Reglement - Wie die Studenten auf Königlichen Universitäten sich betragen und verhalten sollen
[Titel]
[Bearbeiten]REGLEMENT
Wie die STVDENTen
auf
Königlichen UNIVERSITÆTen
sich betragen und verhalten sollen
De Dato, Potsdam, den 9. May 1750.
Frankfurt an der Oder,
gedruckt bey Johann Christian Winter, Königlichen Universitätsdrucker.
[Vorrede]
[Bearbeiten]|[3]Nachdem Seine Königliche Majestät in Preussen etc. zu Dero höchsten Mißfallen zeithero wahrnehmen müssen, wie daß auf denen Universitaeten die gute Policey und Disciplin, mehr und mehr in Verfall gerathen, indem der studirenden Jugend aus höchstschädlicher Connivence ihrer Vorgesetzten, hauptsächlich aber aus interessirten Absichten einiger Professoren, gantz ungeziemende Freyheiten verstatten worden, wodurch viele derer Studenten, anstatt daß solche ihre Zeit zu Erlernung guter |[4] Wissenschaften anwenden, und sich zugleich einer anständigen Conduite befleißigen solten, in eine gantz freche Lebens-Arth verfallen, welche sie nicht nur von allen Studiren zurück gesetzet, sondern selbige zugleich der Achtung der gantzen ehrbaren Welt unwürdig gemachet, und solche zum öfftern um ihre Gesundheit und künfftige Fortune gebracht hat; So haben höchstdieselbe aus höchsteigener Bewegung resolviret, dergleichen ungebührliche und schädliche Freyheit derer Studenten auf Dero Landes-Universitaeten, etwas mehr einzuschräncken und derselben gewiße Maaße und Ziel zu setzen, mithin eine gute Policey und Aufsicht bey solchen herzustellen, damit eines Theils dieselbe ihre Studia mit gebührendem Fleiß abwarten und sich dabey einer anständigen Conduite befleißigen müßen, andern Theils aber deren Eltern und Vormündere versichert seyn können, daß sie die auf ihre Söhne oder Unmündigen, währender derer Universitaets-Jahren, verwandte Kosten, nicht vergeblich angeleget, sondern sie solche von daher wohl gesittet zurück bekommen, um dereinsten dem Vaterlande und dem gemeinen Wesen, nützliche Dienste leisten zu können. Welches dann auch Se. Königl. Majestät hierunter nur lediglich zur Absicht haben, und lieber sehen werden, daß nur fleißige und gut gesittete Studenten auf Dero Universitaeten sich aufhalten, als daß durch eine grosse Anzahl frecher und ohngesitteter Leute einer mit dem andern verdorben werde.
Es ordnen und setzen höchstgedachte Se. Königl. Majestät demnach hierdruch ein vor allemahl feste, daß
1.
[Bearbeiten]Denen Studenten das Degentragen auf Universitaeten indistinctement, es mögen solche von der Theologischen, Iuristischen, oder was vor Facultaet sie wollen, seyn, verbothen seyn soll, jedennoch diejenigen davon ausgenommen, welche von Adelicher Herkunft seyn, als denen das Degentragen erlaubet bleibet.
2.
[Bearbeiten]|[5] Soll ein jeder Student sich einer ehrbahren und anständigen Lebens-Art befleißigen, sich überall bescheiden und friedlich betragen und alle liederliche Händel und Excesse gäntzlich vermeyden.
Insonderheit sollen die Theologi sich stille verhalten, einer gesitteten Aufführung befleißigen und alles scandale vermeiden, um nicht den Vorwurff zu haben, daß man ihnen keine Lehr-Aemter noch Versorgungen anvertrauen könnte, da sie sich auf Universitaeten selbst nicht zu gouverniren gewust.
Es soll demnach kein Student sich unterstehen, auf denen Strassen zu ruffen, zu wetzen, zu schreyen, jemanden zu provociren, oder sonst herauszufordern und Schlägereyen zu machen: Wiedrigenfalls derselbe sofort arretiret, nach dem Carcer gebracht und befundenen Umständen nach relegiret und von der Universitaet gäntzlich weggeschaffet werden soll.
3.
[Bearbeiten]Soll sich kein Student nach 9 Uhr Abends weiter auf der Straße sehen lassen, es sey dann, daß solches gantz nothwendige Affairen erfordern, welchenfalls aber er gantz stille und ehrbar gehen, niemanden ungebührlich begegnen, noch jemanden, er sey wer er wolle, affrontiren muß, und zwar solches bey Straffe des Arrestes und Carcers. Was jedennoch diejenigen Studenten anbetrifft, welche unter Hofmeistern stehen, denenselben soll frey stehen, auch noch später als 9 Uhr Abends in honetten Gesellschaften zu bleiben, weil zu vermuthen ist, daß denen Hofmeistern schon solche Instructiones mitgegeben seyn werden, daß sie von selbst bedacht seyn werden, dahin zu sehen, daß ihre Untergebene alle Ausschweifungen vermeyden müssen.
4.
[Bearbeiten]Nach 9 Uhr Abends, soll sich kein Student weiter in Wein- |[6] Bier- Coffeé- und dergleichen Häusern finden lassen. Die Universitaet soll nach 9 Uhr Abends, alle dergleichen Häuser, worinnen sich Studenten zu finden pflegen, ohne Unterscheid, es seyn solche unter was vor Jurisdiction sie wollen, patroulliren lassen, da dann dieienige Studiosi, so darinnen betroffen werden, arretiret und mit dem Carcer bestraffet werden sollen.
Die Wirthe in dergleichen Häusern sollen die Studenten gegen 9 Uhr Abends avertiren, nach Hause zu gehen, sonst diejenigen, so solches unterlassen und selbige länger geduldet haben, ihrer ordentlichen Obrigkeit in 5 Rthl. Straffe verfallen seyn sollen.
5.
[Bearbeiten]Es verstehet sich von selbsten, daß jeder Student sich des Schiessens in der Stadt und dergleichen, ferner des Fenster Einwerfens, Beschädigung derer Laternen, publiquer und privat-Häuser, enthalten muß, bey Straffe des Carcers und Relegation.
6.
[Bearbeiten]Diejenigen so sich bey Arretirungen, denen Pedellen, Scharwächtern und dergleichen wiedersetzen oder diese provociren, oder sonst mit Worten oder in der That affrontiren, sollen mit dem Carcer oder der Relegation bestrafet werden.
7.
[Bearbeiten]Der oder diejenigen Studenten, so sich unternehmen werden Complots zu formiren, und um Aufwiegelungen zu machen, an das so genannte schwartze Brett zu schlagen, oder sonst öffentliche Tumults zu machen, sollen cum infamia relegiret und dem Befinden nach noch härter bestrafft werden.
8.
[Bearbeiten]Die denen Studenten dictirte Straffen, sollen ohne Remission vollzogen werden; Wobey beobachtet werden soll, daß Studenten, |[7] so von vornehmer Herkunft seyn, ihre begangene Verbrechen mit Gelde büssen sollen, andre aber von geringer Herkunft, sollen nicht an Gelde, sondern mit dem Carcer bestraffet werden, damit sonsten nicht derer Väter Vermögen, statt des Verbrechers gestraffet werde, und dieses vor jene büssen müsse. Die Relegationes aber müssen niemahlen durch Geld abgekauffet werden.
9.
[Bearbeiten]Alle hohe und Hazard Spiele bleiben denen Studenten gäntzlich verbothen, wie dann auch dieselbe sich vor unnöthiges oder überflüßiges Schuldenmachen, hüten sollen.
10.
[Bearbeiten]Werden Se. Königl. Majestät nachdrücklich darauf halten, daß niemand von der Guarnison bey der rigoureusesten Bestraffung einem Studenten übel begegnen, affrontiren, noch sonst etwas in den Weg legen solle, so, daß die Studenten vor der Guarnison alle Sicherheit haben sollen, um ihre Studia ruhig abzuwarten. Woferne aber ein Student sich unternehmen solte, einem Soldaten, er sey Officier, Unter-Officier oder Gemeiner, unbescheiden zu begegnen, zu schimpfen oder zu insultiren, oder gar Wacht-Patrouillen und Schildwachten zu affrontiren; So soll derselbe ohne einige Consideration auch auf das nachdrücklichste davor angesehen und befundenen Umständen nach mit harter Relegation bestraffet werden.
11.
[Bearbeiten]Kein Student muß jemahlen in seiner eigenen Sache Richter seyn wollen, sondern dafern er vermeynet, daß ihm, es sey von seines gleichen oder sonst jemand, etwas zur Ungebühr geschehen, so muß er sich deshalb gehörigen Orthes melden und gebührenden Bescheid und Satisfaction erwarten.
12.
[Bearbeiten]Wollen Se. Königl. Majestät, daß denen Studenten die Freyheit gelassen werden soll, sich auf honnette und erlaubte Art zu divertiren, |[8]so wie solches andern Leuten von guter Conduite vergönnet und erlaubet ist; Es müßen selbige aber solches mit der behörigen Anständigkeit thun, und alle Excesse, Brouillerien oder andere wohlgesitteten Leuten unanständige Dinge dabey vermeyden. Wonach sowohl die Studenten, als der Rector und Professores auf Königl. Universitaeten sich gehorsamst achten, letztere auch darüber mit allem Ernst und gehörigen Nachdruck bey Vermeydung schwerer Verantwortung halten sollen.
Gegeben Potsdam den 9ten May 1750.
- Friderich.
- Siegel: L. S.