, so thuenis.
Luegt’s mer no gar in d’Augen, und chummi em nöcher an Buese,
’s isch ke liebliger Gschöpf, aß so ne Herli, wo jung isch.“ –
Näumis het d’Muetter gwüßt. Me seit, das Meideli seig gwiß
In sim zwölfte Johr e mol elleinig im Wald gsi,
Und hab Erberi g’suecht. Uf eimol hört es e Ruusche,
Nummen en Ehle lang, e zierlig Frauweli vor em,
Inneme schwarze Gwand und g’stickt mit goldene Blueme
Und mit Edelgstei. „Gott grüeß di, Meideli!“ seit’s em,
„Spring nit furt, und förch mit nit! I thue der kei Leidli.“
Willi di nit förche!“ – „Jo freili,“ seit es, „das bini. –
Meideli, los und sag: channsch alli Sprüchli im Spruchbuech?“ –
„Jo, i cha sie alli, und schöni Gibetli und Psalme.“ –
„Meideli, los und sag: gohsch denn au flißig in d’Chilche?“ –
„Meideli, los und sag: folgsch au, was ’s Muetterli ha will?“ –
„He, wills Gott der Her, und froget ’s Muetterli selber!
’s chennt ich wohl, i weiß es scho, und het mer scho viel gseit.“ –
„Meideli, was hesch g’seit? Bisch öbbe ’s Riedligers Tochter?
Hinter der Brumberi-Hurst gohts uf verschwiegene Pfade
Tief dur d’Felsen i. Hätt ’s Frauweli nit e Laternli
In der Linke treit, und ’s Eveli sorgli am Arm g’füehrt,
’s hätt der Weg nit gfunde. Jez goht e silberni Thür uf.
Nei doch, du närrisch Chind. In mi’m verborgene Stübli
Bisch, bi diner Gotte. Sitz nieder und biß mer Gottwilche!
Gell, das sin chospere Stei an mine glitzrige Wände?
Gell, i ha glatti Tisch? Se sin vom suferste Marfel.
Chumm, iß Hunigschnitten und schöni gwundeni Strübli!
Magsch us dem Chägeli Milch? Magsch Wi im christalene Becher?“ –
„Nei, Frau Gotte, lieber Milch im Chächeli möchti.“
Wones gesse het und trunke, seit em si Gotte:
Und chunnsch us der Schuel und gohsch zuem heilige Nachtmohl,
Willi der näumis schicke. Zeig, wie, was wär der am liebste?
Wärs das Trögli voll Plunder? Wärs do das Rädli zum Spinne?“ –
„Bald isch’s Plunder verrisse, Frau Gotte, schenket mer’s Rädli!“ –
Siehsch die sideni Chappe mit goldene Düpflene gsprenglet?
Siehsch das Halstuech nit mit siebefarbige Streife,
Und e neue Rock, und do die gwässerti Hoorschnuer?“ –
„Jo, ’s isch mer numme z’schön. Frau Gotte, schenket mer’s Rädli!“ –
Wenn de ’s in Ehre hesch, solls au an Plunder nit fehle,
Und an Segen und Glück. I weiß em verborgeni Chräfte.
Sieder nimm das Rösli und trag mers sorglich im Buese!
Aß denn au öbbis hesch von diner heimliche Gotte!
Wärsch mer nit so lieb, i chönnt der jo Silber und Gold ge.“
Und jez het sie’s gchüßt, und wieder usen in Wald gfüehrt:
„Bhüet di Gott, und halti wohl, und grüeß mer di Muetter!“ –
So viel isch an der Sach, und deshalb het me ne nogseit,
Nu das Meideli isch mit si’m verborgene Blüemli
Hübscher vo Tag zue Tag und alliwil liebliger worde.
Und wo’s us der Schuel mit andere Chindere cho isch,
Und am Ostertag zuem Nachtmohl gangen und heim chunnt,
’s Rädli vo Birbaumholz, und an der Chunkle ne Riste
Mitteme zierlige Band us rosiger Siden umwunde,
Unte ne Letschli dra, und ’s Gschirli zuem Netze vo Silber,
Und im Chrebs e Spüehli, und scho ne wengeli g’spunne.
Wie het mi Eveli gluegt! Was isch das Eveli gsprunge!
Gsangbuech weg und Maie weg und ’s Rädli in d’Arm gno,
Und het’s g’chüßt und druckt. „O liebi Frau Gotte, vergelts Gott!“
’s het nit z’Mtttag gesse. Sie hen doch e Hammen im Chöl gha.
Gspunne hets mit Hand und Füeße; het em nit d’Muetter
’s Rädli in Chaste gstellt, und gseit: „Gedenke des Sabaths!
Isch nit Christus der Her hüt vo de Todten erstande?“ –
Nu, di Rädli hesch. Doch Eveli, Eveli, weisch au,
Frili weisch’s, worum denn nit, und het sie ’m verheiße:
„Wenn de ’s in Ehre hesch, solls au an Plunder nit fehle
Und am andere Sege;“ se het sies g’halte wie’s recht isch.
Het nit in churzer Zit der Weber e Trogete Garn gholt?
Tuech und Tuech uf d’Bleiche treit und Strängli zuem Färber?
He, me het jo gseit, und wenns au dussen im Feld seig,
’s Rädli spinn elleinig furt, und wie si der Fade
Unten in d’Spuehle zieh’, wach’s unterm rosige Vendel
Und wer het im ganze Dorf die suferste Chleider
Sunntig und Werchtig treit, die reinlichsten Ermel am Hemd gha,
Und die suferste Strumpf und alliwil freudigi Sinne?
’s Frauweli im Felseg’halt si liebligi Gotte.
Zue der Muetter gseit mit ernstlige Mine und Worte:
„Numme ’s Riedligers Tochter zue ihre Tugede gfallt mer!“
Muetterherz isch hald verschreckt, zwor sotti’s und sage.
Wo sie wieder e mol vo’s Meiers Tochter und Matte
„’s git e chräftig Mittel,“ seit sie, „wenn de verhext bisch.
Hemmer für’s Riedligers g’huust? Di Vater setzt di ufs Pflichttheil,
Und de hesch mi Sege nit, und schuldig bisch du dra.“ –
„Muetter,“ erwiedert der Simme, „soll Euer Sege verscherzt sy,
Z’Stette[2] sitzt e Werber, und wo men uffeme Berg stoht,
Lütet d’Türkeglocke an allen Enden und Orte.
Bluet um Bluet, und Chopf um Chopf, und Leben um Lebe.
Färbt mi Bluet e Türkesäbel, schuldig sin Ihr dra!“
„Du vermessene Chind, se nimm sie, wenn de sie ha witt!
Aber chumm mer nit go chlage, wenn’s der nit guet goht.“ –
’s isch nit nöthig gsi. Sie hen wie d’Engel im Himmel
Mit enander g’lebt, und am verborgene Sege
He, sie hen jo z’lezt vo’s Meiers grasige Matte
Selber die schönsti g’meiht, ’s isch Alles endli an Stab cho,
Und hen Freud erlebt an frumme Chinden und Enkle. –
Thüent jez d’Räder weg, und Jergli, der Haspel ufs Chästli!
Und so hen se ’s gmacht, und wo sie d’Räder uf d’Site
Stellen, und wen go, und schüttle d’Agle vom Fürtuech,
Seit no’s Vreneli: „So ne Gotte möchti wohl au ha,
Wo eim so ne Rad chönnt helfen und so ne Rösli.“
’s chunnt uf ’s Rädli nit a. Der Fliß bringt heimlige Sege,
Wenn de schaffe magsch. Und hesch nit ’s Blüemli im Buese,
Wenn de züchtig lebsch und rein an Sinnen und Werke?
Gang jez und hol Wasser und glitsch mer nit usen am Brunne!‘“