2) Tochter des praefectus praetorio Galliarum Eparchius Avitus, nachmals Kaiser (s. Art. Avitus Nr. 20. Bd. II S. 2395ff.). Sie ist wohl auf seinem Wohnsitze im Arvernerland geboren (Greg. Tur. hist. Fr. II 11: Avitus civis Arvernus). Im J. 452 vermählte sie sich mit dem als Dichter bekannten C. Sollius Apollinaris Sidonius (Greg. Tur. II 21: de primis Galliae senatoribus; s. Art.).
Über die gleiche gesellschaftliche Stellung der zwei Familien, Sid. Apoll. MGAA VIII ep. V 16, vgl. Martinon [MS] Diss. s. 1. familles sénatoriales de l’Auvergne, Paris 1761. S. Dill Roman society i. Gaul. London 1926. Scott Holmes (s. u.) 411; über ihre Verwandtschaft durch die Mütter: matribus nostris summa sanguinis iuncta necessitudo, ep. III 1, 2. Diese zwei Briefe sind an P.’ Brüder Ecdicius und Agricola gerichtet, die beide zu hohen Stellen aufstiegen. Der Name von P.’ Mutter ist nicht überliefert. In ep. VIII 9, 12 erwähnt Sidonius, er habe aus der Verlassenschaft seiner Schwiegermutter nichts erhalten (dazu s. Mommsen praef. in Sidon, p. XLVII Anm. 1). Wahrscheinlich begleitete P. den Gatten nach Rom, als er mit Avitus nach dessen Erhebung dorthin reiste (455). Nach dessen Sturz Ende September 456 kehrte Sidonius nach Gallien zurück. Der Wohnsitz der Familie war P.’ väterliches Landgut Avitacum bei Arvernum (Clermont-Ferrand), das ihre Mitgift gewesen war: ep. XI 2, 3: nomen hoc praedio quod, quia uxorium patrio mihi dulcius. Es ist wahrscheinlich das heutige Aydat, früher Agdat, s. Index loc. zu Sid. 440. Seine häufigen Aufenthalte dort ep. II 12. In diesem Briefe aus der Regierungszeit Maiorians (bis 461) und im Gedichte C. XVIII schildert Sidonius die Reize dieses Landsitzes (Th. Scott Holmes Org. a. developm. of the Chr. Church i. the Gaul London 1911, 417ff. Identifizierung mit St. Amand sur Veyre etc., Beschreibung des Landsitzes). Doch auch dort konnte man sich des Daseins
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nicht ungestört erfreuen. Die nahe Stadt Arvemum litt immer wieder unter dem Durchzug der Hunnen zuerst, nach der Schlacht gegen Attila, dann unter den Kämpfen zwischen Westgoten, Burgundern und Franken (huic semper irruptionis nos miseri Arverni ianua sumus ep. VII 1, 2, Schilderung der steten Unsicherheit ep. IV 6, von dem Ungemach und der Angst seiner Frau während der Belagerung [474] durch den Westgoten Eurich und ihrem Mute ep. V 16). Sidonius und P.’ Bruder Ecdicius verteidigten jahrelang die Stadt in diesen Kriegeswirren. Aus P.’ Ehe stammte ein Sohn Apollinaris, ferner eine Tochter Roscia (ep. V 16). Ob die Namen Severiana und Alcima, unter denen Sidonius (ep. II 12, spätestens 461 geschr.) von seinen Kindern spricht, noch eine oder zwei weitere Töchter angeben oder sogar Roscia angehören, ist zweifelhaft, letzteres jedoch kaum anzunehmen (Index pers. zu Sid. 435 s. Roscia). Als Schwester des Sohnes Apollinaris, der in seinem Alter Bischof von Arvemum war, wird nämlich Alcima genannt Greg. Tur. h. Fr. III 2, 12. gl. mart. c. 64. v. Patr. 4, 1. Nach dem Gedichte C. XVII v. 3 natalis nostris decimus sextus wurde an einem 28. Juli der 16. Geburtstag von Zwillingen gefeiert. Andere Züge aus dem Familienleben ep. II 12. Als sorgliche Hausfrau ersetzte P. die Silbergefässe des Hauses, die Sidonius den Armen zu schenken pflegte, durch Rückkauf (dato egenis pretio species domui restituebat. Sie scheint diese Weitherzigkeit des Gatten recht übel genommen zu haben, Greg. Tur. h. Fr. II 22). Seit etwa 469, als Sidonius zum Priester und darauf zum Bischof geweiht wurde, hörte das eheliche Verhältnis auf (ep. V 16 s. Mommsen XLIX). Bennet S. A. Dict. Christ. Biography 1887, IV 185.