10) C. Scribonius Curio war der Sohn des Vorigen Nr. 9 und der Vater des Folgenden Nr. 11. Da während der letzten Jahre seines Lebens auch schon der Sohn eine öffentliche Tätigkeit entfaltete, wird Curio von diesem bei Zeitgenossen (Cic. or. 129) und bei Späteren (Plin. n. h. III ind. auct. VII 55. Quintilian. XI 3, 129. Suet. Caes. 9, 2. 49, 1. 52, 3. Priscian. VIII 19 [GL I 385, 11]. Schol. Bob. 85, 17. 19 Stangl. Ps.-Ascon. Verr. 211 Stangl) als Curio pater unterschieden. Er ist als Altersgenosse des C. Cotta, P. Sulpicius Rufus, M. Livius Drusus und anderer weniger bekannter Persönlichkeiten (Cic. Brut. 182. 210. 220, auch de or. II 98) etwa um 629 = 125 geboren und war bei dem Tode seines Vaters noch nicht mündig (Cic. Brut. 213). Aber 654 = 100 war er erwachsen und nahm am Kampfe gegen Saturninus teil (Cic. Rab. perd. 21), und bald darauf trat er ins öffentliche Leben ein. Auch seine Heirat und die Geburt seines Sohnes fällt in das nächste Jahrzehnt; um 664 = 90 war er mit einer Tochter des L. Memmius vermählt (Sisenna III fg. 44 Peter, s. u.). Das erste Auftreten Curios war der Angriff auf einen angesehenen Politiker, durch den er die Aufmerksamkeit auf sich ziehen wollte, nämlich auf das Haupt des damals einflußreichsten Geschlechts, auf Q. Metellus Nepos, Consul von 656 = 98 (Ascon. Cornel. I 56 Kiessl. = 51 Stangl. Apul. apol. 66), wahrscheinlich unmittelbar nach dessen Consulat. In einem andern Prozeß trat er in den nächsten Jahren pro fratribus Cossis dem berühmten M. Antonius gegenüber und erzielte jedenfalls einen Achtungserfolg (Cic. de or. II 98, vgl. Suppl. I S. 328f. Nr. 110 a), wenngleich er schon bei einer dieser ersten Gelegenheiten, als er noch unbekannt war, sich durch seine schaukelnden Bewegungen beim Sprechen den Spott des witzigen C. Caesar Strabo zuzog (Cic. Brut. 227, daraus Quintil. XI 3, 129). Er stand anscheinend in Verbindung mit M. Livius Drusus, dem Tribunen von 663 = 91, und hatte infolgedessen später eine Anklage auf Grund der Lex Varia zu gewärtigen; so dürfte das freilich nicht sicher herzustellende und zu deutende Fragment des Sisenna III 44 Peter (aus Non. 258, 8) nach Ascon. Cornel. I 65 Kiessl. = 58 Stangl wohl zu verstehen sein. Er selbst bekleidete das Volkstribunat im folgenden J. 664 = 90, wurde aber von einer Contio, in der er auftrat, im Stich gelassen und enthielt sich infolgedessen weiterer Tätigkeit (Cic. Brut. 191. 305). Auch das wird mit der Parteistellung zur Bundesgenossenfrage zusammenhängen, denn noch viel später war Curio im Prinzip auch den Forderungen der Transpadaner auf Zulassung zum Bürgerrecht geneigt (Cic. off. III 88). Bei der ablehnenden Haltung des Volkes wagte er es nicht, sich um die Aedilität zu bewerben, was er sich dann später als ein Verdienst auslegte (ebd. II 59; vgl. Mommsen St.-R. I 541, 2, auch Seidel Fasti aedilicii [Diss. Breslau 1908] 84), sondern zog es vor, Ende 666 = 88 mit Sulla Rom zu verlassen und im Kriege gegen Mithradates ein anderes Feld seiner Wirksamkeit zu suchen (Cic. Brut. 227). Als Sulla im Frühjahr 668 = 86 von Attika den feindlichen Heeren nach Boiotien entgegenrückte, übertrug er dem Curio die Belagerung der Akropolis von Athen, wo sich
[863] Aristion noch behauptete; dieser wurde durch Wassermangel gezwungen, sich dem Curio während der Abwesenheit des Oberfeldherrn zu ergeben (Plut. Sulla 14, 7; vgl. Appian. Mithr. 39. Pausan. I 20, 6). Nach dem Frieden von Dardanos hatte Curio Ende 669 = 85 oder Anfang 670 = 84 den Nikomedes nach Bithynien und den Ariobarzanes nach Kappadokien zurückzuführen (Appian. Mithr. 60; vielleicht Licinian. 34 Bonn. = 28 Flemisch). Er kehrte im Gefolge Sullas nach Italien und Rom zurück (Cic. Brut. 227. 311), doch ist weder über seine Teilnahme am Bürgerkriege noch über seine Beförderung durch den Dictator etwas überliefert, sondern nur, daß er bei den berüchtigten Güterverschleuderungen ein campanisches Landgut aus dem Besitz des Marius erwarb (Cic. Clod. et Cur. frg. 21 mit Schol. Bob. 89 Stangl; ad Att. I 16, 10). Indes ist es sehr möglich, daß er 673 = 81 oder 674 = 80 Praetor war, da er sich bereits für 677 = 77 um das Consulat bewarb; er trat jedoch zugunsten des älteren und bereits durchgefallenen Mamercus Aemilius Lepidus Livianus zurück (Sallust. hist. I 86), vielleicht aus Freundschaft für dessen Familie, seinen verstorbenen Bruder M. Livius Drusus (s. o.; Röm. Adelsparteien 312), und erneuerte seine Bewerbung mit Erfolg im nächsten Jahre. Vielleicht fällt in diese Zeit, etwa 675 = 79 der Prozeß, in welchem er als Anwalt eines Ser. Naevius dem Cicero als Anwalt einer Titinia gegenübertrat und infolge seines schlechten Gedächtnisses den kürzeren zog (Cic. Brut. 217; or. 129); es ist nicht leicht ein anderer Zeitpunkt zu finden, wo C. Cotta, Curio und Cicero zusammengewirkt haben können; wenn die Worte (Brut. 217): cum ego pro Titinia Cottae peroravissem, ille contra me pro Ser. Naevio diceret die Auslegung erlaubten, daß nicht Cicero und Cotta, sondern Curio und Cotta auf derselben Seite standen, so wäre es sogar denkbar, den Prozeß der Titinia mit dem nur aus Cic. Caec. 97 bekannten gleichzusetzen, den Cicero als adulescentulus für eine ungenannte Frau aus Arretium gegen Cotta gewann (ebenfalls 675 = 79 nach Drumann-Groebe G. R. V 279f). Das Consulat bekleidete Curio mit Cn. Octavius 678 = 76 (Fasti Cap.: C. Scr[ib]onius [C. f. .. n] Curio]. Chronogr. Hydat. Chron. Pasch. Cassiod. Tesserae CIL I2 894f. Figlina Veleias ebd. 952 = Dessau 8646 a. Plin. n. h. II 100. Obseq. 59. Schol. Bob. Arch. 177, 10 Stangl). Er war wohl schon damals Pontifex (bezeugt erst für 697 = 57 Cic. har. resp. 12) und jedenfalls ein streng religiöser Mann (vgl. Sall. hist. III 50 und den Titel von Varros Logistoricus Curio de deorum cultu, Probus Verg. ecl. 6, 31 p. 244 Hagen); daher stellte er als Consul beim Senat den Antrag auf Wiederherstellung der Sibyllinischen Bücher (Fenestella frg. 18 Peter aus Lactant. inst. div. I 6, 14; ira dei 22). Gemeinsam mit seinem Amtsgenossen bekämpfte er die damals alljährlich wiederholten Agitationen zur neuen Aufrichtung des von Sulla niedergeworfenen Tribunats und ging gegen den Wortführer, den Tribunen L. Sicinius, sehr scharf vor (Sall. hist. III 48, 10 or. Macri, übertreibend), wie er auch später im J. 680 = 74 das Einschreiten des Verres gegen die ähnlichen Umtriebe des Tribunen
[864] Q. Opimius unterstützte (Ps.-Ascon. 255 Stangl zu Cic. Verr. I 155). Sicinius gab ihn dafür der Lächerlichkeit preis, indem er jene schon früher verspotteten Bewegungen Curios beim Reden verhöhnte (Cic. Brut. 216f., daraus Quintil. XI 3, 129) und ihm deswegen den Spottnamen Burbuleius nach einem Schauspieler anhängte (Sall. hist. II 25. Val. Max. IX 14, 5. Plin. n. h. VII 55). Noch im Sommer 678 = 76 ging Curio nach der Balkanhalbinsel ab, um an Stelle des dort verstorbenen Proconsuls Ap. Claudius Pulcher den Oberbefehl gegen die feindlichen Nachbarn Makedoniens zu übernehmen, und führte in drei Feldzügen die Aufgabe erfolgreich durch (Eutrop. VI 2, 2; vgl. über die Zeitfolge und Verteilung der Ereignisse Maurenbrecher Sall. hist. rel. I 70. II 92). Während des Consulatsjahres hatte er zunächst in Dyrrhachium die Meuterei der einen seiner fünf Legionen, die den beschwerlichen Krieg scheute, mit Strenge zu unterdrücken (Frontin. strat. IV 1, 43); dann führte er das Heer gegen die Maeder (Obseq. 59). Als Proconsul eröffnete er im folgenden J. 679 = 75 den Hauptfeldzug gegen die Dardaner und ihre Nachbarn, drang als erster Römer bis zur untern Donau vor und brachte das spätere Moesien zur Unterwerfung (Sall. hist. II 80, vgl. aus dessen ausführlichem Bericht noch III 49. 50. Liv. ep. LXXXXII. LXXXXV. Flor. I 39, 6. Eutrop. VI 2, 2. Oros. V 23, 20. Ruf. Fest. brev. 7, 5, daraus Iordan. Rom. 216). Im dritten J. 680 = 74 hatte er anscheinend einen Aufstand der soeben bezwungenen Feinde zu dämpfen und ist dabei mit grausamer Härte verfahren (Liv. ep. LXXXXV. Ammian. XXIX 5, 2; vgl. auch Flor.); dann kehrte er heim und zog im Triumph in Rom ein (Cic. Pis. 44. 58. Eutrop. VI 2, 2. 5, 2), unsicher, ob noch in diesem Jahre (dafür Ps.-Ascon. 255 Stangl, falls zuverlässig; s. o.) oder erst im folgenden 681 = 73, von dessen Consuln ihn M. Lucullus in der Provinz ablöste (ebd. 261. Oros. VI. 3, 4). Vielleicht ist ihm zum Dank für seine Taten im Mithradatischen Kriege oder in diesen Jahren eine Ehrenstatue im Amphiaraosheiligtume in Oropos gesetzt worden; die Inschrift (IG VII 331 mit Dittenbergers Anm.: Γάιον Σκριβώνιον Γαΐου υἱὸν | Κουρίωνα, τὸν ἑαυτῶν πάτρωνα | Ὠρώπιοι Ἀμφιαράῳ) ist eher ihm, als seinem Sohne zuzuweisen und bei dem Fehlen eines Amtstitels wohl eher dem früheren Zeitpunkt als dem Proconsulat. Wahrscheinlich nicht lange nach der Rückkehr aus Makedonien wurden Curio von Q. Metellus Nepos, dessen Vater er selbst als junger Mann vor Gericht gezogen hatte, mit einer Anklage bedroht; Nepos hatte dem Vater auf dem Totenbette geschworen, ihn an Curio zu rächen; aber da dieser ihn ebenfalls anklagte, kam es zu einem Vergleich und einer Zurückziehung der Klagen (Cic. Cornel. I 4 bei Ascon. 55f. Kiessl. = 51f. Stangl). Hauptsächlich deswegen ist im Altertum vermutet worden, die Scheinklage gegen einen Statthalter von Makedonien und Achaia, die im J. 684 = 70 eingereicht wurde, um das Zustandekommen des Verresprozesses zu hintertreiben (Cic. Verr. act. I 6. 9), sei die des Metellus Nepos gegen Curio gewesen (Ps.-Ascon. 207f. Stangl); zugunsten der Vermutung ließ sich anführen, daß Curio einer
[865] der letzten Statthalter jener Provinz war und daß auch er, ebenso wie die ganze Familie der Meteller, auf seiten des Verres stand, so daß er diesen nach der Wahl des Q. Hortensius zum Consul für 685 = 69 sogar öffentlich beglückwünschte: Renuntio tibi, te hodiernis comitiis esse absolutum (Cic. Verr. act. I 18–21; belanglose Anm. dazu Ps.-Ascon. 211. Schol. Gronov. 336. 349 Stangl; die Art der Einführung Curios bei Cic. a. O. wird von Zielinski Philol. LII 256f., 131 ohne genügenden Grund gegen jene antike Vermutung verwendet). Im J. 688 = 66 trat Curio wie andere der älteren Consulare für die Übertragung des Oberbefehls gegen Mithradates an Pompeius ein (Cic. imp. Cn. Pomp. 68). Er nahm in diesen Jahren an allen öffentlichen Angelegenheiten teil. So konnte er später auf Grund genauer Kenntnis den Caesar der Mitschuld an der sog. ersten Catilinarischen Verschwörung von 689 = 65 bezichtigen (Suet. Caes. 9, 1–3; vgl. auch Ascon. Cornel. I 65 Kiessl. = 58 Stangl), konnte er zu der damals erörterten Frage der Transpadana Stellung nehmen (Cic. off. III 88, in diesen Zusammenhang gerückt von Ed. Meyer Caesars Monarchie 12, 2), konnte er auch das Privatleben der jüngeren aufstrebenden Politiker beobachten, wie das Caesars (Suet. Caes. 49, 1. 50, 1. 52, 3), so auch das Catos (Plut. Cato 14, 3 aus derselben Zeit). Bei der Verhandlung über die Catilinarier am 5. Dezember 691 = 63 stimmte er unter den übrigen Consularen für strengste Bestrafung der Verschworenen (Cic. ad Att. XII 21, 1) und verherrlichte vielleicht bei diesem Anlaß den Consul Cicero (ebd. I 16, 13: consulatum illum nostrum‚ quem Curio antea ἀποθέωσιν vocabat). Daß er beim Verlassen der denkwürdigen Sitzung persönlich den Caesar vor den Drohungen der Ritter geschützt habe, ist wahrscheinlich eine gegen diesen seinen Widersacher gerichtete böswillige Erfindung (Plut. Caes. 8, 2 λέγεται). In der nächsten Zeit begann sein Sohn Nr. 11 die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken; der strenge Curio war mit dem Lebenswandel des jungen Mannes wenig zufrieden, verweigerte ihm die Bezahlung seiner gewaltig anwachsenden Schulden (Cic. Phil. II 44–46. Val. Max. IX 1, 6. Plut. Anton. 2, 4f.)‚ und verbot seinem Freunde M. Antonius, der dafür mitverantwortlich war, wiederholt sein Haus (Cic. a. O. Plut. a. O.); doch war die Verstimmung des Vaters keineswegs eine dauernde (vgl. gegen Ciceros Übertreibungen a. O. sein eigenes Zeugnis fam. II 2), und politisch ging er mit dem Sohne zusammen, namentlich in dem Falle des P. Clodius Anfang 693 = 61. Während der Sohn die Volksmassen zu dessen Gunsten bearbeitete, suchte der Vater zunächst den Senatsbeschluß zu verhindern, durch den der Antrag der Consuln auf Einleitung eines Verfahrens wegen Religionsfrevel den Comitien empfohlen werden sollte; aber es stimmte keiner von den Consularen und aus dem ganzen Senat nur eine verschwindende Minderheit von etwa 15 Mitgliedern ihm zu (Cic. ad Att. I 14, 5). Bei der Gerichtsverhandlung übernahm Curio die Verteidigung des Clodius und kam infolgedessen in Streit mit Cicero. Die Wortgefechte zwischen beiden im Senat fanden ihren Niederschlag in Streitschriften, von denen die Ciceros unter dem
[866] Titel in Clodium et Curionem näher bekannt ist, weil Schol. Bob. 85–91 Stangl das Argumentum und den Kommentar zu einer Anzahl von Fragmenten bieten; Ciceros eigene Zeugnisse sind ad Att. I 16, 1. 10. III 12, 2 (ohne Nennung Curios). 15, 3. 20, 2; vgl. ferner Quintilian. inst. or. III 7, 2. Schol. Bob. Vatin. 148, 26; richtige Verbindung aller Berichte bei O. E. Schmidt Neue Jahrb. f. d. klass. Altert. VII 622–624. Cicero fühlte sich durch einen Angriff Curios herausgefordert (quod ille prior scripserat ad Att. III 12, 2) und faßte im Sommer 693 = 61 in einer ausgearbeiteten Invektive alles das zusammen, was er in den heftigen Debatten der Senatssitzungen des Februar gegen Clodius und dessen Beschützer Curio gesagt hatte, hielt aber in einer Vorahnung des baldigen Wechsels der politischen Lage die Schrift zurück. Als sie gegen seine Absicht bekannt wurde und später, im J. 696 = 58, den für Cicero eintretenden Curio dessen Gegnern zuzuführen drohte, dachte der damals in der Verbannung lebende Cicero sogar daran, sie zu verleugnen. Übrigens richten sich in dem Erhaltenen gegen Curio nur die Vorwürfe, daß er seinerzeit sich durch die Erwerbung der campanischen Besitzung des Marius bereichert habe (s. o.) und daß er, der sittenstrenge Alte, jetzt den sittenlosen Clodius in Schutz nehme (vgl. ad Att. I 16, 1: insectatus levitatem senum, libidinem iuventutis einerseits mit patronus libidinis Schol. Bob. 89, anderseits mit Ciceros Hohn gegen Curionem semper ab excusatione aetatis incipientem Quintilian. VI 3, 76). Nach dem Abschluß des Triumvirats fanden sich Cicero und Curio miteinander und mit Curios Sohne wieder zusammen, zumal im Kampfe gegen den Consul Caesar und dessen Günstling Clodius seit Anfang 695 = 59 (Cic. ad Att. II 7, 3. 8, 1. 12, 2 u. a.). Als Lockspitzel sollte im Herbst L. Vettius den jüngern Curio ins Verderben bringen; doch dieser machte seinem Vater von den Angeboten des Vettius Mitteilung, der Vater dem Pompeius, und als nun die Sache im Senat zur Anzeige und Untersuchung kam, suchte der Denunziant ohne Erfolg die Curionen weiter zu verdächtigen (Cic. ad Att. II 24, 2f.; in Vatin. 24, dazu Schol. Bob. 148, 26 Stangl, auch ebd. 139, 26 [zu Sest. 132], vgl. Nr. 11); er wurde von seinen Auftraggebern fallen gelassen und unter der Hand beseitigt. Die Senatssitzung, in der darauf die Angelegenheit begraben wurde, ist der Ausgangspunkt einer um 699 = 55 abgefaßten Streitschrift Curios gegen Caesar; er fingierte, daß er seinem Sohne und dem C. Vibius Pansa auf ihre Frage sofort nach der Sitzung über deren Verlauf Bericht erstattet habe, und knüpfte daran die heftigsten Schmähungen gegen Caesar, wobei er mit starkem Anachronismus nicht nur dessen Amtsführung während des Consulats, sondern auch die während des Proconsulats in Gallien kritisierte. Hauptzeugnis für diese Schrift Cic. Brut. 218f; aus ihr trotz verschiedener Zitierweise wohl sämtliche Anführungen Curios bei Suet. 9, 2f. 49, 1. 50, 1. 52, 2; vgl. O. E. Schmidt a. O. 631f. Ed. Meyer Caesars Monarchie 80, 6. Im J. 696 = 58 trat Curio mit Hortensius an die Spitze der für den bedrohten Cicero demonstrierenden Senatoren und Ritter und erfuhr deshalb von dem Consul A. Gabinius
[867] scharfen Tadel (Dio XXXVIII 16, 2. 4; vgl. Cic. Mil. 37, wo nur Hortensius erwähnt wird); umso peinlicher war es dann für den verbannten Cicero, daß Curio damals von seiner unveröffentlichten Invektive Kenntnis erhielt (ad Att. III 12, 1f. 15, 3. 20, 2; s. o.). 697 = 57 nahm Curio als Pontifex an den Verhandlungen über Ciceros Hausplatz teil (Cic. har. resp. 12) und 698 = 56 als einer der maßgebenden Senatoren an den Erörterungen über die ägyptische Frage im Senat (Cic. fam. I 4, 1); doch das Übergewicht der Triumvirn ließ ihn in diesen Jahren nicht mehr recht aufkommen und deshalb kleidete er um 699 = 55 seine Anklagen gegen sie, insbesondere gegen Caesar in die literarische Form jener als Dialog beginnenden Schmähschrift; in der üblichen Weise ging er das ganze Privatleben und öffentliche Leben des Gegners von seiner Jugend an durch, seinen Verkehr mit Nikomedes (Suet. Caes. 49, 1), seine Teilnahme an den Umtrieben von 689 = 65 (ebd. 9, 2f.), sein Verhältnis zu Mucia, der Gattin des Pompeius (ebd. 50, 1) und. anderen Frauen (ebd. 52, 3), sein Bündnis mit Pompeius (ebd. 50, 1), sein Consulat und noch seine Taten in Gallien (Cic. Brut. 218f.). Curio starb 701 = 53 (Kondolenzbrief an seinen Sohn Cic. fam. II 2) und wurde von seinem Sohne durch prächtige, aber kostspielige Leichenfeierlichkeiten geehrt (Plin n. h. XXXVI 116ff., vgl. Nr. 11). Curio war eine charakterfeste Persönlichkeit mit harten Ecken und Kanten; im kriegerischen, bürgerlichen, religiösen Leben blieb er sich im wesentlichen gleich; das geht noch mehr aus den Einzelzügen seines Lebens hervor, als aus den Lobsprüchen Ciceros (z. B. Verr. act. I 18; Cornel. I 4 aus Ascon. 55 Kiessl. = 51 Stangl; imp. Cn. Pomp. 68; besonders Vatin. 24) und Späterer (omnibus honoribus abundans Val. Max. IX 14, 5; acerrimus ille dux Ammian. XXIX 5, 22). Aus den Fragmenten des nach ihm benannten Logistoricus Varros de deorum cultu (Fragmente bei Riese Varr. sat. Menipp. 252f., vgl. 37, 4) ist nichts über seine Persönlichkeit zu entnehmen. Als Redner wird er von Cicero aus genauer und langjähriger Kenntnis und ziemlich eingehend beurteilt; er hatte die Rednergabe von seinem Vater überkommen, wie er sie auch auf seinen Sohn vererbte (Cic. de or. II 98; Brut. 210. 213. Plin. n. h. VII 133. Tac. dial. 37), aber er tat fast nichts, um seine natürlichen Anlagen weiter auszubilden. Er entbehrte jeder wissenschaftlichen Bildung, jeder Fähigkeit der Komposition, jedes Reichtums an eigenen Gedanken; seine Bewegungen waren lächerlich und sein Gedächtnis spottschlecht; aber Fülle, Geschmack und Kraft des Ausdrucks wogen diese Mängel auf und verschafften ihm vielen Beifall (vgl. de or. II 98; Brut. 210. 213f. 216–220. 234). Zu den angeführten Zitaten aus seinen gehaltenen und fingierten Reden sind zwei hinzuzufügen, die bei Priscian. VIII 18f. (GL I 384f.) als Belege für den passivischen Gebrauch von Deponentien gebracht werden, das eine aus Curio pater, das andere nur aus Curio (Hss. Cupio), doch gewiß auch dieses aus demselben älteren, nicht aus Nr. 11; worauf sich seine Aufnahme unter die Quellen von Plin. n. h. III (Curione patre) gründet, bleibt unklar.