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Rettung Schiffbrüchiger

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
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Autor: Heims.
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Titel: Rettung Schiffbrüchiger
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 28, S. 872–873, 892
Herausgeber: Adolf Kröner
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1898
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger G. m. b. H. in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[872]

Rettung Schiffbrüchiger [durch] Raketenschuß und Hosenboje.
Nach einer Originalzeichnung von F. Lindner.

[892] Rettung Schiffbrüchiger. (Zu dem Bilde S. 872 und 873.) Die „Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger“ – wer kennt sie nicht in ihrem segensreichen Wirken! Es ist das „Lied vom braven Mann“ in die Wirklichkeit übersetzt. Brave Leute sind es, die in Wetter und Sturm hinausgehen, Leben zu retten, das brüllender Tod schon umklammert hielt. Das sind die Männer, welche die Rettungsboote in den heulenden Sturm hinausrudern und durch Klippen und wütende See gestrandetes Volk von Bord gescheiterter Schiffe holen und an das sichere Land bringen. – Es war nicht immer so! Einige Jahrhunderte vor Christus schrieben die Leute von Rhodus in ihr Gesetz, daß alles, was von gestrandetem Gut antriebe, dem gehören solle, der es fände. Und es ist noch nicht ganze hundert Jahre her, daß in den Kirchen längs der Nordsee und auf den Inseln von den Kanzeln am Sonntag um einen „gesegneten Strand“ gebetet wurde.

Unsere deutsche „Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger“ hat seit ihrer Gründung im Jahre 1865 an den Küsten der Ostsee etwa 80 und an denen der Nordsee 70 Stationen gegründet, von denen für die gestrandeten Schiffe Hilfe gebracht werden kann, und dadurch bis jetzt an 2400 Menschen das Leben gerettet, die sonst sicherem Tode verfallen gewesen wären.

Diese Rettungsstationen sind entweder mit Rettungsbooten oder mit einem Raketenapparat, oder mit beiden ausgerüstet. Ueber den Bau des besten, nicht volllaufenden und in der Brandung nicht kenternden Rettungsbootes ist viel nachgedacht worden. Korkgürtel außenbords, Korkplatten unter den Ruderbänken, hohle, wasserdichte Abteilungen binnenbords, Ventile, die das übergenommene Wasser schnell ausströmen lassen, eiserner Kiel und dergl. mehr sollen helfen, das Ideal eines solchen Bootes zu verwirklichen. Und als man dachte, nun hätte man es endlich gefunden, da kenterte ein derartiges vollkommenes Fahrzeug an der englischen Küste im Dezember 1849 mit 24 Lotsen an Bord, die alle ertranken. In neuerer Zeit hat wohl das Peakeboot am meisten Eingang gefunden, das, wenn gekentert, in fünf Sekunden sich wieder aufrichten soll und durch Bodenklappen sich in fünfundfünfzig Sekunden von allem Wasser entleert, das überkommt. – Die Rettungsboote sind an den Stationen in Schuppen gelagert auf einem Wagen, der von sechs oder acht Pferden soweit in die Brandung hinausgefahren wird, daß das Boot bemannt und flott gemacht werden kann.

Mittels der Raketenapparate wird bis auf 400 Meter Entfernung durch eine Art Geschütz eine am Stab der Rakete befestigte dünne Leine über die Takelage des nicht zu fern von der Küste gescheiterten Schiffes geworfen. An ihr wird ein starkes Seil von den Gestrandeten eingeholt, das in der Saling (Mastkorb) oder am Stumpf eines Mastes haltbar verknotet und drüben an Land fest verankert wird. Dasselbe läßt den Rettungskorb oder die Hosenboje – so genannt, weil der Schiffbrüchige in sie hineinsteigt wie in eine Badehose – auf einer Rolle hin- und herwandern. In dieser Weise wurde Ende Oktober 1884 die gesamte Mannschaft unserer Brigg „Undine“ an der jütischen Küste in der Jammerbucht bei 14stündiger Arbeit der braven Rettungsmannschaft gerettet, die während der Zeit bis an den Leib im eisigen Wasser stand bei heulendem Sturm, ohne etwas zu essen oder zu trinken. Aber kein einziger verließ seinen Posten. Auf die Rettung jedes der 150 Leute kamen durchschnittlich reichlich zwei Minuten des Holens. „Hoch klingt das Lied vom braven Mann!“

In den Zeitungen steht oft eine ganz unscheinbare Notiz, daß fünf oder acht Stunden zwischen dem Ausgang und der Rückkehr des Rettungsbootes vergingen. Hut ab vor der Männerarbeit, die in den Stunden gethan ward! Heims.