17) Lollius Bassus, Dichter der Anthologie aus dem philippischen Kranze. Literatur: Prosopogr.
imp. Rom. II 295, 229. Reitzenstein o. Bd. III
S. 109. L. gehören diese Gedichte in der Anth. Pal.: V 125. VII 243. 372. 386. 391 (IX 30
Ζηλωτοῦ, οἱ δὲ Βάσσου, 53 Νικοδήμου, οἱ δὲ Βάσσου sind nicht sein Eigentum, Reitzenstein a. a. O.). IX 236. 279. 289. X 102. XI 72. Aus ihnen scheint für das Leben dieses hellenisierten Römers hervorzugehen, daß er, in Smyrna (XI 72) heimisch, ein treuer Anhänger des Germanicus war, der ja gerade in Kleinasien sich die Sympathie aller gewonnen hatte (IX 391; das Lemma εἰς Γερμανικὸν τὸν Καίσαρος ἀδελφιδοῦν, τὸν πατέρα Νέρωνος ist und bleibt falsch und wird von den Herausgebern, die unter
Germanicus den Nero Iulius Caesar [vgl. Prosop. imp. Rom. II 181, 149f.] verstanden wissen wollen, unnötig geändert). Der Epigrammatiker behandelt in der Hauptsache die Themen, die seiner ganzen Zeitrichtung entsprachen, die den Dichtern des auch ihn umschließenden philippischen Stephanos genehm waren. Seine Erotik, beschränkt auf das Bekenntnis, daß er sich nicht gleich Zeus echauffieren, sondern seine Dirne billig haben könne, erinnert an Antipater V 109 und Parmenion 34 (die bei L. und Parmenion
genannte Danae haben wir auch Straton XII 239; das Motiv vom Liebeslohn begegnet auch bei Philodem. V 126); wie so manche seiner Genossen seit Krinagoras feiert er ein Mitglied der kaiserlichen Familie (s. o.), auch hier nach überlieferter Weise (vgl. Lukill. XI 143; doch ist nicht sicher, ob L. noch Lukillios benutzt hat oder die ganze hier erscheinende Vorstellung Gemeingut dieser Dichterlinge war), er begeistert
[1389] sich für die 300 Spartaner und Leonidas (VII 243. 279), wie Ähnliches damals in der epideiktischen Dichtung nach Dioskorides’, Damagetos’,
Phaennos’ u. a. Vorgange allgemein war (Philipp. IX 293. Antiphil. 294; vgl. auch Antipater Thess. VII 236. Philipp. 237. Corn. Longns Plan. 117), sein Epigramm auf die kaphareischen Felsen und Nauplios (IX 289) ist eine Erweiterung des Krinagoras (IX 429), und die Betrachtung der Niobe (VII 386) war seit längerer Zeit (Plan. 133. 134) ein beliebtes Thema. (Leonidas Alex. VII 549). Aber eine gewisse, ihn von manchen seiner Genossen scheidende Eigenart dürfte ihm doch zugesprochen werden. So künstlich sein vielleicht gar nicht einmal epideiktisches Epitymbion (VII 372) auch ist, L. gehört wenigstens nicht zu den zahlreichen Leonideern seiner Epoche. Auch scheint er, trotzdem er in den Pfaden der griechischen Poetaster wandelt, seines Römertums doch nicht vergessen zu haben. Konventionell feiert er die Spartaner, aber tief empfunden scheinen seine Verse auf Aeneas (IX 236), die Vergils fromme und patriotische Stimmung atmen; es wäre ferner sinnlos, wenn wir die Übereinstimmung zwischen L. (X 102) und Horaz (carm. II 10) nicht auf unmittelbare Benutzung dieses Dichters durch jenen zurückführen wollten: hier brauchen wir ja einmal nicht die vielberufene Mittelquelle zu rekonstruieren. Auch in den Ton jener Spottgedichte auf alte Weiber, der damals nach älterem Vorgange (Nikarch. XI 71. 72) so oft angestimmt wurde (Myrinos XI 67. Lukill. 69. 196.
256. 408), scheint L. nicht mit gleich wohlfeiler Energie eingefallen zu sein, sondern eine andere Pointe gesucht zu haben (XI 72). Gleichwohl bleibt der Römer, eben weil er als solcher auch nur Nachtreter ist, eine recht dürftige Erscheinung; innerhalb seiner wenigen Gedichte können wir ihm ärmliche Selbstwiederholungen (VII 391. IX 279: beidemal redet Hades; vgl. auch die doppelte Behandlung der 300 Spartaner und das mehrfach erscheinende στόλος: IX 236, 3. 279, 3. 289, 2) nachweisen. Daß VII 386, 4 = Kaibel 432, 2 (λείψανα πυρκαϊῆς) eine bewußte Nachahmung des L. enthalte, ist ausgeschlossen.